Dienstag, April 30, 2024
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„Lobbyismus pur“: Sigmar Gabriel als neuer Aufsichtsrat bei Deutsche Bank an den Pranger gestellt

„Heute ein Minister – morgen ein Bankier“, schrieb ein bekannter linker Ideologe 1917. Es ist daher kein Wunder, dass der so gut wie gesicherte Posten des ehemaligen SPD-Chefs und Vizekanzlers Sigmar Gabriel bei der Deutschen Bank vor allem unter den Politikern der Linkspartei für Empörung sorgt. Auch andere sind wenig begeistert.

„Wir freuen uns sehr, mit Sigmar Gabriel einen überzeugten Europäer und Transatlantiker für den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewinnen zu können“, sagte der Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner gegenüber der DPA. Am Freitag war bekannt geworden, dass Gabriel, Chef der Atlantik-Brücke in Deutschland und seit kurzem eben Berater bei einer US-Denkfabrik, nun auch in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank geht.

Dort wird er nach eigenen Angaben mithelfen, „die Zukunft der deutschen und europäischen Wirtschaft zu gestalten“. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zieht Gabriel auf Wunsch der umstrittenen Scheichs der Familie Al-Thani aus Katar ein, die rund acht Prozent der Aktien der Deutschen Bank kontrolliert. Auf den früheren Gesandten, den Ex-UBS-Banker Jürg Zeltner, soll die Familie verzichtet haben, weil er aus Sicht der Finanzaufsicht einen angeblichen Interessenkonflikt hatte. 

Wagenknecht: „Drehtür zwischen Politik & Lobby schließen!“

„Lobbyismus pur“, schrieb die geschiedene Fraktionsvorsitzende der Linke Sahra Wagenknecht auf Twitter. Der Posten fand gerade viel Zuspruch. „Gabriel hat #Banken einmal Erpressung von Staaten vorgeworfen, jetzt nimmt er hochbezahlten Aufsichtsratsposten bei #DeutscheBank an“, so die Politikerin. So wird laut der Politikerin Vertrauen in die Demokratie bald endgültig verspielt. „Drehtür zwischen Politik & Lobby schließen!“, forderte Wagenknecht.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, nahm die Nominierung Gabriels zum Anlass, um über die SPD herzuziehen. „Wer wissen will, warum die SPD heute so schlecht da steht, wird schnell fündig bei ihren ehemaligen Vorsitzenden“, schlug der 64-jährige vor und verwies darunter auf die Zusammenarbeit des Altkanzlers Gerhard Schröder mit dem Energiekonzern Gazprom.

Die linke Bundestagsabgeordnete Amira Mohamed Ali behauptete in dieser Hinsicht, die Linke lasse sich anders als die anderen

Parteien nicht kaufen und betreibe auch „keine Lobbyarbeit für Industrie und Banken“.

„Am Ende des Tages ein Freund des Kapitals“

In der eigenen Partei bekam Gabriel nur sehr wenig öffentliche Kritik. So ironisierte der Jusos-Chef Kevin Kühnert vorsichtig, er möge an  solchen Tagen das Willy-Brandt-Haus für seine reichhaltige Kunstsammlung. „Ehemalige Vorsitzende dürfen zum Abschied leider keine Kunst mit nach Hause nehmen“, fügte Kühnert hinzu.

„Manche ‚linke Realisten‘, die immer sagen ‚wir müssen wieder näher zu den kleinen Leuten‘ und die größten Fans von Sigmar Gabriel sind – das ist er, wenn man hinter seinem Gelaber schaut. Am Ende des Tages ein Freund des Kapitals“, twitterte seinerseits der ehemalige stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende und derzeitige Gewerkschaftssekretär Filippos Kourtoglou (IG Metall).

Hunderte weitere Nutzer amüsieren sich im Netz über Gabriels beruflichen Wandel. „Wird SPD-Top-Komiker Gabriel die Deutsche Bank zum selben Erfolg führen wie die SPD? Oder ist eine Verstaatlichung angepeilt?“, ironisierten die Ökonomen Marc Friedrich und Matthias Weik.

 

„Und dann, liebe Kinder, beschloss Sigmar Gabriel heimlich, selbst den mühevollen Marsch durch die Finanzinstitutionen anzutreten“, legte der Nutzer Markus Pössel unter Verweis auf die Berichte aus dem Jahre 2011 nach, als Gabriel noch „die Banken zerschlagen“ wollte.

„War in den Aufsichtsräten der deutschen Rüstungsindustrie nix mehr frei? Gehts nicht schamloser?“, meldete sich der Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. Thomas Altgeld.  

Bis zu 200.000 Euro Gehalt pro Jahr in Sicht

Es fanden sich aber auch diejenigen, die den SPD-Politiker in Schutz nahmen. So findet der innenpolitische Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle, die Häme über Sigmar Gabriel sei ein Beispiel für den Grund, warum gute Leute in Deutschland keinen Bock auf Politik hätten. „Einerseits bist Du der lebensfremde Idiot, der angeblich noch nie gearbeitet hat. Andererseits bist Du ein korrupter Idiot, wenn Du dann doch arbeitest“, so Kuhle.

Dabei wird sich der 60-jährige erst am 20. Mai bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank zur Wahl zum Aufsichtsrat stellen. Die Grundvergütung von Aufsichtsratsmitgliedern liegt bei 100.000 Euro im Jahr. Mit den Ausschussgeldern in Höhe von 50.000 bis 100.000 Euro für ein einfaches Mitglied könnte dann Gabriel bis zu 200.000 Euro pro Jahr allein von der Deutschen Bank erhalten.

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