Donnerstag, April 25, 2024
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Leo 2, Schröder-Regierung und Flüchtlinge: Darum hat Erdogan „Frau Merkel in der Hand“ – Experte

Zwar hat die Bundesregierung neue Waffenexporte an die Türkei gestoppt, allerdings will sie kein Stück weiter gehen. Dabei war Deutschland über Jahre hinweg der Hauptlieferant der „Ostflanke der Nato“. Abrüstungsexperte J. Grässlin kritisiert den „Automatismus“ Berlins und erklärt Sputnik, wie es um die deutschen Waffen für Erdogan bestellt ist.

Es ist geschehen. Am Samstag stellte die Bundesregierung die Waffenexporte an die Türkei wegen der völkerrechtswidrigen Syrien-Operation ein – allerdings nur die neuen, wobei die aktuellen offenbar weiter laufen dürfen. „Es sind, auch wenn sie nicht gegen Kurden eingesetzt werden, unglaublich teure Lieferungen von sechs U-Booten der Klasse 14 der Hamburger Firma ThyssenKrupp Marine Systems“, erklärt der Sprecher der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“, Jürgen Grässlin, gegenüber Sputnik. Sollte Berlin es aber ernst gemeint haben, hätte es aus Sicht der Initiative samt Hunderten von Mitgliedsorganisationen weiter gehen sollen. Das heißt: Nicht nur keine neuen erteilen, sondern auch bereits erteilte Genehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen zurückziehen,  was eben die U-Boote treffen sollte. Ob man das wagen würde? „Erdogan hat ja Frau Merkel in der Hand durch die Drohungen, man würde die Türen von Millionen von Flüchtlingen öffnen, wenn die Bundesregierung oder die EU jetzt diesen Militäreinsatz ernsthaft kritisieren“. Sollten Russland oder Nordkorea jetzt das Völkerrecht brechen, dann gäbe es einen unglaublichen Aufschrei, so der Experte.

„Erdogan kann sich zurücklehnen und sagen…“

So folgte bei der Syrien-Offensive in Afrin Anfang 2018 keine Reaktion Berlins auf den Einsatz der deutschen Panzer vom Typ Leopard 2 durch die Türkei – obwohl klare Beweise dafür vorlagen. Auch diesmal liefert das Netz mehrere Fotos von den dem Leopard 2 ähnlichen Kriegsmaschinen – warum lässt die Bundesregierung sie nicht überprüfen? „Wenn Bilder vorliegen von einem völkerrechtswidrigen Einsatz deutscher Waffen, dann müsste man darauf sofort einen kompletten Rüstungsexportverbot aussprechen“, sagt Grässlin weiter. Inwiefern darf man dabei auf das längst verkaufte Kriegsgut wie die Leos 2, die zwischen 2006 und 2014 ausgeliefert wurden, Einfluss nehmen? Grässlin verweist auf den Gemeinsamen Standpunkt der EU-Länder für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern aus dem Jahre 2008. Demnach dürfen keine Kriegswaffen geliefert werden können, mit denen Menschenrechte verletzt werden.  

So sei es auch mit den 4000 Sturmgewehren des Typs G36 gewesen, die unter Rechtsbruch nach Mexiko geliefert und dann durch die Strafanzeige von Grässlin zurückgefordert worden waren. Mit der Türkei sei es problematischer, weil all diese Waffen und Militärfahrzeuge ja genehmigte Legalexporte seien. Dabei laufe alles über das Bundeswirtschaftsministerium, wobei lediglich die Drittländer außerhalb der Nato, wie etwa Saudi-Arabien oder Katar, eine Sondergenehmigung des Sicherheitsrates unter Führung der Bundeskanzlerin benötigen würden.

„Bei Leopard 2 muss man noch wissen, dass die Regierung von Gerhard Schröder damals versäumt hatte, sich von der Türkei vertragliche Versicherungen zu geben, dass diese Waffen nicht in exterritorialen Kriegen eingesetzt werden“, erzählt Grässlin weiter. „Erdogan kann sich zurücklehnen und sagen, es gibt nicht einmal die vertragliche Bindung, also kann die Bundesregierung da nichts machen.“

Türkei mit deutschen Standardwaffen ohnehin top ausgerüstet

Mit 242,8 Millionen Euro war die Türkei 2018 der Hauptempfänger von Kriegswaffen aus Deutschland 2018. Dabei war Deutschland schon seit den 1960ern der Top-Lieferant der Türkei. Mit der Phase Zwei, fährt Grässlin fort, wenn man Lizenzen vergeben habe, habe man die türkische Rüstungsindustrie in die Fähigkeit versetzt, die Waffen selbst herzustellen. Im Kleinwaffenbereich vergab die Firma Heckler & Koch (seit 2016 verzichtet sie auf weitere Zusammenarbeit mit der Türkei – Anm. d. Red.) seit Ende der 60er Jahre die Lizenz für die Fertigung der Gewehre G3. 1989 wurden sie von Nachfolgemodellen HK33 ebenso durch die Erteilung einer Lizenz abgelöst, die eine höhere Kadenz haben und mehr Schussfolge, theoretisch 750 Schüsse pro Minute. Gleichzeitig wurde in den 80er Jahren die Lizenz für die Maschinenpistole MP5 von Heckler und Koch an die Türkei vergeben.

„Also sind die türkischen Streitkräfte mit G3 abgelöst durch die 500.000 möglichen produzierten HK 33 und Tausenden von MP5-Maschinenpistolen als Standardwaffen ausgerüstet. Wenn sie jetzt nach Nordsyrien eindringen, sind sie dann auch mit deutschen Waffen ausgerüstet“, sagt Grässlin.

Bis 2018 wurden an Ankara dazu 751 Panzer geliefert, knapp die Hälfte von ihnen ist vom Typ Leopard 2A4 und war zwischen 2006 und 2014 ausgeliefert worden, der Rest sind die „Leos 1“. Vor ein paar Jahren stellten die Rüstungskonzerne KMW und Rheinmetall  eine Modifikation vor, den Leopard 2A7V, wobei die Erfahrungen der kanadischen, dänischen und türkischen Lieferungen im afghanischen und syrischen Kampf genutzt wurden. Der Turm ist da beispielsweise schon um 360 Grad schwenkbar – eine Fähigkeit, die man als Militärs immer haben will. Ankara bemühte sich zwar um die Nachrüstung durch die Modifikation im Wert von über einer Milliarde Dollar, doch der Vertrag war bisher nicht vereinbart worden – offenbar wegen des  Einsatzes von Leopard 2 gegen die Kurden.

Quelle!:

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