Samstag, April 27, 2024
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Päpstlicher Flüchtlingsbeauftragter in Berlin: Wir sollten Menschen einfach begegnen

In der Migrationsdebatte hat sich der Vatikan klar auf der Seite der Flüchtlinge positioniert. Papst Franziskus hat einen Flüchtlingsbeauftragten ernannt, der selbst eine Fluchtgeschichte als Kind erlebte. Pater Michael Czerny kam vergangene Woche aus Rom nach Berlin und hielt vor Gläubigen einen Vortrag. Sputnik konnte Czerny kurz befragen.

Andreas Peter

Michael Czerny wurde in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren und übersiedelte mit seinen Eltern mehr oder weniger freiwillig nach Kanada. Der Anfang war schwer, denn für einen dauerhaften Aufenthalt musste jemand bürgen. Unglückliche Umstände machten ihnen zweimal einen Strich durch die Rechnung – somit musste Czerny hautnah die Verzweiflung und Zukunftsängste seiner Eltern erleben.

Deshalb war es eine beinahe ideale Wahl von Papst Franziskus, als er Czerny zu seinem Flüchtlingsbeauftragten ernannte. Pater Michael Czerny ist sogar mehr als das, denn die Abteilung für ganzheitliche menschliche Entwicklung, die Franziskus im vergangenen Jahr ins Leben rief, ist dem Pontifex so wichtig, dass er alle Fragen von Flucht und Migration sozusagen zur Chefsache erklärt hat. Czerny ist deshalb im wahrsten Wortsinn der Stellvertreter des Papstes.

Michael Czerny nutzte das katholische Hochfest Peter und Paul, um in Berlin auch Gespräche mit Politikern zu führen. Allerdings ließ er über sie in strenger Neutralität nichts verlauten und äußerte sich auch nicht dazu, als er nach seinem Vortrag vor einem restlos gefüllten Auditorium in der Katholischen Akademie in Berlin zwei Fragen von Sputnik beantwortete.

Auf die Frage, mit welcher speziellen Botschaft der Papst die Wichtigkeit begründet, die er der Migrationsfrage in seinem Pontifikat beimisst, erklärte Czerny:

„Ich denke, der vielleicht wichtigste Punkt, den er anführt, ist: Anstatt es als eine große Krise zu betrachten, sollten wir von Menschen sprechen, die uns im Grunde sehr nahe sein können. Oder anders gesagt, wir sollten keine großen Worte benutzen, die uns erschrecken oder paralysieren. Wir sollten Menschen einfach begegnen, Menschen in Not werden uns aus unserer Furcht und Abneigung herausholen. Und zusammen werden wir einen Weg finden. Und ich denke, das ist der Kern seiner Botschaft.“

Dass der Vatikan in einer besonderen Position sei, räumt Pater Michael Czerny ein. Denn als kleinster Staat der Erde komme er nicht in die Verlegenheit, das umsetzen zu müssen, was sein Staatsoberhaupt, der Papst, anderen Regierungen empfehle. Pater Michael Czerny sieht darin dennoch keinen Widerspruch. Die Autorität der päpstlichen Forderungen an andere Staaten erwachse aus der Stellung der Weltkirche, die er vertrete:

„Die Bedeutung wird in jedem Land in den Kirchen transportiert. Der Heilige Vater spricht im Allgemeinen für die Welt und Sie haben Recht, der Heilige Stuhl hat keine Mittel selbst zu implementieren, was er rät. Aber die Kirche in jedem Land kann es. Und sie tut es in vielfältiger Weise. Und wenn es gut funktioniert, in Zusammenarbeit mit anderen, dann ist der Effekt manchmal größer, als es Organisationen alleine schaffen könnten. Sie haben zwar eine Kirche, die vom Heiligen Vater in Rom repräsentiert wird, im Vatikan, aber sie haben eine Kirche, die in jedem Land aktiv ist. Und wie ich in meinem Vortrag sagte, wenn Bischöfe und Kirchen grenzüberschreitend kooperieren, können wir Menschen helfen, Schwierigkeiten zu meistern.“

Dass Czerny mit dieser Sichtweise selbst in der Katholischen Kirche nicht jeden begeistert, verdeutlicht ein skeptischer Artikel über ihn und die päpstlichen Botschaften, die er verkündet, auf dem Internet-Portal „kath.net“. Das erzkonservative Portal wurde eine Weile von der österreichischen Bischofskonferenz finanziert, die aber den Geldhahn zudrehte – weil das Online-Medium politisch immer weiter in ein Spektrum rückte, das in der österreichischen Öffentlichkeit zunehmen kritisch gesehen wurde.

Interview mit Pater Michael Czerny

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