Montag, April 29, 2024
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Egon von Greyerz: Panik in den hohen Zirkeln, das System geht dem Ende entgegen

Als David Cameron die Entscheidung traf, das britische Volk über den Brexit abstimmen zu lassen, erkannte er nicht, dass er in ein regelrechtes Wespennest stechen würde. Vor dem Referendum sagte ich, dass ein Brexit nicht der Grund für einen Zusammenbruch der Weltwirtschaft sein wird, dass er aber ein Auslöser für solch einen Kollaps sein könnte.

Wir haben nur die Reaktion eines Tages erlebt, mit umfassenden Interventionen der Zentralbanken auf der Welt. Aber der massiven Volatilität nach zu schließen, die wir bisher gesehen haben, besteht nun eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass jetzt ein großer anhaltender Abschwung in der Weltwirtschaft beginnt. Die nächsten paar Wochen und Monate werden wahrscheinlich um einiges schlimmer, als die Krise von 2007 bis 2009.

Die Problemzonen werden sich nicht nur in der Wirtschaft auftun, sondern auch auf der weltpolitischen Bühne. Die Eliten sind über Cameron alles andere als erfreut, denn er ermöglichte dem britischen Volk eine demokratische Abstimmung über die Frage der EU-Mitgliedschaft des Landes. Politische Führer wissen, dass es sehr gefährlich ist, dem Volk die Möglichkeit zu geben, über ein wichtiges Thema zu entscheiden. Nur das schweizerische Volk hat dieses Recht und nutzt es regelmäßig.

In den meisten Ländern fällen die gewählten Regierungen alle wichtigen Entscheidungen ohne das Volk zu befragen. Und in der EU ist es sogar noch schlimmer, weil die meisten der für alle Mitgliedsstaaten bindenden Entscheidungen von ungewählten und nicht zur Verantwortung ziehbaren Offiziellen getroffen werden. Und der Europäische Gerichtshof steht zudem über den Rechtssystemen aller Mitgliedsstaaten.

Die Mehrheit des britischen Volks lehnte es ab, Brüssel ihre Unabhängigkeit auszuhändigen. Sie haben überdies klar gemacht, dass sie nicht dazu gezwungen werden wollen, die EU-Regularien bezüglich unbegrenzter und unkontrollierter Immigration zu akzeptieren, welche, sofern sie fortgesetzt wird, die Struktur des Vereinigten Königreichs und Rest-Europas zerstören wird.

Weltweite Panik in den hohen Zirkeln

Was recht erstaunlich ist, ist dass Cameron und die britische Regierung die Abstimmung verloren haben, obwohl sie jeden Wirtschaftsexperten der Welt an ihrer Seite hatten; dazu Obama, Lagarde, Carney (Gouverneur der Bank of England) und viele andere. Auch veröffentlichten sie Berichte darüber, dass die Löhne fallen würden, wie auch die Immobilienpreise und dass die Steuern raufgehen würden. Am Ende war diese ganze Propaganda aber kontraproduktiv. Das britische Volk glaubte einfach nicht, was ihnen gesagt wurde und ist nicht auf den Bluff der Eliten hereingefallen. Aus diesem Grund herrscht in vielen hohen Zirkeln weltweit Panik.

Für die EU-Offiziellen ist dies eine ernsthafte Niederlage und eine gefährliche Erosion ihrer Autorität, Europa als Superstaat zu beherrschen. Denn jetzt gibt es bereits Forderungen nach Referenden in vielen anderen europäischen Ländern, wie Frankreich, Holland und Dänemark. Die EU-Eliten werden alles in ihrer Macht stehende tun, eine demokratische Abstimmung in auch nur einem der 27 verbleibenden Länder zu verhindern. Die Katze ist aber aus dem Sack und es wird sehr schwierig werden, die Ausbreitung dieses Drangs nach der Befreiung von Brüssels Ketten zu stoppen.

