Freitag, April 26, 2024
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Hisbollah-Lager mitten in Deutschland? Ammoniumnitrat und Bombenbau

Ammoniumnitrat kann auch für terroristische Anschläge missbraucht werden und wurde Geheimdiensten zufolge auch in Süddeutschland von der Hisbollah massiv gelagert. Weil es langsam detoniert, ist seine Schadenswirkung Experten zufolge verheerend.

Ammoniumnitrat hätte in recht junger Vergangenheit nicht nur im Libanon, sondern auch in Deutschland gefährlich werden können. Zumindest griff am Donnerstag „Die Welt“ plötzlich im Zusammenhang mit dem Vorfall in Beirut auch einen Bericht der „Times of Israel“ auf, demzufolge Hisbollah-Anhänger in Süddeutschland heimlich Hunderte Kilogramm Ammoniumnitrat gelagert haben sollen.

Auf diese Operation soll dem Bericht zufolge der israelische Geheimdienst Mossad den deutschen Bundesnachrichtendienst hingewiesen haben – lange vor dem gänzlichen Verbot der Organisation in der BRD im April 2020.

Verfassungsschutz: Das Lager gab es

Am Donnerstag bestätigte dann der Verfassungsschutz den Sachverhalt: „Im Rahmen der Bearbeitung der ‚Hizb Allah‘ ist in der Vergangenheit eine Lagerung von sog. ‚Cold-Packs‘, die unter anderem Ammoniumnitrat enthielten, in Deutschland bekannt geworden. Die eingelagerten ‚Cold-Packs‘ sind im Jahr 2016 wieder aus Deutschland herausgebracht worden“, teilt die Presseabteilung Sputnik gegenüber mit.

Ebenfalls Teil der Antwort des Verfassungsschutzes, um Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen Beirut und Süddeutschland vorzubeugen: „Es liegen keinerlei Erkenntnisse oder Anhaltspunkte dazu vor, dass die hiesige ‚Cold-Pack‘-Lagerung in einem Zusammenhang mit den Lagerungen im Hafen von Beirut steht.“

Kühlpacks können missbraucht werden

Aber kann man aus Kühlpacks wirklich Sprengstoffe herstellen? „Sicherlich kann man diese Kühlpacks zweckentfremden und für terroristische Anschläge nutzen“, betont Sprengstoffexperte Wolfgang Spyra von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gegenüber Sputnik. Mit 40 Gramm Ammoniumnitrat pro Kühlpack wirkt jedes für sich harmlos, doch bereits mit etwas über 60 solcher Packs hätte man das Äquivalent an Sprengstoff von einem Kilogramm TNT, ergibt eine einfache Rechnung.

Langsame Explosion, großer Schaden

Mit einer Detonantionsgeschwindigkeit von 2500 Metern pro Sekunde liegt dieser Sprengstoff laut Spyra deutlich unter militärischen Sprengstoffen, bei denen diese zwischen 8000 und 12000 Metern pro Sekunde liegt. Aber gerade das wird zum Problem:

„Das ist ein verhältnismäßig langsamer Sprengstoff, der aber durchaus eine verheerende Wirkung erzielen kann, weil nicht die gesamte Energie auf einmal frei wird, sondern in dem Millisekundenbereich eine Energieverteilung da ist, die einer Detonation zuträglich ist, was das Schadensbild anbelangt“, so Spyra.

Konkret geht es um die hohe Schwadenbildung bei der Detonation. Die Reaktion setzt sich dadurch in einem größeren Radius fort als bei schnelleren Sprengstoffen und sorgt auf diese Weise für einen größerflächigen Schaden.

In heutigen Kühlpacks ist kein Ammoniumnitrat

Allerdings besteht diese Gefahr in der Gegenwart nicht, denn in der EU ist es schlichtweg nicht erlaubt, solche Kühlpacks herzustellen. Stattdessen kommt in ihnen Harnstoff zum Einsatz. Auch für Produktionsstätten des Stoffs, aus dem immerhin Düngemittel hergestellt wird, gelten Regeln. Deswegen liegt der letzte katastrophale Vorfall in Deutschland in Ludwigshafen von 1921 fast 100 Jahre zurück. „Wir haben gut ausgebildete Chemiker, die wissen, wie solche Lagerbedingungen aussehen müssen, damit wir frei von Schäden sind“, bemerkt Spyra dazu.  

ls/sb/sna

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