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Der berüchtigte Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform – erst abgemildert, jetzt richtig scharf gemacht!

Am 18. Januar 2019 hieß es noch, dass das EU-Parlament den Artikel 13 des EU-Urheberrechtsgesetzes vorerst abgesagt hat. Das war so nicht ganz richtig. Das Parlament hat die Entscheidung vorerst abgesagt, weil man sich nicht einigen konnte. Gerade der Artikel 13 war sehr kontrovers diskutiert worden. Nachdem die Länder sich untereinander nicht einig wurden, war die Sache erst einmal ausgesetzt worden. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Das ganze Gesetz soll zwischen Europaparlament und Europarat verhandelt werden. Aber auch der Europarat war sich nicht einig. Nun aber kam er plötzlich mit seinem Vorschlag aus dem Gebüsch gesprungen und hatte es furchtbar eilig.

Warum? Weil im Mai Europawahlen sind und da können sich natürlich die Mehrheiten ändern. Sollten hier die EU-Kritiker und eher als „rechts“ angesehenen Kräfte dazugewinnen, könnte die ganze Urheberrechtsreform wieder vom Tisch gefegt werden. Gerade Italien und die Visegrad-Staaten sind gefürchtet und auch in Frankreich vermutet man, dass die Gelbwestenbewegung sich auch im Ergebnis der Europawahl widerspiegeln könnte.

Daher auch die plötzliche Eile und Deutschland und Frankreich haben sich ratzfatz auf einen Vorschlag geeinigt, mit dem sie  alle anderen dominieren konnten.

Schon am Freitag wurde die Entscheidung gefällt das Deutsch-Französische Desater anzunehmen. Am Montag, den 11. Februar fand der abschließende Trilog zu der Sache statt – und damit ist der Sack zu.

Aber, um das klar zu stellen, DASS es eine EU-Urheberrechtsgesetz-Reform geben würde, das stand außer Zweifel.

Der Verhandlungsstopp im Januar hatte AUCH damit zu tun, dass sich bis in die Elfenbeintürme der EU-Parlamentarier herumgesprochen hatte, dass Uploadfilter sehr teuer sind und nicht wirklich zuverlässig. Was also, wenn eine Plattform zwar einen Uploadfilter, wie verlangt, eingeschaltet hat und dieser versagt hat? Kann dann die Plattform überhaupt haftbar gemacht werden? Das hat zwar dazu geführt, dass elf Regierungen gegen die zu verhandelnde Formulierung stimmten. Letztendlich sind anhand der Anzahl der Parlamentarier aber Deutschland und Frankreich stimmenmäßig die Elefanten im Raum. Und die haben sich, wie gesagt, jetzt ziemlich flott geeinigt, um die EU-Urheberrechtsreform noch schnell durchzupeitschen, bevor die Europawahlen da vielleicht noch einen Strich durch die Rechnung machen könnten.

Die Piraten-Abgeordnete Julia Reda, die eine vorbildliche, fantastische Recherchearbeit geleistet hat, skizziert die ursprüngliche Haltung Frankreichs zu Artikel 13 folgendermaßen:

Frankreichs Position: Artikel 13 ist super und sollte für alle Plattformen gelten, egal wie klein sie sind. Alle Plattformen müssen demonstrieren, dass sie alles erdenklich Mögliche getan haben, um den Upload urheberrechtlich geschützter Inhalte bereits im Vorfeld zu verhindern. Im Falle kleiner Unternehmen kann das den Einsatz von Uploadfiltern bedeuten, muss es aber nicht – letztendlich soll das ein Gericht im Einzelfall entscheiden (das war die bisherige Ratsposition der Mehrheit der nationalen Regierungen, mit der Unterstützung Frankreichs, ehe Italiens neue Regierung sich grundsätzlich gegen den Artikel 13 stellte und dieser Position somit die qualifizierte Mehrheit entzog.)

Deutschlands Meinung dazu war:

Deutschlands Position: Artikel 13 ist super, soll aber nicht für alle gelten. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 20 Millionen Euro pro Jahr sollten vollständig von Artikel 13 ausgenommen sein, um europäische Startups und Kleinunternehmen zu schützen. (Das war nahe an der Position des Europäische Parlaments, das immerhin eine Ausnahme für Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 10 Millionen Euro und weniger als 50 Beschäftigten vorsieht.)

So. Geeinigt haben die beiden sich jetzt in aller Eile auf eine wesentlich strengere Position. Das sollte eigentlich hinter verschlossenen Türen bleiben, damit man alle damit überraschen konnte, wenn schon alles zu spät ist. Aber das Papier wurde geleakt, und nun ist die Katze aus dem Sack.

