Montag, April 29, 2024
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Afrika und der Nahostkonflikt: Ein alternativer Blick auf das Geschehen

Foto: Türkische Elite Soldaten / Turkish Armed Forces / public domain

Große Teile des afrikanischen Raums und des nahen Ostens sind politisch äußerst labil, zumeist „regiert“ durch wechselhafte Warlord-Strukturen, Terroristen-Verbänden oder Diktaturen – auch der „Islamische Staat“ im nahöstlichem Raum entspringt einem umfassenden Mangel an fester politischer und auch gesellschaftlicher Struktur. Die Rolle Europas bei der Radikalisierung von Meinungen und Gruppen in solchen labilenFehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2) Räumen wird dabei gerne in einem Prozess der Distanzierung und Zufriedenstellung der Moral durch militärische Intervention aus dem Rampenlicht genommen; dabei sorgte gerade europäisches bzw. westliches historisches wie auch aktuelles Handeln zu einer Befeuerung der Gewalt in solchen Krisengebieten.Angefangen bei ersten Versklavungen und Kolonien im afrikanischem Raum fand eine Einflussnahme statt, die fast

irreversibel die Bildung eigener, starker Sozialstrukturen unterbrochen hat. Der „clash“ von Kulturen, der sich nur selten in Auflehnungen derer, die gewaltsam versklavt wurden, entludt, lies aufgrund einer Art und Weise des Regimes europäischer Kräfte ein Muster des Misstrauens und der inneren Instabilität entstehen. Funktionierende afrikanische Kulturen gab es bereits (wenn auch mit anderen Ausdrucksmitteln und Strukturen  als klassische europäische), die Perfektionierung europäischer Waffentechnik jedoch erfüllte die Voraussetzung, jene Kulturen einzuvernehmen und gewaltsam niederzuringen. Der eigene Kulturrahmen der Afrikaner wurde somit zerstört, der Versuch, eine neue Kultur bei diesen Völkern zu etablieren, fand seitens der Kolonialmächte gar nicht erst statt – Afrikaner sollten inform von Sklaven die Rolle der willenslosen, unwertigen Arbeitsdrohne ohne ausgeprägte, „hochkulturelle“ menschliche Eigenschaften einnehmen. Diese Entscheidung, diese abwertende Sicht auf die Sklaven war ein zentraler Fehler bei der sowieso schon katastrophalen Kolonialisierung.

Auch nach dem glücklicherweise folgendem Ende der Kolonialisierung Afrikas reagierten die einstigen Regime-Mächte kaum, Afrika musste teilweise bei Null starten, neue Kulturen und Sozialgefüge entwickeln. Wenn keine möglichst homogene Kultur vorhanden ist, entstehen Konflikte – denn Kultur ist nichts anderes als die Voraussetzung einer „funktionierenden“ sozialen Struktur, die mit bei den Individuen jeweils ähnlichen Abstraktionen (oder auch „Transzendenzen“) für Ängste, Freude, usw. inform von „ineinander greifender“ Kommunikation aus Symbolen aller Art funktioniert. Ich möchte nicht behaupten, dass nach der Kolonialisierung keine Kultur mehr im afrikanischem Raum präsent war – ihr Ausdruck, ihre stete Reproduktion im täglichem Leben wurde jedoch dermaßen eingeschränkt und „zermürbt“, dass einstige Großkulturen ihren Zweck, ihre Funktion nicht mehr halten konnten; die heutzutage durchaus vorhandenen kleineren Kulturkreise können sich aufgrund mangelnder Kommunikation (die eben aus weit mehr als nur Sprache besteht) nicht organisieren. Das Resultat: Zahlreiche, zersplitterte, heterogene Gruppen, die keine gemeinschaftliche Kommunikations- und Symbol-Basis haben und die Bildung einer neuen, homogenen und breit funktionierenden Kultur nur mit Gewalt durchsetzen können (eine ähnliche Situation muss auch bei der ursprünglichen arnachischen Struktur im später europäischem Raum geherrscht haben).

Und schon befinden wir uns bei den Problemen, die bereits seit einigen Jahrzehnten das „befreite“ Afrika plagen – und erneut setzen einstige Regime-Mächte an und intervenieren in die Bildung einer Kultur (denn um nichts anderes geht es bei den Konflikten letztendlich).

