Donnerstag, Mai 2, 2024
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„Kuschelt“ Maas mit Islamisten? – Angebliche Antisemitin im Auswärtigen Amt sorgt für Kritik

Das deutsche Außenministerium ernennt Nurhan Soykan zur Beraterin für den Islam. Kritiker werfen ihr Kontakte zu radikal-islamistischen Organisationen wie den türkischen „Grauen Wölfen“ vor. Als „Islamistin und Antisemitin“ sei sie keine neutrale Wahl. Ein Jurist und eine Islamismus-Expertin konkretisieren das gegenüber Sputnik.

Für seine Abteilung „Außenpolitik und Religion“ habe das Auswärtige Amt mit Nurhan Soykan eine Beraterin ernannt, „die sich nicht eindeutig von Antisemitismus und Islamismus distanziert“. Dies erklärt Rechtsanwalt und Jurist Memet Kilic, Vorsitzender des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), in einer aktuellen Stellungnahme gegenüber Sputnik:

„Wir sind irritiert darüber, dass das Auswärtige Amt mit Soykan eine muslimische Verbandsfunktionärin berufen hat, die als stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) Islamisten toleriert und zudem die antisemitischen Al-Quds-Märsche verteidigt.“

Soykan ist Vize-Vorsitzende und frühere Generalsekretärin des „Zentralrats der Muslime in Deutschland“ (ZMD) und arbeitet laut Medien seit Mitte Juli im deutschen Außenministerium, konkret im Referat „Religion und Außenpolitik“. Zuvor wurde sie von zuständigen Stellen im Auswärtigen Amt für diese Position ernannt.

Umstrittene Personalie: „Eindeutig rechtsradikal und islamistisch“

Anstatt die säkulare (Trennung zwischen Religion und Staat, Anm. d. Red.) als Grundlage unseres Grundgesetzes zu bewahren, sei Soykan bereits in der Vergangenheit durch zahlreiche öffentliche Äußerungen aufgefallen, „die sich eindeutig gegen Neutralitätsgesetze der Bundesländer richten“, erläuterte der Anwalt aus Heidelberg.

„Bis zum Frühjahr war sie noch Sprecherin des Koordinierungsrats für Muslime (KRM), der von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) dominiert wird. DITIB untersteht unmittelbar der türkischen Religionsbehörde, die Teil des Machtapparates des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist.“

Seit langem bekannt sei, dass dem ZMD zahlreiche Verbände angehören, „die eindeutig dem rechtsradikalen bzw. radikal-islamischen Spektrum zuzurechnen sind.“ Dazu würden unter anderem die „rechtsextremen, türkisch-nationalistischen ‚Grauen Wölfe‘“ zählen.

„Wie sollen wir damit Migrantinnen und Migranten erklären“, kritisierte Kilic, „dass sie für eine wehrhafte Demokratie geradestehen sollen, wenn nicht einmal das Auswärtige Amt als beispielloses Vorbild fungiert?“

Zum Hintergrund: Die „Grauen Wölfe“ sind eine nationalistische, rechtsextreme und „faschistische Organisation in der Türkei, die sogenannte Islamo-Faschisten in ihren Reihen hat.“ Darauf hatten Islamismus-Experten und Präventions-Aktivistinnen wie Birgit Ebel in früheren Sputnik-Interviews immer wieder hingewiesen. Es gibt laut ihr personelle und organisatorische Überschneidungen und Kooperationen zwischen den „Grauen Wölfen“, DITIB-Funktionären, der Muslimbruderschaft und weiteren radikal-islamistischen Gruppierungen. „Da sieht man direkt diese Verbindung zu Fundamentalisten – bis ins extreme Lager. Das kann man zweifelsohne finden.“

Ernennung Soykans „durchweg positiv“ – Verbandssprecher

Soykan, die die Vorwürfe zurückweist, gehört laut einem Sprecher des Zentralrats der Muslime „keiner Mitgliedsorganisation des Islamverbands an.“ Sie kam nach eigenen Angaben im Alter von drei Jahren mit ihren türkischen Eltern nach Deutschland und studierte Rechtswissenschaften in Köln. Zwischen 2007 und 2009 war sie bereits Pressesprecherin des Zentralrats der Muslime (ZDM).