Und das ist jetzt die Version, die der Europarat durchdrücken wird, weil Deutschland + Frankreich alle anderen niederstimmen kann:

Der Artikel 13 EU-Urheberschutzgesetz gilt für ALLE Plattformen. Alle müssen Uploadfilter installieren, es sei denn, alle drei folgenden Ausnahmen treffen gleichzeitig für diese Plattform zu:

1. Die Plattform ist jünger als 3 Jahre alt
2. Der Jahresumsatz beträgt weniger als 10 Millionen Euro
3. Die Plattform hat weniger als 5 Millionen Nutzer pro Monat

Das heißt: Millionen vollkommen harmlose, kleine Apps und Webseiten, die auch nur eines der Kriterien NICHT erfüllen, müssen nach dieser Regel Uploadfilter installieren, die die User und Betreiber ziemlich belasten. Und da ist die Drei-Jahres-Regel der Massentod.

Also, beispielsweise eine Webseite, die zum Beispiel für Angler ist, und von jemandem betrieben wird, der das an zwei, drei Abenden in der Woche als Hobby hat, wo aber Angler tolle Fotos von ihrem letzten Fang am Baggersee in Hinterpusemuckel aufladen, muss, wenn sie schon länger als drei Jahre besteht, mit einem schweineteuren Uploadfilter sicherstellen, dass das Foto von Hugo Köderking mit dem tollen Buntbarsch an der Angel keine Urheberrechte anderer verletzt. Wie soll der Webseitenbetreiber das machen?

Jede noch so kleine Webseite muss nachweisen, dass sie „größte Bemühungen unternommen hat, um vom Rechteinhaber die Lizenz einzuholen“.

In der Praxis hieße das, dass alle Websiten und Apps, die Uploads erlauben, gezwungenermaßen jede ihnen angebotene Lizenz annehmen müssten – egal wie unfair die Bedingungen sind, egal, ob sie die Inhalte auf ihrer Plattform überhaupt verfügbar machen wollen.

Das Problem betrifft allerdings fast ausschließlich Plattformen, auf die Außenstehende Inhalte hochladen können. Wer seinen eigenen Blog betreibt und sicher sein kann, dass nur das, was er selbst schreibt und seine eigenen Bilder oder Filme draufgeladen werden, der hat hier wenig zu fürchten.

Soziale Medien, Foren, Vereinsseiten, Facebook, Twitter, etc. sind hier am allermeisten in Gefahr. Facebook zum Beispiel als Betreiber haftet sofort, wenn eine „Urheberrechtliche Verletzung“ festgestellt wird. Facebook bleibt also nichts anderes übrig, als an dem Verursacher Regress zu nehmen und wird, genau wie YouTube, sicherstellen, dass es denjenigen, der das draufgeladen hat, auch belangen kann. Zum Beispiel per Kopie des Personalausweises und mehreren Rückfragen, um die Richtigkeit der Identität zu überprüfen. Und beinharten Verträgen.

WhatsApp könnte dieser Sache noch entkommen, da die Chats ja nicht öffentlich sind, sondern nur unter Privatpersonen ausgetauscht werden. Die Individualkommunikation wird noch von der Ausnahme der „Privatkopie“ abgedeckt. Wie das mit Facebookaccounts ist, die sich nicht an die Öffentlichkeit richten, das wird man sehen.

Was man aber mit Sicherheit erreicht, ist, dass kleine Startups im Internet keine Chance haben. Kaum haben sie Erfolg und mehr als 5 Millionen Nutzer pro Monat oder der Jahresumsatz (nicht Gewinn!) übersteigt 10 Millionen, schon sind sie zu teuren Uploadfiltern gezwungen. Aber selbst dann, wenn sie alle drei Voraussetzungen noch erfüllen, ist nach drei Jahren Schluss. Wer fängt dann so eine Unternehmung überhaupt noch in der EU an?

Noch ist das Ding aber nicht in trockenen Tüchern.Noch muss eine Mehrheit der Abgeordneten den Vorschlag annehmen. Geschieht das nicht, beginnt der Gesetzgebungsprozess wieder ganz von vorn. Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Die allermeisten Abgeordneten wollen im Mai wieder ins Parlament gewählt werden. Und jetzt geraten sie durch die Proteste gegen die beabsichtigten Regelungen unter Druck. Die Netzaktivisten werden wieder Kampagnen fahren. Aber wir alle sind gefordert, gegen diese Unterdrückung und das Schlachten insbesondere der kleinen Webseiten aufzustehen. Letztendlich geht es nämlich auch gerade darum, die nicht finanzstarken, systemkritischen Netzseiten stumm zu machen. Und das könnte bald gelingen.

Dagegen wäre China direkt liberal.

Gut. Es gibt immer einen Weg. Dann muss man beispielsweise eine Webseite innerhalb der EU einstellen, die sehr wenig Traffik und kaum Inhalte zeigt, aber einen Link zu einer Webseite enthält, der auf eine Webseite außerhalb der EU führt. Das wird die EU versuchen durch Blockieren der Knotenpunkte zu unterbinden, weine Maßnahme, die die User dann wiederum durch VPN-Programme oder Online-Weiterleitungen, wie Cyberghost auszutricksen, wo man auf einen Server im Land seiner Wahl geleitet wird, der den User dann zu der Webseite seiner Wahl weiterverbindet. Das kann die EU dann nur noch durch eine komplette Internetsperre ins Ausland verhindern.

@jouwatch

Quelle!:

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