Samstag, April 27, 2024
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Facebook erntet Kritik für Zensur von historischem Kriegsfoto „Napalm Girl“ (Video)

Facebook ist unter heftige Kritik geraten, da es das weltbekannte Kriegsfoto „Napalm Girl“ aus mehreren Posts gelöscht hat.

Die Norwegische Zeitung „Aftenposten“ reagierte mit einem offenen Brief an Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Das während des Vietnamkrieges geschossene Foto gilt als Sinnbild der Grausamkeiten des 20 Jahre dauernden Konflikts.

Vor zwei Wochen postete der Journalist und Schriftsteller Tom Egeland ein Foto, das umgehend von Facebook aufgrund von „Gemeinschaftsnormen“ entfernt wurde. Das Bild war 1972 vom AP-Fotografen Nick Ut geschossen worden und wird oft als ikonische Darstellung des Vietnamkrieges bezeichnet (DARPA: Die engen Verstrickungen von Google und Facebook mit dem US-Militär).

Es ist in Geschichtsbüchern der ganzen Welt zu finden und zeigt Soldaten sowie vietnamesische Kinder, die vor einem Brandbomben-Angriff der US-Truppen fliehen. Darunter ist auch ein nacktes, schwer verletztes Mädchen: die damals neunjährige Kim Phuc.

„Sämtliche Fotos, auf denen zur Gänze entblößte Genitalien oder Gesäße oder barbusige Frauen zu sehen sind, werden umgehend entfernt“, heißt es bei Facebook.

Demnach sei der Beitrag lediglich gelöscht worden, da eines der Kinder auf dem Bild nackt war.

„Wir versuchen, die richtige Balance zu finden zwischen der Möglichkeit für Menschen, sich auszudrücken, und einer sicheren und respektvollen Umgebung für unsere globale Gemeinschaft. Unsere Lösungen werden nicht immer perfekt sein, aber wir werden versuchen, unsere Regeln und die Art, wie wir sie anwenden, zu verbessern“, so ein Facebook-Sprecher gegenüber The Guardian.

Der Vorfall stieß besonders in Norwegen auf heftige Kritik. Das Foto wurde dort vielfach geteilt, um so gegen die Zensur zu protestieren. Die Norwegische Journalisten Vereinigung haben sich dem Protest angeschlossen und andere Medienkanäle dazu aufgerufen, das Gleiche zu tun. Facebook hat das Foto weiterhin gelöscht. Der Chef-Redakteur von Norwegens größter Zeitung „Aftenpost“, Espen Egil Hansen, veröffentlichte daraufhin einenoffenen Brief an Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Der Beitrag war am Freitag auf der Titelseite des Blattes abgedruckt und wurde auch in den sozialen Netzwerken oft geteilt (Facebook lässt harmlose Beiträge verschwinden).

 

Zuckerberg wird darin des Machtmissbrauches beschuldigt (Facebook: Das Märchen vom heiligen Mark).

„Hör mal, Mark, das ist ernst. Erst erfindest du Regeln, die nicht zwischen Kinderpornografie und berühmten Kriegsfotografien unterscheiden. Dann wendest du diese Regeln ohne jeden Spielraum für gute Beurteilung an. Und schließlich zensierst du sogar Kritik an der Entscheidung und die Diskussion – und du bestrafst die Person, die es wagt, Kritik zu üben“, schrieb der Chefredakteur.

Auch der Deutsche Journalisten Verband hat sich bereits in einer Pressemitteilung zur Facebook-Zensur geäußert:

„Das Foto von 1972, das nackte Kinder nach einem Napalmangriff zeigt, war ebenso gelöscht worden wie die Kritik an der Löschung. ‚Man muss von Facebook so viel Medienkompetenz erwarten dürfen, dass eine Unterscheidung zwischen einem zeitgeschichtlichen Dokument und Kinderpornografie vorgenommen wird‘, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Das gelte vor allem dann, wenn das Bildmaterial auf der Facebook-Seite einer renommierten Tageszeitung stehe. ‚Welche Inhalte eine Zeitung veröffentlicht, muss die Entscheidung der Redaktion bleiben.‘ Alles andere sei ein Eingriff in die Pressefreiheit“, heißt es in der Mitteilung (Facebook bekommt „Verschlossene Auster“: Informationsblockierer des Jahres).

Die auf dem Foto abgebildete Kim Phuc ist heute 53 Jahre alt und leitet eine Stiftung für Kinder mit Kriegstraumen.

„Kim ist traurig über diejenigen, die auf diesem historischen Bild ihre Aufmerksamkeit auf die Nacktheit anstelle auf die mächtige Botschaft richten, die es trägt. Sie steht voll und ganz hinter diesem dokumentarischen Bild von Nick Ut als Moment der Wahrheit, das die Grausamkeit des Krieges und seine Auswirkungen auf unschuldige Opfer festhält“, zitiert die norwegische Zeitung „Dagsavisen“ eine Sprecherin der Kim Foundation.

 

Am 8. Juni 1972 hatten von den USA unterstütze südvietnamesische Flugzeuge Napalmbomben auf die Region um das Dorf Trang Bang abgeworfen. Viele Menschen, darunter auch Kinder und die damals neunjährige Kim waren von der brennenden Substanz getroffen worden. Kim rannte, riss ihre Kleider vom Leib (Agent Orange: Opfer des Vietnamkriegs in der vierten Generation (Video)).

Das Bild zeigt den Moment, in dem sie rennt und in ihrer Muttersprach „Zu heiß, zu heiß“ schreit. Das Foto, das weder den Schrecken des Krieges noch das Leiden des Mädchens relativiert, wurde in den New York Times veröffentlicht und gewann den Pulitzer Preis.

Literatur:

Die globale Überwachung: Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen von Glenn Greenwald

Lückenpresse: Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten von Ulrich Teusch

NSA, BND & Co.: Die Möglichkeiten der Geheimdienste: Technik, Auswertung, Gegenmaßnahmen von Gilbert Brands

Video:

Quellen: PublicDomain/de.sputniknews.com am 09.09.2016

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