Donnerstag, Mai 2, 2024
StartPolitikDemütigungFall Skripal vermasselt: Steht Trumps nahester Kumpel dahinter?

Fall Skripal vermasselt: Steht Trumps nahester Kumpel dahinter?

Ein US-Sender im Eigentum eines engen Verbündeten des US-Präsidenten hat ein Interview ausgestrahlt, das von großen Kontroversen im politischen Establishment Londons zeugen könnte.

Unmissverständlich gab dort ein Chemielabor-Chef bekannt, dass es keine Beweise für die russische Gift-Herkunft im Fall Skripal gibt. Wer steht hinter dieser Sabotage?
In Russland denken viele, dass das Eingeständnis des Leiters des britischen Militärlabors in Porton Down, Gary Aitkenhead, dass die „russische Herkunft“ des Stoffs, mit dem der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und dessen Tochter Julia vergiftet wurden, nicht nachgewiesen werden konnte, zu einem großen Problem für die britische Ministerpräsidentin Theresa May werden könnte. Diese könnte ihre diplomatische Offensive gegen Russland vermutlich nur schwer fortsetzen.

Das stimmt jedoch nicht. Dass die Briten gelogen haben, wurde quasi bewiesen, aber die Geschichte kennt viele Beispiele, die annehmen lassen, dass London weiter auf Moskau losgehen wird. Erwähnenswert ist beispielsweise das Jackson-Vanik-Amendment, das der US-Kongress im Jahr 1974 verabschiedet hatte, um die Sowjetunion „für die Beschränkung der Auswanderung und für zahlreiche Verletzungen der Menschenrechte“ zu bestrafen, das aber erst 2014 außer Kraft gesetzt wurde, also 23 Jahre nach dem Zerfall der UdSSR – besonders wenn man bedenkt, dass Russland die Auswanderung nicht einschränkt.

Mehr als das: Unmittelbar nach der Abschaffung der Jackson-Vanik-Klausel wurde das so genannte „Magnitski-Gesetz“ verabschiedet, das ähnliche Sanktionen gegen Moskau verhängte, aber aus einem anderen Grund. Angesichts dessen ist also unwahrscheinlich, dass die Briten ihren antirussischen Kurs aufgeben werden. Ihr Ziel ist, Russland als „äußeren Feind“ darzustellen, und zu diesem Zweck könnten sie sich auch andere Vorwände „aus den Fingern saugen“. Aus den ersten Medienberichten nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der Untersuchung der Experten in Porton Down kann man schließen, dass London auch weiter versuchen wird, Moskau unter Druck zu setzen.

Mays Regierung hat den Experten in Porton Down offenbar schon etwas „erläutert“, denn das Labor schrieb auf Twitter jüngst: „Die Bestätigung der Herkunft des Stoffs gehörte nie in unseren Zuständigkeitsbereich.“ Britische Medien berufen sich auf diese Bemerkung und behaupten, dass die Feststellung der Experten, der Giftstoff sei nicht unbedingt in Russland hergestellt worden, gar nicht sensationell sei, und machen Moskau weiterhin für das Attentat auf Sergej und Julia Skripal verantwortlich.

Doch dieses Schema berücksichtigt nicht den Umstand, dass das britische Publikum, wie auch die Politiker aus der oppositionellen Labour Party, noch genau wissen, dass Außenminister Boris Johnson vor ein paar Wochen das Gegenteil behauptet hatte. So erklärte er in einem Interview für den Sender „Deutsche Welle“, er hätte persönlich mit Experten aus Porton Down gesprochen, und diese hätten „kategorisch“ bestätigt, dass sie von der „russischen Herkunft“ des in Salisbury angewandten Giftstoffs überzeugt seien.

Das Problem ist nur, dass Johnson zu jener Kategorie von Politikern gehört, die keine Angst vor Imageschäden haben müssen – sein Image ist ohnehin nicht mehr zu retten. Deshalb leistet er sich immer wieder verantwortungslose und riskante Aussagen und muss dabei keine schlimmen politischen Folgen fürchten – er hat einfach nichts zu verlieren.

