Dienstag, Mai 7, 2024
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Corona-App weltweit: Bisher keine Erfolgsgeschichte

Jüngst hat Deutschland seine Corona-Warn-App an den Start gebracht. Damit ist die Bundesregierung ein Spätzünder, denn weltweit gibt es bereits zahlreiche unterschiedliche App-Lösungen. Die Funktionsweise unterscheidet sich dabei teils sehr von der deutschen Variante, doch eines haben sie alle gemein: Eine Erfolgsgeschichte sind sie bisher nicht.

Bisher wurde die in dieser Woche vorgestellte deutsche Corona-Warn-App bereits rund acht Millionen Mal heruntergeladen. Das Ziel: Mindestens 60 Prozent der Bevölkerung sollen die App auf ihrem Smartphone dauerhaft in Betrieb nehmen, damit laut Experten eine verlässliche und ansatzweise flächendeckende Nachverfolgung von Corona-Infektionen in der Bevölkerung möglich sei. Davon ist man hierzulande noch entfernt, doch in diesen Tagen startet die Bundesregierung eine große Medienkampagne, um mehr Menschen für die App zu begeistern.

Unterschiedlich und nicht kompatibel

In zahlreichen Ländern der Erde gibt es bereits eine Corona-App. Die Funktionsweisen unterscheiden sich dabei teils deutlich von dem deutschen Modell. Während die Daten in der Warn-App hierzulande dezentral, also nur auf dem jeweils eigenen Smartphone gespeichert werden, gibt es in anderen Staaten zentrale Speicherstellen, was die Datensicherheit massiv gefährdet. Auch funktionieren viele ausländische Apps per GPS, was eine Nachverfolgung des Bewegungsmusters des Nutzers zulässt und im Gegensatz zur deutschen Bluetooth-Verbindung ungenauer ist.

Die allererste App

Das weltweit erste Land, das eine App zur Kontakt-Nachverfolgung vorlegte, war Singapur mit seinen knapp sechs Millionen Einwohnern. Zunächst fand die App großen Zuspruch, der dann schnell abflaute, so dass derzeit etwa 25 Prozent der Bevölkerung zu den Nutzern gehören. Der zeitliche Vorsprung änderte nichts daran, dass Singapur Ende April einen massiven Corona-Ausbruch verzeichnete: In einer Unterkunft für Wanderarbeiter war es zu einem starken Anstieg der Infektionen gekommen. Das könnte auch daran liegen, dass diese Arbeiter zumeist keine Smartphones besitzen.

Die erfolgreichste App

In Island können die knapp 360.000 Bürger schon seit Anfang April eine Corona-App installieren. Das haben fast 40 Prozent der Isländer auch getan, womit diese App nach Angaben der „Technology Review“ des Massachusetts Institut für Technology die weltweit meist verbreitete App zur Nachverfolgung von Covid-19-Infektionen ist. Doch eine Rate von 60 Prozent schafft nicht einmal Island, das aufgrund der geringen Größe sehr erfolgreich und flächendeckend Corona-Tests zur Verfügung gestellt hatte und somit eine Ausbreitung des Virus schnell eindämmte.

Die nervöseste App

In Israel nutzen laut Medienberichten etwa 1,4 Millionen der mehr als neun Millionen Bürger die App des Gesundheitsministeriums. Sie ging Ende März an den Start und basiert auf GPS-Daten. Das heißt, sie gibt einem Nutzer einen Hinweis, dass er infiziert sein könnte, wenn er sich länger als zehn Minuten in der Nähe einer positiv getesteten Person aufgehalten hat. Weil die GPS-Daten nicht durchgängig genau sind, kam es in Israel aber zu vielen Fehlalarmen. Das Ministerium betont dennoch, man habe einige Tausend Personen über die App warnen können, die dann vorsorglich in Quarantäne gegangen seien. Auf Corona getestet wurden viele davon aber nicht, da zu wenige Tests zur Verfügung standen.