Bereits am Rande des Zusammenbruchs

Das Dilemma für Europa und auch für die Welt ist, dass dieser politische Aufstand in einer Weltwirtschaft und einem Finanzsystem geschieht, welche bereits am Rande des Zusammenbruchs stehen. Seit dem Beginn der Krise im Jahr 2006 haben Zentralbanken und Regierungen rund $ 100 Billionen an zusätzlichen Schulden geschaffen, die Zinsen auf Null und in den Negativbereich gesenkt und die meisten Märkte manipuliert. Dessen ungeachtet sind die sehr ernsten Probleme im Finanzsystem, welche 2006 in Erscheinung getreten sind, weiterhin ungelöst. Im Gegenteil, mit der Verdopplung der weltweiten Schulden und weitestgehend wertlosen und außer Kontrolle geratenen $ 1,5 Billiarden an Derivaten, haben sie exponentiell zugenommen. Das europäische Bankensystem steht kurz vorm Kollaps und dieser wird sich auch auf die fragilen Banken in Amerika und Asien ausdehnen.

Dem anfänglichen Handel am Tag nach der Brexit-Entscheidung stand die Panik ins Gesicht geschrieben. Der Nikkei fiel über 7 % und das Pfund verlor über 10 %. Die Panik dehnte sich bald auf die europäischen Märkte aus, wo der DAX 7 % einbüßte und der Euro 2 % verlor. Der Dollar und der Yen waren die Hauptnutznießer unter den Währungen, aber dies wird wahrscheinlich nur kurzzeitiger Natur sein, da alle Währungen in der Abwärtsspirale zum Boden miteinander wetteifern. Der wirkliche Gewinner war natürlich Gold, welches an einem Punkt um $ 100 angestiegen war und letztlich $ 60 höher schloss.

Was wenige Investoren realisieren ist, dass Gold in diesem Jahrhundert und 2016 alle Investment-Klassen um Längen hinter sich gelassen hat. Weil kein Investmentberater Gold versteht, haben weniger als ein halbes Prozent der Investoren weltweit Gold in ihren Portfolios. Darüber hinaus notiert praktisch jedes Land Gold in Dollars, was natürlich ein totaler Fehler ist. Gold sollte zunächst in Unzen oder Kilos gemessen werden, denn es ist in keiner Weise ein auf Dollar basierender Rohstoff. Und zweitens muss der Wert von Gold ausschließlich in der lokalen Währung des Investors gemessen werden. Es gibt für jede Währung auf der Welt einen lokalen Goldpreis – Gold ist 2016 in Dollar um 24 % gestiegen, während es in britischen Pfund dieses Jahr um verblüffende 34 % zugelegt hat.

Die beste Absicherung gegen die Probleme in der Weltwirtschaft ist also Gold, in welcher Währung man es auch immer misst. Was die meisten Investoren nicht erkennen, und ihre Berater ihnen auch niemals sagen, ist, dass ihre Aktien in diesem Jahrhundert real um 60 bis 70 % und allein im laufenden Jahr um 20 % gefallen sind. “Real“ bedeutet natürlich, wenn man die Aktienindizes in Gold misst.

Das globale Finanzsystem wird nicht überleben

Die Bewegung beim Gold beginnt gerade erst. Wir haben eine vier Jahre lange Korrektur des langfristigen Aufwärtstrends erlebt und befinden uns nun auf dem Weg zu neuen Höchstständen. Dies könnte sehr wohl 2016 passieren. Die Blasen bei Aktien, Staatsanleihen, Immobilien und Derivaten platzen und die Währungen fallen weiter, aufgrund der Defizite und der Geldschöpfung. Derweil wird Gold weiterhin all diese Anlageklassen hinter sich lassen.

Aber Gold sollte nicht als konventionelles Investment gesehen werden, sondern als Absicherung gegen ein verfaultes Finanzsystem. Gold ist der Schutz gegen unverantwortliche Regierungen, die sich Wählerstimmen durch den Druck endloser Mengen Papiergeldes kaufen und so ihre Währung zerstören. Außerhalb des eigenen Landes gehaltenes Gold ist darüber hinaus ein entscheidender Schutz gegen kommende Devisenkontrollen. Physisches Gold und etwas Silber wird alle anderen Formen der Vermögenssicherung übertreffen, solange sie außerhalb des jetzigen Finanzsystems gehalten werden, welches in seiner derzeitigen Form mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überleben wird.

Egon von GreyerzVon Egon von Greyerz

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