Samstag, Mai 4, 2024
StartPolitikGesetzgebungBärbel Bas soll Bundestagspräsidentin werden – weil Olaf Scholz keine Frau ist

Bärbel Bas soll Bundestagspräsidentin werden – weil Olaf Scholz keine Frau ist

Traditionsmäßig nominieren die Wahlsieger ihre Kandidaten für das Amt des Bundestagspräsidenten. Da die SPD in ihrem Wahlprogramm für Parität und Gleichstellung wirbt, musste es diesmal eine Frau sein. Damit war das Geschlecht für die Nominierung von Bärbel Bas entscheidend.„Ich kann Kanzlerin“ – so lautete einer der Wahlslogans des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Gemeint war natürlich, dass der SPD-Politiker den Kurs der bis dahin beliebtesten deutschen Politikerin im Falle seines Wahlerfolgs genauso gut fortsetzen würde. Was damit eher nicht gemeint war: Scholz wäre bei seinem Wahlsieg bereit, sein Geschlecht zu wechseln.Nun stellt sich heraus, dass seine Geschlechtsidentität sehr wohl ein Problem sein kann – sowohl für den feministisch geprägten Zeitgeist, als auch für seine Partei. Die hat sich die Parität und Gleichstellung auf ihre Fahne geschrieben.

Anfangs hieß es, dass der bisherige SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich der am besten geeignete Kandidat für das zweithöchste Amt im Lande ist. Er selbst schien auch nicht abgeneigt zu sein, den Sessel in der Mitte des Parlamentspräsidiums einzunehmen.

Bärbel Bas: „Keine klassische Berufspolitikerin“

Anscheinend hatten aber er und sein Umfeld dabei den Umstand außer Acht gelassen, dass in diesem Fall alle höchsten Ämter im Lande von lauter Männer besetzt wären. Das würde eben weder mit dem Zeitgeist, noch mit den Losungen der Partei im Einklang stehen. Selbstverständlich hätten die männlichen Genossen mit dieser Entscheidung auch ihre Genossinnen schmerzhaft vor den Kopf gestoßen.

Das Problem: Keine SPD-Politikerin schien sich für dieses Amt richtig vordrängeln zu wollen. Eine der wenigen SPD-Bundestagsabgeordneten, die sich in letzter Zeit in der politischen Arena bemerkbar profiliert hat, war Saskia Esken. Die SPD-Kovorsitzende wird allerdings momentan als Kandidatin für einen Ministerposten gehandelt. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum sie für den Posten der Parlamentspräsidentin eher kaum in Erwägung gezogen wurde.

So fiel die Wahl im Endeffekt auf Bärbel Bas. Die 53-jährige Sozialdemokratin aus Duisburg war mit 20 Jahren der Partei beigetreten, sitzt zwar bereits seit 2009 im Bundestag und avancierte 2019 sogar zur stellvertretenden SPD-Fraktionschefin. Sie blieb aber bis dahin eher im Schatten der männlichen Parteigenossen.Bei der Vorstellung der Kandidatin für das zweithöchste Amt im Lande fasste sich Mützenich am Mittwoch ziemlich lakonisch:

„Bärbel Bas ist eine Sozialdemokratin mit einer großen Biographie, sie ist eine gute Wahl nicht nur für die Partei, sondern auch für den Bundestag.“Jutta Almendinger, Soziologin und SPD-Mitglied, die sich bei der Wahl für Bas eingesetzt hatte, beschrieb sie wie folgt:

„Sie hat das in den Legislaturperioden gut gemacht, sie war in Corona präsent, sie hat keine Beißhemmungen gegenüber der AfD und bringt die Ruhe mit, die eine Bundestagspräsidentin auch braucht.“Als SPD-Politikerin mit Zuständigkeitsbereichen Gesundheit, Bildung und Forschung hätte Bas speziell in der Pandemiezeit wohl viel medienwirksamer in Erscheinung treten können. Zwar schoss auch sie dabei hin und wieder kritische Pfeile in Richtung Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab. Ihr Engagement war aber mit dem des omnipräsenten Corona-Gurus Karl Lauterbach überhaupt nicht vergleichbar. Eine Erklärung dafür dürfte darin liegen, dass sie im Unterschied zu Lauterbach Medizin nicht studiert hatte und lediglich eine berufsbegleitende Fortbildung zur Krankenkassenbetriebswirtin genoss.

In ihrem Wahlkreis in Duisburg ist sie dafür seit Langem sehr beliebt: Bei den Wahlen im September errang sie dort zum vierten Mal hintereinander ein Direktmandat mit 40,3 Prozent der Erststimmen und schlug dabei souverän ihren CDU-Rivalen (20,7 Prozent) und die Grünen-Kandidatin (14,3 Prozent). Mein Kollege Marcel Joppa, der Bärbel Bas persönlich kennt, beschreibt sie als eine „sehr herzliche Person“ und „keine klassische Berufspolitikerin, die das Leben der Bürger nur von Erzählungen der Putzfrau kennen“.

Warum Steinmeiers Wiederwahl damit noch nicht sicher ist

Zugleich wird Mützenichs Verzicht auf das Amt des Bundestagspräsidenten als eine Art „Gambit“ in der noch bevorstehenden Partie ausgelegt, die die SPD mit den (vorerst formell nur noch designierten) Koalitionspartnern FDP und Grüne zu absolvieren hat. Mehr als ein Gerücht dürfte nämlich die Absicht der beiden „Junior-Partner“ der SPD gelten, die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt für das Amt des Bundespräsidenten zu nominieren.

Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte bereits seine Absicht bekundet, im Februar 2022 erneut für diesen Posten zu kandidieren. Mit der Nominierung von Bas würde zwar der Vorwurf an die Sozialdemokraten wegfallen, die Partei wolle alle Top-Ämter in der Bundesrepublik mit Männern besetzen.Dennoch könnten die Liberalen und die Grünen im Vorfeld der Präsidentenwahlen geltend machen, es wäre „zu viel des Guten“ für die Sozialdemokraten, alle Top-Ämter im Lande in ihrer Hand zu haben. Die beiden Parteien kontrollieren zusammen mehr Parlamentssitze als die SPD und positionieren sich deshalb gern als „Königsmacher“.

Quelle!:

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