Freitag, April 26, 2024
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„Müssen uns nicht wundern“: Polizeigewerkschafter Wendt liest Merkel Leviten nach Limburg-Anschlag

Der Limburger Lkw-Zwischenfall, vorläufig als Terrorakt eingestuft, hätte laut dem Vorsitzenden der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, nicht verhindert werden können. In einem Sputnik-Gespräch geht er auf die Problematik der islamistischen Gefahr in Deutschland ein und landet dann plötzlich bei Kritik der Migrationspolitik Angela Merkels.

Wenige Tage nach der blutigen Messerattacke im Pariser Polizeipräsidium erhärtet sich nun auch beim Zwischenfall mit einem Lkw im hessischen Limburg der Verdacht, dass es sich wieder um einen Terroranschlag handelt. In Paris hat sich der angestellte Beamte „vollkommen unbemerkt radikalisiert“ und vier Polizisten getötet – in Limburg geht es dagegen offenbar um einen Syrer Anfang 30 mit einem „kriminellen Vorlauf“, also es soll den Sicherheitskreisen zufolge gegen ihn bereits wegen des Verdachts auf Diebstahl, Körperverletzung und Sexualdelikt ermittelt worden sein. 

Gerade da er dabei offenbar keinerlei Bezüge zur Terror- und Salafistenszene hatte, hätte man den Vorfall nicht verhindern können, kommentiert der Chef der deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, gegenüber Sputnik. „Es scheint sich um einen sich radikalisierten Einzeltäter zu handeln, das ist ja ein Albtraum eines jeden Ermittlers, denn man kann da nicht in den Kopf des Menschen hineinschauen.“ Selbst sein offenbar krimineller Hintergrund ist laut Wendt kein Grund zur verstärkten Infokusnahme, denn „es handelte sich um relativ kleine Straftaten“.

Man würde die Behörden völlig überfordern, wenn man jetzt jeden kleinen Straftäter immer im Blick behalten würde, so der Gesprächspartner Sputniks. „Wir müssen stattdessen diejenigen im Blick behalten, von denen wir wissen, dass sie beispielsweise in der Salafistenszene aktiv sind oder von denen Terrorgefahr ausgeht.“

Im Dezember 2016 hatte der islamistische Terrorist Anis Amri einen Sattelzug in eine Menschenmenge auf einem Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert, zwölf Tote und 55 Verletzte waren die Folge. Ist die Bundespolizei seitdem besser aufgestellt? Wendt weist weiter darauf hin, dass viele technische Voraussetzungen und eine zentrale Informationssteuerung sowie ein gemeinsames Terrorabwehrzentrum geschaffen worden wären. Eine gemeinsame Definition für einen Gefährder sei ebenfalls beschlossen worden. Die bestehenden Lücken zwischen einzelnen Behörden, Bundesländern und im Bund sowie eine Zusammenführung von Datentöpfen werden im Projekt „Polizei 2020“ aufgearbeitet, auch die Zusammenarbeit mit französischen sowie mit anderen Polizeien in Europa sei besser geworden.

„Man hat die Große Zuwanderung nicht ausreichend vorbereitet“

Wenn alles so schön organisiert scheint, was wäre dann mit den Fehltritten? Optimal wäre es, erzählt Wendt weiter, wenn „wir in Europa die Erkenntnisse über tausende gefährliche Menschen zusammengefasst hätten, und niemand durch diese Lücken schlüpfen würde“. Und dann geht Wendt plötzlich in die Offensive: „Wenn wir noch jeden Tag Menschen nach Europa lassen ohne Einreisepapiere, dann müssen wir uns nicht wundern, dass die Terrorgefahr wächst.“

Laut Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aus dem Jahre 2017 kamen 60 Prozent aller Flüchtlinge ohne Papiere nach Deutschland. Zu welchem Anteil sie dann aufgenommen worden waren, bleibt unklar, in den Medien sind jedoch viele Fälle dokumentiert.

„Das kann nicht sein, dass Menschen auf Kommunen verteilt werden, Sozialleistungen beziehen und dann vom Radar verschwinden, ohne dass wir wissen, um wen es sich handelt“, sagt Wendt dazu.

Der Experte bemängelt weiter, dass nur wenige EU-Länder Ankerzentren einrichten, sondern die Menschen gleich über die Kommunen verteilen würden. „Man hat die Große Zuwanderung nicht ausreichend vorbereitet. Angela Merkels Satz ‘Wir schaffen das’ war ja fahrlässig“, glaubt Wendt.

In einem Gespräch mit Sputnik France bemängelte der französische Politologe Bassam Tahhan, dass die französischen Sicherheitsbehörden immer noch nicht alles Mögliche unternommen hätten, um den Islam-Faktor im Lande richtig einzuschätzen. Dass sie dabei nicht mit den syrischen Kollegen arbeiten wollen, hält Tahhan für einen Nachteil bei der Terror-Vorbeugung.

„Die Bundespolizei sowie das Bundeskriminalamt sind sehr darauf angewiesen, dass wir unseren Partnern vertrauen können. Eine Zusammenarbeit mit den syrischen Behörden kann es für uns sowieso nicht geben, weil wir eine demokratische Polizei und ein Rechtsstaat sind“, kommentiert der DPolG-Chef weiter aus deutscher Sicht.

Deshalb kann es nur um einen geregelten Informationsaustausch gehen. Wenn man die Risiken nicht ausreichend regeln kann, dann darf man die Menschen nicht einreisen lassen“, sagt der Experte abschließend.

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