Mittwoch, Mai 1, 2024
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Die Unterhaltungs-Industrie wandelt sich

Was vor wenigen Jahrzehnten noch Science-Fiction war, ist heute schon Wirklichkeit: Die Zunahme von virtueller Realität (VR) und Augmentierter Realität (AR) verändert vor allem die Unterhaltungsindustrie in rasantem Tempo.

Zwar sind wir noch nicht so weit wie in Steven Spielbergs Blockbuster „Ready Player One“ oder in James Camerons „Avatar“, wo der Aufenthalt in künstlich geschaffenen Welten so normal war wie Atmen, aber die Anfänge sind gemacht.

Allerdings ist das Eintauchen in virtuelle Welten gewöhnungsbedürftig. Der Netflix-Film „Black Mirror – Bandersnatch“ hat jüngst als erster das Experiment gemacht, die Zuschauer über die Handlung mitentscheiden zu lassen und so selbst Teil der Geschichte zu werden. Was verspeist Hauptfigur Stefan, ein junger Programmierer, zum Frühstück? Der Zuschauer trifft die Wahl und stellt damit die Weichen für weitere Entwicklungen. Wie in einem Videospiel hat jede Entscheidung mögliche Konsequenzen, und nur wenn der Zuschauer sich für eine Möglichkeit entschieden hat, geht es weiter mit dem interaktiven Film, in dem es immer intensiver zugeht.

Das erfordert nicht nur Zeit, sondern auch Konzentration. Wer sich wie mittlerweile üblich nebenbei auf seinem Handy mit Chatten, Scrollen und Wischen beschäftigen möchte, hat schlechte Karten. Wer bei „Bandersnatch“ den Faden verliert, wird zurückgeführt, wie in einem Labyrinth.

pixabay.com/photos/vr-virtual-virtual-reality-3460451/

Voll in die künstliche Welt eintauchen können Film-Fans per VR-Headset in speziell ausgerüsteten Kinos, die die ersten VR-Filme zeigen. Die meisten davon sind Kurzfilme, wenn auch der als erster echter VR-Spielfilm bezeichnete dystopische Streifen „The Great C“ es auf eine Länge von 30 Minuten bringt

Auch die ersten virtuellen Casinos gibt es mittlerweile, in denen der Besucher mittels seines Headsets komplett in die Computer-gerenderte Umgebung eintaucht. Mit der VR-Brille vor den Augen können die Gäste beziehungsweise ihre Avatare im Casino umher schlendern, sich an die Bar setzen, mit anderen Avataren unterhalten oder sich bei den verschiedenen Spielen amüsieren, von Klassikern wie Poker und Roulette bis zu Slotspielen wie dem Superhit „Book of Ra“ oder „Starburst“.

Auch in Online-Casinos halten VR-Slots Einzug, neben der imme beliebter werdenden Mischung aus Live-Tischspielen mit Dealern aus Fleisch und Blut, die die Spiele leiten.

In der Welt der Videospiele wird VR ebenfalls von Jahr zu Jahr populärer. Playstation, Xbox und Nintendo erweitern ständig das Angebot, was die Spiele anbelangt. Neu für Playstation ist zum Beispiel „AstroBot Rescue Mission“, bei dem der Spieler als kleiner Roboter Astro in 26 verschiedenen Missionen versucht, seine Crew zu retten. Dabei muss er sich durch raffinierte Fallen kämpfen, Bösewichtern entkommen, und auch aus eigenen Reihen wird ihm so manches Hindernis in den Weg gelegt.

Für all diese Spiele sind VR-Brillen erforderlich. Im vergangenen Jahr lag der Absatz weltweit zwar nur bei 12,4 Millionen Stück, aber bereits für 2022 wird eine Verkaufszahl von 68,9 Millionen Headsets erwartet.

Die Zahl der VR-Nutzer soll 2019 bereits 19,5 Millionen erreichen und im kommenden Jahr auf 24,4 Millionen steigen.  

Auch in Deutschland steigt das Interesse an den Brillen. In einer Umfrage zu dem Thema gaben acht Prozent der Befragten an, bereits ein VR-Headset zu besitzen, 16 Prozent hatten eine Brille getestet, und 17 Prozent konnten sich vorstellen, eine VR-Brille zu benutzen.

Dabei simuliert die Brille räumliches Sehen in einem künstlichen Raum, indem wie in der Wirklichkeit zwei verschiedene Blickwinkel für die beiden Bildschirme abgebildet werden. Je ein Bildschirm ist für das linke und ein Bildschirm ist für das rechte Auge zuständig. Mehrere Linsen pro Bildschirm erzeugen dann die Bilder, die in unserem Gehirn zusammengefügt werden und eine 360-Grad-Umgebung erzeugen.

Um eine möglichst perfekte Illusion zu schaffen, ist eine hohe Bildauflösungsrate notwendig. Die meisten Brillen bringen es mittlerweile auf 60 Bilder pro Sekunde, aber die Spizenmodelle leisten durchaus 90 oder 120 Bilder. Das erzeugt nicht nur flüssige Übertragungen, sondern verhindert im Regelfall auch Schwindelgefühl und Übelkeit, die eintreten können, wenn das Gehirn mit dem Verarbeiten von im Innenohr registrierten Bewegungen nicht hinterherkommt.

Beim so genannten Head Tracking passt das Bild sich nämlich der Kopfbewegung an. Die meisten Headsets haben einen Sehbereich von 100 bis 110 Grad, und um sich im virtuellen Raum zu bewegen, muss der Kopf gedreht werden.

Die Auflösungsrate war lange Zeit eines der Hauptprobleme der Headsets, genau wie das Gewicht. Ein mehrere Pfund wiegendes Gerät Stunden lang auf dem Kopf zu tragen war mehr als nur lästig. Doch inzwischen ist das Gewicht der VR-Brillen deutlich herunter gegangen. Facebooks derzeitiges Modell „Oculus Go“ bringt es auf 468 Gramm und bietet eine Akku-Laufzeit von 1,5 bis zwei Stunden für Spiele und zwei bis 2,5 Stunden für Videos.

Das „Mirage Solo“ von Lenovo ist mit 645 Gramm deutlich schwerer und soll bei „allgemeiner Verwendung“ eine Akku-Laufzeit von bis zu zweieinhalb Stunden haben.

Komplett ohne Verbindung zu PC oder Smartphone kommt das „Vive Focus“ von HTC aus. Akku und Prozessor sind bereits in dem 637 Gramm schweren unabhängigen Headset integriert.

VR-Brillen und virtuelle Realität haben auch außerhalb der Unterhaltungsbranche ihre Verwendungszwecke. Die künstlich erzeugten Welten werden zum Beispiel längst im Fahrunterricht oder im Bereich Medizin erfolgreich in der Therapie von Phobikern eingesetzt. Ob Höhenangst, Angst vor geschlossenen Räumen oder Spinnenphobie – die Patienten werden schrittweise künstlich erzeugten Angstsituationen ausgesetzt, wobei die VR-Anwendungen individuell angepasst werden. 

Das Erleben von Stresssituationen in kontrollierten Umgebungen kann auch für Nicht-Phobiker hilfreich sein. Wer im normalen Leben Schwierigkeiten hat, Gespräche anzuknüpfen, kann zum Beispiel im VR-Casino durch seinen Avatar die Kontaktaufnahme mit anderen Leuten testen und so im Spiel fürs Leben lernen.

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