„Stop Covid“ in Frankreich

Frankreich hat sich bei seiner App für die Bluetooth-Technik entschieden, wie sie in Deutschland vorgesehen ist. Allerdings funktioniert die französische Anwendung mit einer zentralen Datenspeicherung und unterscheidet sich damit von dem Berliner Ansatz. Die App „Stop Covid“, die Anfang Juni veröffentlicht wurde, haben sich in Frankreich seither mehr als eine Million Bürger auf ihr Smartphone geladen. Bei etwa 67 Millionen Einwohnern ist unser Nachbarland also auch noch weit von den angestrebten 60 Prozent entfernt.

„Immuni“ in Italien

Bereits mehr als zwei Millionen Downloads zählt die italienische Corona-Warn-App „Immuni“-App, die seit knapp zwei Wochen verfügbar ist. Noch sind die Funktionen für die rund 60 Millionen Einwohner nicht landesweit aktiviert, das soll im Verlauf dieses Monats passieren. Wie in Deutschland ist der Quellcode der App offen verfügbar und basiert auf der Kontaktverfolgung über Bluetooth. Die Speicherung der Daten erfolgt dezentral. Die App fragt keine persönlichen Daten ab und ist für Urlauber sogar in mehreren Sprachen bedienbar, unter anderem auch in Deutsch.

“AsistenciaCovid19” in Spanien

Bisher wenig Zuspruch findet die Corona-Warn-App in Spanien, die seit April zur Verfügung steht. Angeboten in Kooperation zwischen der Regierung und dem Unternehmen Telefónica bietet sie im Verdachtsfall Selbsteinschätzungstests zu Symptomen und Kontaktdaten der zuständigen Stellen. Allerdings müssen die Nutzer dafür die Identitätsnummer ihres Passes, ihren vollen Namen und ihre Adresse angeben. Kontakte zu Infizierten werden über Bluetooth geprüft. Bei der Anmeldung muss einmalig die GPS-Berechtigung erteilt werden. Daten zu Infektionen sollen für maximal zwei Monate dezentral, also auf externen Servern, gespeichert bleiben.

„COVIDSafe“ in Australien

6,2 Millionen Australierinnen und Australier, das sind rund ein Viertel der Bevölkerung, sollen sich die von der Regierung Ende April gestartete Corona-Warn-App „COVIDSafe“ installiert haben. Bislang hat man laut Medienberichten mit Hilfe der Anwendung jedoch noch keine Infektion identifiziert, die nicht auch auf herkömmlichem Weg bekannt geworden sei. In Zahlen: Bisher wurde per App lediglich eine einzige Person nachverfolgt und vor einer möglichen Ansteckung gewarnt. Behörden erklären dies mit den vergleichsweise geringen Corona-Zahlen und der enormen Landesgröße. Die Johns-Hopkins-Universität notiert für Australien bislang nur gut 7.300 bekannte Infektionen.

Massive Gefahr für Privatsphäre?

Hinzu kommt: Experten für IT-Sicherheit von Amnesty International haben zuletzt Corona-Warn-Apps in elf Ländern in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika untersucht. Das Ergebnis gibt Grund zur Sorge: Einige Apps gefährden anscheinend massiv Privatsphäre und Sicherheit der Nutzer. Die Apps „BeAware Bahrain“ aus dem Wüstenstaat Bahrain, „Shlonik“ aus Kuwait und „Smittestopp“ aus Norwegen seien „potentielle Massenüberwachungsinstrumente“, heißt es in einer Pressemitteilung von Amnesty. Norwegen hat seine App mittlerweile zurückgezogen und angekündigt, alle bislang gesammelten Daten zu löschen. Das dezentrale deutsche Modell könne laut Amnesty dagegen die Privatsphäre deutlich besser schützen.

Ein neues Gesetz muss her…

Laut Amnesty könnte eine neue Gesetzesgrundlage verhindern, dass die Funktionen der deutschen App in Zukunft schleichend ausgeweitet werden oder die Freiwilligkeit – etwa durch Arbeitgeber – eingeschränkt wird. Hier könne Deutschland mit gutem Vorbild vorangehen, heißt es. Das fordern auch der Verbraucherzentrale Bundesverband, sowie Linke, Grüne und FDP im Bundestag. Bisher lehnen Vertreter der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD eine spezielle Gesetzgebung jedoch mehrheitlich ab.

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