Der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Burhan Kesici, begrüßte in Berlin die Personal-Entscheidung des Auswärtigen Amtes. „Diese Entscheidung findet in unserer Community und bei unseren Mitgliedern großen Anklang und wurde durchweg positiv bewertet“, sagte er laut der „Jüdischen Allgemeinen“. Allerdings „wurde aus Wissenschaft und Politik Kritik an der Ernennung laut“, so der Bericht weiter.

„Das Auswärtige Amt hat mit Nurhan Soykan eine muslimische Verbandsfunktionärin in die Abteilung ‚Religion und Außenpolitik‘ berufen, die antisemitische Al-Quds-Märsche verteidigt und als Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime auch Islamisten vertritt“, berichtete das Magazin „Cicero“ Ende Juli. „An der formalen beruflichen Qualifikation der 50-jährigen Juristin bestehen keine Zweifel“. Jedoch gebe es Kritik aufgrund ihrer politischen und vermutlich radikalisierten religiösen Gesinnung.

„Antisemitisch“ und „unglaubwürdiger Maas“ – Reaktionen aus dem Bundestag

„Soykan ist stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime. Der größte Mitgliedsverband des Zentralrats der Muslime, die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (Atib), wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz der rechtsextremen Bewegung der türkisch-nationalistischen Grauen Wölfe zugerechnet.“ Das berichtete die Zeitung „Die Welt“ vergangene Woche. Auch der deutsche Inlands-Geheimdienst habe demnach diese islamistischen Organisationen auf dem Schirm. „Die Berufung von (…) Soykan zur Beraterin im Auswärtigen Amt sorgt für Kritik in mehreren Bundestagsfraktionen.“

So warf ihr der FDP-Bundestagsabgeordnete Oliver Luksic bereits kurz nach der Personalentscheidung vor, „antisemitische sowie Israel-feindliche Verschwörungstheorien“ und Ideologien öffentlich vertreten zu haben. Darunter „völlig inakzeptable Thesen“.

Ihre Ernennung stehe im Widerspruch mit den Ansagen des Außenministers gegen Antisemitismus. Seine Forderung: „Maas sollte hier als Minister eingreifen und diese peinliche Fehlentscheidung korrigieren.“ Nach Medieninformationen scheine die zuständige Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes überrascht von manchen Vorwürfen gegen Soykan. Doch Maas‘ Ressort „sieht keinen Anlass, seine Entscheidung zu revidieren“, so der „Tagesspiegel“. „Heiko Maas kuschelt mit Islamisten“, titelte der „Humanistische Pressedienst“ Ende Juli.

„Demokratische Muslime werden brüskiert“ – Die Linke

Ulla Jelpke (Die Linke), innenpolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion, fand gegenüber Medien drastische Worte. „Dass die Vertreterin eines Vereins, der zahlreiche Faschisten zu seinen Mitgliedern zählt, von der Bundesregierung zur Beraterin geadelt wird, ist hochgradig empörend“, sagte sie. Gegenüber dem Staat Armenien – Soykan hatte die Resolution des Bundestags kritisiert, der das Massaker an Armeniern im Osmanischen Reich (dem Vorgängerstaat der heutigen Türkei, Anm. d. Red.) zu einem Völkermord erklärt hatte – müsse es als reiner Hohn erscheinen, dass eine solche Kritikerin der Armenien-Resolution zur Beraterin ernannt wird. Dies wirke als weiteres Zugeständnis an die türkische Regierung.

Gegenüber türkisch-stämmigen „Exil-Oppositionellen, aber auch gegenüber denjenigen Muslimen in Deutschland, die sich nicht durch die im Zentralrat der Muslime anzutreffende Allianz aus Muslimbrüdern und faschistischen Grauen Wölfen vertreten sehen, ist dies schlicht eine Brüskierung“, erklärte die Linken-Politikerin weiter. Den „Grauen Wölfen“ wird rassistisches und faschistisches Gedankengut vorgeworfen.