Ein durchaus ähnliches Phänomen stellte sich im nahen Osten ein – westliche Staaten, allen voran Großbritannien und später USA, intervenierten sowohl zu Zeiten des osmanischen Reiches als auch bei dem nachfolgendem, immer noch anhaltendem Nahostkonflikt. Auch hier fand, anders als bei dem politischem und gesellschaftlichem „Auspendlungsprozess“ der Staaten in der europäischen Geschichte, eine starke Beteiligung von technisch überlegenen Mächten statt, die für eine deutliche Verkomplizierung und Schärfung der Konflikte sorgte.

Egal, wie nötig diese historischen und aktuellen Militärinterventionen angesichts brutaler, Menschenrechte verletzender Diktaturen auch erscheinen mögen, daraus ergibt sich letztendlich nur ein weiterer Konflikt: Das „westliche Modell“ der Demokratie und alles, was dazu gehört, lässt sich nicht einfach in die Situation Afrikas und des nahen Ostens integrieren – denn es setzt komplexe Verzahnungen von Symbolen, von Institutionen, Glauben und Moral voraus, die aktuell in diesen Kriesenregionen gar nicht geben kann. Gerade die Interventionen des Westens (vor allem militärischer Natur) radikalisieren einigermaßen strukturierte Gruppen in Afrika und dem nahen Osten (Beispiel IS) gegen den Westen, der wieder zu einem „clash“ der Kulturen provoziert – nur können sich mittlerweile gebildete, aggressive Terror-Gruppen dank einer komplexen Vernetzung der Welt materiell zur Wehr setzen, anders, als es zur Kolonial- und Anfangszeit des Nahostkonflikts der Fall war.

Es wäre zu einfach und mitunter auch gefährlich zu behaupten, die „first world“ sollte Interventionen in Afrika und dem nahen Osten einfach stoppen und „die da unten machen lassen, was sie wollen“ (anders ist die Herausbildung von europäischen Staaten auch nicht verlaufen). Das zentrale Problem Afrikas und umliegender Gebiete ist die Suche nach festen, weit verbreiteten Kultur-Strukturen, deren Bildung eben vor allem aufgrund europäischer Interventionen unterbunden wurde. Der komplexe Prozess einer Herausbildung einer demokratischen (heißt: möglichst homogene und friedliche Erfahrungswelt innerhalb einer Nation und einem Nationen-Verband) Politik ist langwierig und mit einem stetem Auspendeln zahlloser Aspekte verbunden. Meiner Meinung nach kann Europa und generell die „first world“ dabei helfen – nicht, indem sie versucht, Demokratie nach ihrem Modell zu etablieren oder vermeintlich Demokratie-ähnliche Bewegungen militärisch zu unterstützen, sondern vielmehr durch eine aufmerksame Observation der Kulturentwicklung und einer Förderung dieser. Das mag auch durch politische und wirtschaftliche Handlungen geschehen, darf aber keineswegs drängend oder zwingend sein – eine Demokratie oder generell eine friedliche, feste Staatsform entsteht durch eine Bevölkerung, die eine etablierte, immer wieder bestätigte gemeinsame Kommunikation und eine starke „kollektive“ Vernetzung von Symbolen und Emotionen hat.

Wer pessimistisch sein möchte, der mag behaupten: Der Mensch kann komplexe, aber funktionierende soziale Gebilde nur mit langwierigen Prozessen der gewaltsamen Konflikte erschaffen. Afrika und der nahe Osten waren oft Spielball europäischer Großmächte, Austragungsort von Konflikten, eine Dezentralisierung der Gewalt vom alten Kontinent auf neue Orte, vielleicht Ursprung und Stütze unserer friedlichen Systeme – und das sind sie vielleicht auch heute noch. Diese „Entwicklungsländer“ und Orte der Diktaturen ähneln nicht selten der damaligen Situation von europäischen Monarchien und deren Konflikten, nur eben um den Faktor ergänzt, dass nun Industriegroßmächte von außen eingreifen und Variablen verschieben. Wir sollten unsere Rolle bei der Kulturbildung in diesem Raum immer wieder überdenken – und sorgfaltig überlegen, wie genau wir handeln sollten, damit sich schnellstmöglich großräumige, feste Kulturgefüge in Afrika und im nahen Osten bilden können, und das möglichst ohne militärische Interventionen.

Verteiler: Neopresse

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