Samstag, Mai 4, 2024
StartPolitikEU„C steht für christlich“: Hitzige Debatten nach Rückzug von muslimischem CSU-Bürgermeisterkandidaten

„C steht für christlich“: Hitzige Debatten nach Rückzug von muslimischem CSU-Bürgermeisterkandidaten

Der Rückzug eines muslimischen CSU-Kandidaten für das Bürgermeisteramt im schwäbischen Wallerstein hat heftige Diskussionen in Deutschland ausgelöst. Die Partei muss sich gegen heftige Kritik auch in den sozialen Netzwerken wehren. Die CSU-Spitze hat jedoch bis zuletzt versucht, den Rückzug zu verhindern.

Nach Protesten der CSU-Basis hatte am Wochenende der in Nördlingen geborene Unternehmer muslimischen Glaubens Sener Sahin seine Kandidatur für das Bürgermeisteramt zurückgezogen. Er begründete seine Entscheidung damit, dass es immer wieder um seinen Glauben gegangen sei. Ein Muslim und die Christlich-Soziale Union passten nicht zusammen, hätten Parteimitglieder gesagt.

Auf Twitter gab es daraufhin zahlreiche kritische Reaktionen: Der CSU wurden unter anderem Rassismus und Islamfeindlichkeit vorgeworfen. Besonders heftige Kritik musste die CSU-Werteunion Bonn wegen einem Tweet einstecken, den sie inzwischen gelöscht hat.

„C (in CSU – Anm. d. Red.) steht für christlich und nicht für muslimisch“, twitterte die Werteunion am Montag. Und musste sich für diese Kurzmeldung später rechtfertigen.

Denn der konservativen CSU-Bewegung wurde Ausgrenzung vorgeworfen. Die Werteunion wies die Anschuldigung jedoch zurück: Sie habe bloß auf einen beleidigenden Tweet des Bloggers Nasir Ahmad über die Bedeutung des Buchstaben „C“ in CSU geantwortet.

Kritik aus CDU

Auch vonseiten der Schwesterpartei CDU gab es Kritik an der Bonner CSU-Werteunion. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer schrieb auf Twitter: „Liebe CSU, bitte stellt klar, dass wir als Union auch muslimische Mitglieder als unsere Kandidaten ausdrücklich wollen. Der Vorschlag des CU-Wallerstein-Vorstandes ist doch sehr gut, einen top-integrierten Unternehmer wie Sener Sahin aufzustellen.“

Der Werteunion empfahl er „ein paar Stunden in der Kirche“, die ihr „ganz gut tun“ würden: „Ich zitiere mal Herrn Sahin: ,Ich war bestimmt öfter in der Kirche als die, die mich jetzt nicht wollen‘. Und wenn ich die sogenannte Werteunion höre, kommt mir oft der Eindruck, da hätten ein paar Std. in der Kirche ganz gut getan: Das ,C‘ schließt gerade keine Menschen aus.“

​Weitere Reaktionen im Netz

Nach der Mehrheit der Kommentare im Netz zu urteilen, verurteilen die Nutzer den Rückzug des muslimischen CSU-Kandidaten. Der Tagesspiegel-Journalist Paul Starzmann schrieb auf Twitter:

​„Es gibt leider immer noch diese Einstellung: Der Moslem darf gern für uns den Bus lenken, Döner machen oder putzen. Aber Bürgermeister? Das geht nicht, da hätte er ja was zu sagen. Man fragt sich warum die Leute sich integrieren sollen wenn sie dann doch ausgegrenzt werden“, schrieb der Nutzer Alexander Roth.

„Vielleicht sollten wir zu Dörfern, in denen Muslime nicht als Bürgermeister kandidieren sollen, auch keine Straßen bauen. Sie sind einfach noch nicht reif dafür“, schrieb Michael/a Ehrmantraut.

„Was hat ein Bürgermeisteramt mit der Religion zu tun? Es geht alleine um die Qualifikation und um menschliche Integrität. Würde das C tatsächlich für christliche Werte stehen, dann wären so einige Politiker morgen arbeitslos“, schrieb die Userin Magdaöene Waöz.

Zugleich verteidigten aber einige Nutzer den Rückzug als gute Entscheidung:

Reaktion der AfD

Auch AfD-Vorsitzender Jörg Meuthen blieb der Diskussion nicht fern. Sahin nannte er ein „hervorragendes Beispiel für gelungene Integration“ und warf der CSU „Doppelmoral“ vor.

CSU-Spitze versucht, Rückzug Sahins zu verhindern

Die CSU-Spitze hat versucht, den Rückzug des muslimischen Bürgermeisterkandidaten Seher Sahin  doch noch zu verhindern. CSU-Generalsekretär Markus Blume habe von der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon aus Montagabend eine halbe Stunde mit ihm telefoniert, sagte Sahin der „Augsburger Allgemeinen“. „Er hat mir sogar angeboten, persönlich zur Nominierungsversammlung zu kommen, um die Vorurteile an der Wallersteiner CSU-Basis abzubauen“, fügte der Politiker hinzu.

Sahin sagte dem Blatt, trotz der Bemühungen der CSU-Führung bei seiner Entscheidung bleiben zu wollen. „Mein Entschluss steht zu 99,999 Prozent fest.“

„Ich bin sicher, dass das hier auf dem Land noch 30 Jahre dauern wird, bis die Leute bereit sind, einen wie mich als Bürgermeister zu wählen“, sagte der 44-Jährige unterdessen der Süddeutschen Zeitung. „Hier haben viele noch nie mit einem Moslem Kontakt gehabt.“

„Ein CSU-Chef mit muslimischem Glauben so abwegig wie Pfarrstelle in Mekka“

In einem Interview für die „Neue Zürcher Zeitung“ hat sich der langjährige CSU-Politiker Peter Gauweiler zu dem Rückzug Sahins geäußert: „Die grundsätzliche Frage, ob die CSU jemanden als Kandidaten aufstellen kann, der einer anderen Religion angehört, hat der Ortsverband deutlich mit ,Ja‘ beantwortet. Dass Herr Sahin nach der Kandidatur selber Zweifel bekam, müssen wir respektieren.“

Sahin habe seinen Rückzug in einer „sehr taktvollen und verständnisvollen Art und Weise“ getan, die erneut gezeigt habe, dass er „einer von uns“ sei: Weil er sich auch in die Menschen hineinversetzt habe, die sagten: „Ich habe damit Schwierigkeiten.“

Doch auf die Frage, ob es in absehbarer Zeit einen CSU-Chef oder eine CSU-Chefin mit muslimischem Glauben geben werde, antwortete Gauweiler kurz und knapp: „Das ist so abwegig wie eine katholische Pfarrstelle in Mekka.“

Quelle!:

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