Darüber hinaus behauptet jetzt die Regierung in London, die kriminalistische Expertise sei „nur einer der Faktoren“, die berücksichtigt werden, um festzustellen, ob Russland für das Attentat auf Skripal verantwortlich ist (oder nicht).

Das britische Publikum deutet das ganz klar als ein Zeichen dafür, dass Mays Kabinett auch weiter von „unwiderlegbaren Beweisen“ für Russlands Schuld sprechen wird, ohne aber diese Beweise vorzulegen, weil ihre Präsentation zu riskant für das Leben britischer Agenten und ihrer Informanten in Russland wäre.

Das erinnert jedoch sehr an die Situation, die in den 2000er Jahren entstanden war, als sich Großbritannien der US-Kriegskampagne im Irak anschloss. Nicht zu übersehen ist, dass der Vorsitzende der Labour Party, Jeremy Corbyn – der einzige einflussreiche Politiker auf der Insel, der vor unbegründeten Vorwürfen gegen Moskau warnt – auch gegen den Irak-Krieg aufgetreten war, denn es hatte auch damals keine überzeugenden Beweise gegeben, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen hatte. Er wurde jedoch damals ignoriert – und wird auch jetzt ignoriert. Damals warf man ihm den Verrat der internationalen Interessen vor – und das tut man auch jetzt, obwohl diese Vorwürfe angesichts der Schlussfolgerung der Experten in Porton Down nicht mehr so überzeugend wirken.

Aber egal wie: Man kann angesichts der überraschenden Feststellung des Labors in Porton Down feststellen, dass es im politischen Establishment Großbritanniens große Kontroversen gibt. Denn wenn die komplette politische Klasse, alle bewaffneten Strukturen, die Geschäftskreise und alle informellen Einflusszentren sich einig gewesen wären, dass ein Konflikt mit Russland nötig ist, dann hätte die Leitung des staatlichen (!!!) Militärlabors es nie gewagt, die offizielle Version der Regierung Theresa Mays zu sabotieren. Und der britische TV-Sender Sky News hätte ein entsprechendes Interview des mutigen Sprechers des Labors nie veröffentlicht.

Auffallend ist ein Punkt: Der Sender Sky News, der das aufsehenerregende Interview zeigte, wird von der Familie des Medienmagnaten Rupert Murdoch kontrolliert, der für seine Neigung zur Einmischung in politische Angelegenheiten bekannt ist. Es ist auch landläufig bekannt, dass Murdoch ein enger Verbündeter des US-Präsidenten Donald Trump ist.

So hatten Murdochs Sender eine wichtige Rolle für den Durchbruch der „Informationsblockade“ gespielt, die Trumps Opponenten während des US-Präsidentschaftswahlkampfes 2016 organisiert hatten. Die Gründe, warum Murdochs Leute diese gegen May und ihre antirussische Kampagne gerichtete „Informationsbombe“ gesprengt haben, werden wir wohl nie erfahren, aber allein diese Tatsache zeugt wiederum von großen inneren Konflikten im westlichen Establishment. Es ist ja fast lustig, dass die USA bereits verkündet haben, dass Russland die vor kurzem aus den USA ausgewiesenen 60 Diplomaten durch neue Leute ersetzen darf.

Theresa May wird sich eine solche „transatlantische Solidarität“ wohl nicht gefallen lassen. Moskau wird es wohl nicht gelingen, diese antirussische Hysterie im Westen einzudämmen. Aber es gibt auch eine andere Aufgabe, die durchaus lösbar ist: Moskau kann etwas tun, damit die Kontroversen und Konflikte zwischen verschiedenen Einflussgruppen im Westen noch tiefer – und allgemein bekannt – werden. Das wäre wohl der beste Schutz vor jedem britischen Angriff.

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »