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EZB-Geldschwemme: Umverteilung von Arm nach Reich

Mario Draghi, EZB-Tower, Frankfurter Skyline (Collage) // CC-BY Frank Friedrichs, European Union 2014 - European Parliament, Wilhelm von Pax

Im Kampf gegen die Wirtschaftsflaute der Euro-Währungszone hat die EZB eine enorme Geldschwemme gestartet. Zu den faktischen Nullzinsen will sie Milliarden in den Kauf von Staatsanleihen der Euro-Länder stecken. Das kann nicht nur zu Verzerrungen und Blasen in den europäischen

Volkswirtschaften führen, sondern löst praktisch nebenbei auch eine faktische Umverteilung von der Unter- und Mittelschicht zur

Oberschicht aus.

Einkommensentwicklung 2000-Q4 2014

 

 

Bereits in den letzten Jahren wuchsen die Nettolöhne und – Gehälter deutlich langsamer als Unternehmens- und Vermögenseinkommen. Während Arbeitnehmer seit 2000 nur ein leichtes plus von 1,8% verzeichnen können, legten Unternehmer und Vermögende ein Plus von 21,3% hin. Und das obwohl die Produktivität in der gleichen Zeit um 15,1% zunahm. Daran sollten sich eigentlich die Löhne orientieren.

Die EZB-Geldpolitik könnte diese Entwicklung drastisch verstärken. Klar, Mario Draghi hat sich das wohl kaum als Ziel gesetzt. So geht es bei den Billionenankäufen von Staatsanleihen und den Nullzinsen darum, die schwache Wirtschaft der Euro-Länder anzukurbeln. Laut ihm hätte das auch erste Erfolge. Zuletzt habe es Hinweise für eine breite konjunkturelle Erholung im Euroraum gegeben, sagte der Italiener bei einer Konferenz in Frankfurt. “Unsere Geldpolitik unterstützt die Erholung mit Sicherheit.” Zudem sei ein weiterer Rückgang der Renditen der Anleihen Portugals und anderer Länder zu beobachten, die zuvor in Schwierigkeiten waren – trotz der wiederaufgeflammten Griechenland-Krise. “Das deutet darauf hin, dass das Anleihenkaufprogramm als Schutzschild für andere Euroländern dienen könnte”, sagte Draghi.[1]

Die Begleiterscheinungen sollten aber nicht ignoriert werden. So boomt der DAX seit Draghis Ankündigung die Märkte massiv mit Geld zu fluten auf immer neue Höhen. Seit Draghi im Sommer 2012 auf einem der Höhepunkte der Eurokrise, als in der Öffentlichkeit Angst vor einem Zusammenbruch der Europäischen Währungsunion umging, das Bankensystem wankte und die Renditenaufschläge, die einige krisengeschüttelte Euroländer auf ihre Bonds zahlen mussten, in die Höhe schossen, sorgte Draghi für eine Kehrtwende. Er versicherte am 26. Juli 2012 während einer Rede in London „alles Notwendige“ zu tun, um den Euro zu erhalten. Seitdem schoss der DAX in irre Höhen. Er verdoppelte sich von 6000 auf 12000 Punkte. Es entstehen neue Höchststände Woche für Woche.

DAX-Entwicklung seit 2012, rot: Ankündigung Mario Draghis // Quelle: Ariva

 

DAX-Entwicklung seit 2012, rot: Ankündigung Mario Draghis // Quelle: Ariva

 

Doch Aktienwerte gehören offenbar nicht ins Standardportfolio des deutschen Michels. Aus der Unter- und Mittelschicht stammen gerade einmal die Hälfte aller Aktionäre. Die meisten Aktionäre liegen im Bereich über 6000€ Nettoeinkommen pro Aktionär.[2]  Die Mittelschicht, die ihre Ersparnisse gerne in sichere Rentenfonds und Sparpläne stecken, zählt auch hier zu den Verlierern. Durch die Käufe dürften die Renditen der Papiere, zum Beispiel Bundesanleihen, weiter sinken. Das trifft Besitzer von Anleihen oder Anleger, die Geld in Anleihefonds investiert haben.

Auch die Sparer haben schlechte Karten. Die Anleihekäufe haben zwar keine direkten Folgen für die Zinsen auf Sparbuch und Co. Allerdings dürfte die EZB die Leitzinsen nicht erhöhen, solange das milliardenschwere Programm läuft. Die Zeiten bleiben also noch eine ganze Weile mau für Sparer. Die Geldpolitik der EZB belastet die Sparer und gefährdet die private Altersvorsorge. Zusammen mit der Inflation gibt es praktisch Negativzinsen auf Erspartes.[3]

Die EZB-Geldpolitik wird außerdem ein verstärktes Aufkommen des Cantillon-Effekts 

bewirken.  Der Effekt, der auf den bekannten Ökonomen des 18. Jahrhunderts Richard Cantillon zurückgeht, besagt, dass sich eine Erhöhung der Geldmenge nicht gleichmäßig auf die Volkswirtschaft aufteilt. Nichts anderes betreibt derzeit die EZB. Damit könnte die Ungleichheit weiter zu nehmen und Vermögendere Schichten einen enormen Vorteil im Wirtschaftsleben bekommen. So verteilt sich das frisch “gedruckte” Geld zuerst auf Banken, die wiederrum Kredite an Unternehmen geben. Auch Menschen, die Kapitalaufwendige Immobilien kaufen wollen, erhalten enorme Vorteile.

Die Entwicklung der saisonbereinigten Geldmenge M3 seit Januar 1971 bis Juni 2014 im Chart.

 

Die Entwicklung der saisonbereinigten Geldmenge M3 seit Januar 1971 bis Juni 2014 // Quelle: Querschüsse

 

Denn wenn die Erstempfänger des Geldes, also Banken, Unternehmer und Vermögende ihr neu gewordenes Kapital für privaten Konsum nutzen, sind die mit der erhöhten Geldmenge einhergehenden Preissteigerungen noch nicht im Markt eingespeist. Erst wenn das Kapital langsam zu anderen breiteren Schichten der Bevölkerung durchsickert, kommen enorme Inflationsraten auf die Bürger zu. Dieser Effekt ist alt, wirkt aber auch heute uneingeschränkt und ist gerade durch die EZB-Geldpolitik höchst aktuell.

Quellen:

 

 

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