„Herr Maas, aber auch die Bundesregierung, insgesamt machen sich mit dieser ,Beraterin‘ unglaubwürdig im Kampf gegen Rechts und Antisemitismus“, warnte Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen. Soykans Berufung sei ein „Schlag ins Gesicht der Mehrheit der Muslime in unserem Land, die mit Rechtsextremen, Genozid-Leugnern und Islamisten à la Moslembruderschaft nichts zu tun haben wollen“.

„Eine Organisation, die verfassungsfeindliche Kräfte in ihren Reihen duldet, kann nicht Partner unseres Staates sein, und ihre Spitzenfunktionäre können auch nicht im Dienste unseres Staates tätig sein“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries, Berichterstatter für Religionsgemeinschaften der Unions-Fraktion im Bundestag. Auch Bundestagspolitiker Volker Beck (Grüne) und seine Parteikollegin Berivan Aymaz, Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen, übten scharfe Kritik an der Personalie in den vergangenen Tagen.

Weitere Islamismus-Experten üben Kritik

„Nun muss sich ausgerechnet das von Maas geleitete Auswärtige Amt (AA) mit dem Vorwurf auseinandersetzen, eine Beraterin verpflichtet zu haben, die sich angeblich nicht eindeutig von Antisemitismus und Islamismus distanziert“, berichtete der Berliner „Tagesspiegel“ vor wenigen Tagen. „Seither steht das AA in der Kritik. Integrations- und Religionsexperten wie Ahmad Mansour (…) intervenierten öffentlich. Medien in mehreren Ländern griffen das Thema auf. Und Bundestagsabgeordnete verlangen, die Ernennung rückgängig zu machen.“

Zwar sei der ZMD seit Jahren „ein geschätzter Partner der Bundesregierung, nicht nur bei Islamkonferenzen.“ Jedoch: Kritiker würden monieren, der größte Mitgliedsverband des Zentralrats (Atib), werde vom Bundesamt für Verfassungsschutz den rechtsextremen, türkisch-nationalistischen Grauen Wölfen zugerechnet. Soykan werde eine Nähe zu diesen radikal-islamistischen Gruppierungen vorgeworfen.

Atib vertritt laut der „Welt“ mit etwa 20.000 Mitgliedern „nur einen kleinen Teil der in Deutschland lebenden 4,5 Millionen Muslime. Neben der Zugehörigkeit von Atib zu den Grauen Wölfen werden mehreren Mitgliedsverbänden Verbindungen zur Muslimbruderschaft nachgesagt.“ Der muslimische Dachverband wolle seit 2016 nicht mehr offenlegen, wer Mitglied sei. „Recherchen von ‚Welt am Sonntag‘ haben im März ergeben, dass mehrere Bundesministerien und Bundesländer Projekte des Zentralrats gefördert haben und (immer noch, Anm. d. Red.) fördern.“

Das „Islamische Zentrum Hamburg“ (IZH), eine der Organisationen im jetzt viel kritisierten ZMD, werde direkt „vom iranischen Mullah-Regime aus Teheran“ gesteuert und organisiere seit Jahren den israelfeindlichen und antisemitischen Al Quds-Tag in Berlin. „Andere Verbände agieren als Agenturen des iranischen Mullah-Regimes, wie etwa das IZH“, kommentierte dazu Anwalt Kilic gegenüber Sputnik.

Seine Aussagen formulierte er für den Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI). Ein nach eigenen Angaben parteiunabhängiger und bundesweiter Zusammenschluss, der sich für die Interessen „von 6000 politisch aktiven Menschen mit Einwanderungsgeschichte in rund 400 demokratisch legitimierten kommunalen Migrationsbeiräten in fast allen Bundesländern“ einsetzt.

Quelle!:

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