Samstag, April 27, 2024
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„Sie säen Spalt und Streit“: Abgeordnete attackieren Polens Premier nach Rede im EU-Parlament

Polens Ministerpräsident, Mateusz Morawiecki, hat im EU-Parlament ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts verteidigt, das den Vorrang von EU-Recht infrage stellt. Der EU hat er „Erpressung“ vorgeworfen. Dabei stieß Morawiecki auf heftige Kritik der EU-Abgeordneten.Polens nationalkonservativer Regierungschef Morawiecki machte am Dienstag im Europaparlament deutlich, dass sein Land im Streit um das Verhältnis von EU-Recht und nationalem Recht nicht an ein Einlenken denke.„Ich bin nicht damit einverstanden, dass Politiker Polen erpressen wollen und Polen drohen“, sagte der polnische Ministerpräsident vor dem EU-Parlament in Straßburg. „Die Sprache der Bedrohungen und Erpressungen möchte ich zurückweisen“, so Morawiecki. Diese sei zu einer Methode gegenüber einigen Mitgliedstaaten geworden, fügte der Regierungschef hinzu.„Die Kompetenzen der EU haben ihre Grenzen, wir können nicht länger schweigen, wenn sie überschritten werden“, sagte Morawiecki weiter.

Von der Leyen droht Polen mit Sanktionen

Die EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, hatte kurz zuvor ihre Besorgnis über das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts geäußert und auf mögliche Sanktionen verwiesen.

„Die Europäische Kommission prüft das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts sorgfältig. Aber ich kann Ihnen bereits heute sagen: Ich bin zutiefst besorgt“, sagte die Kommissionschefin am Dienstag vor dem Europaparlament in Straßburg.

„Wir werden es nicht zulassen, dass unsere Werte aufs Spiel gesetzt werden“, so von der Leyen weiter, „die Kommission wird handeln“. Zu den Sanktionen gegen Polen könnten nun ein Vertragsverletzungsverfahren sowie ein Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln zählen. Außerdem könnte nun ein Artikel-7-Verfahren angewandt werden, wonach es zum Entzug der polnischen Stimmrechte bei EU-Entscheidungen kommen könnte.

EU-Abgeordnete reagieren auf polnische Vorwürfe

Im EU-Parlament stieß Morawieckis Rede auf heftige Kritik. „Durch Ihre Rede heute hier säen Sie Spalt und Streit in der Europäischen Union. Sie machen Europa schwächer mit diesem politischen Ansatz“, sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber, nach der Rede des polnischen Regierungschefs.„Wer das Primat des Europäischen Gerichtshofs ablehnt, wer die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft ablehnt, wer die Unabhängigkeit der Justiz ablehnt, der tritt faktisch aus der Europäischen Union als Rechtsgemeinschaft aus“, betonte der CSU-Politiker.Die Fraktionschefin der Grünen, Ska Keller, warnte Morawiecki, er führe sein Land auf einen gefährlichen Weg. „Ihre Regierung kehrt dem Rechtsstaat, der Unabhängigkeit der Justiz, Minderheiten und fast allen, die nicht in ihre reaktionäre Ideologie passen, den Rücken.“ Was die polnische Regierung tue, sei ein Angriff auf die Existenz der EU. Keller forderte die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen dazu auf, schnell zu reagieren.Die Sozialdemokratin Iratxe García Pérez betonte, das Problem der polnischen Regierung sei nicht die europäische Rechtsordnung, sondern es seien die Grundsätze der Demokratie und des Rechtsstaats.Unterstützung bekam Morawiecki hingegen von Abgeordneten der rechten EKR-Gruppe sowie der rechtsnationalen ID-Fraktion. Der wahre Grund für die Kritik an Polen sei, dass die Regierung Migration nicht akzeptiere und keinen europäischen Föderalismus wolle, sagte etwa Nicolas Bay vom rechtspopulistischen Rassemblement National.

Justizstreit mit Polen

Hintergrund des eskalierenden Streits ist ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Es geht unter anderem um Änderungen, die den polnischen Präsidenten berechtigen, Kandidaten für das Amt des Verfassungsrichters zu benennen.Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission als höchst problematisch angesehen, weil sie der polnischen Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des EuGH zu ignorieren.

Morawiecki will gegen Deutschland Klage ewägen

Morawiecki äußerte sich am Montag außerdem zu dem deutschen System der Richternominierung. Wenn die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof die polnische Justizreform kritisieren, so Morawiecki, sollten sie zuerst auf die in Deutschland geltenden Regeln ihre Aufmerksamkeit lenken. Dort sei das System zur Nominierung von Richtern am Bundesgerichtshof sehr politisiert – da der Richterwahlausschuss aus Landesministern bestehe – was gegen EU-Verträge verstoße. Er erklärte, er wolle nun gegen Deutschland eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einreichen.

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