Freitag, April 19, 2024
StartPolitikEuropaReißerisch und lernresistent: „Bild“ kassiert drei von vier Rügen des Deutschen Presserats

Reißerisch und lernresistent: „Bild“ kassiert drei von vier Rügen des Deutschen Presserats

Der Deutsche Presserat rügt das Blatt unter anderem für seine Berichterstattung zum Attentat von Halle, womit sich bild.de zum „Werkzeug des Verbrechers“ gemacht habe.

Auf seinen Sitzungen am 3. und 5. Dezember hat der Deutsche Presserat seine jüngsten Rügen wegen Verstößen gegen den Pressekodex ausgesprochen. Wie immer prominent vertreten: die „Bild“.  

Die erste Rüge kassiert bild.de für seine Berichterstattung über das Attentat von Halle. Konkret wird die Veröffentlichung von Ausschnitten des Videos, das der Täter live ins Internet übertrug, moniert. Zur Begründung für die Rüge heißt es in der offiziellen Pressemitteilung des Deutschen Presserates:

„Die Redaktion verstieß damit gegen Richtlinie 11.2 des Pressekodex, wonach die Presse sich nicht zum Werkzeug von Verbrechern machen darf. In dem Video unter dem Titel ‚35 Minuten Vernichtungswahn‘ ordnete ein Reporter die gezeigten Sequenzen zwar ausführlich ein. Jedoch übernahm die Redaktion die Dramaturgie des Täters, indem sie seine Vorgehensweise chronologisch vom Laden der Waffen bis hin zu den Sekunden vor und nach den Mordtaten zeigte. Bei beiden Szenen konnten die Zuschauer aus der Perspektive des Täters quasi live dabei sein. Diese Darstellung geht über das öffentliche Interesse hinaus und bedient überwiegend Sensationsinteressen.“

Die Bild-Zeitung ist ohnehin einsamer Spitzenreiter, was Rügen vom Presserat angeht – kein anderes Medium in Deutschland verstößt so oft gegen den Pressekodex. Und sie scheint aus ihren Fehlern nicht lernen zu wollen. Erst vor einigen Monaten kassierte das Blatt wegen seiner Berichterstattung zum Attentat von Christchurch eine ganz ähnliche Rüge, weil auf bild.de Sequenzen aus dem Christchurch-Video gezeigt wurden. Der Presserat begründete seine Rüge wie folgt:

„Mit der Veröffentlichung seiner Video-Ausschnitte bot die Redaktion dem Täter genau die öffentliche Bühne, die er haben wollte.“ Damit habe sich bild.de zum Werkzeug des Attentäters gemacht.

„Diese Bilder reichten jedoch, um Assoziationen zu erzeugen, die weit über das berechtigte öffentliche Interesse an dem Geschehen hinausgingen. Auch die detaillierte, dramatisierende Schilderung und drastische Bebilderung im  Begleittext zum Video bedienten nach Ansicht des Beschwerdeausschusses überwiegend Sensationsinteressen.“

Die Veröffentlichung eines Portraitfotos einer bei einem Verkehrsunfall verunglückten Familie bringt der „Bild“ eine weitere Rüge ein. Es habe kein öffentliches Interesse an der identifizierenden Abbildung der Opfer vorgelegen, insofern verstoße die Darstellung gegen den Opferschutz nach Richtlinie 8.2 des Pressekodex, urteilt der Presserat.

Die dritte Rüge erhält die „Bild“ ebenfalls wegen Verstoßes gegen den Opferschutz. Ohne Einwilligung der Angehörigen veröffentlichte die Zeitung ein Bild einer Frau aus Voerde, die von einem Mann vor einen Zug gestoßen wurde und dabei starb. Während die identifizierende Abbildung des Täters sehr wohl von öffentlichem Interesse gedeckt gewesen sei, sei die Veröffentlichung des Bildes des Opfers nicht damit zu begründen, da es sich nicht um eine Person des öffentlichen Lebens gehandelt habe und die Angehörigen der Verwendung des Bildes nicht zugestimmt hätten, so der Presserat.

„Einen groben Verstoß gegen den in Richtlinie 8.2 formulierten Opferschutz sieht das Gremium aber in der Abbildung und Namensnennung der getöteten Frau, da diese weder eine Person des öffentlichen Lebens war, noch ihre Angehörigen der Verwendung zugestimmt hatten. Die Platzierung des deutlich größeren Täterporträts in Machopose neben dem kleineren Foto der Frau ist zudem dazu geeignet, die Angehörigen extrem zu belasten.“

Von den vier im Dezember erteilten Rügen geht lediglich eine an einen anderen Akteur. Der „Südkurier“ erhält wegen des Verdachts einer interessengeleiteten Berichterstattung eine Rüge. Die Zeitung hatte einen freien Mitarbeiter einen Artikel zu einem geplanten Windpark schreiben lassen, dem aufgrund seiner Tätigkeiten als Lokalpolitiker und im Aufsichtsrat der am Windpark beteiligten Stadtwerke ein massiver Interessenskonflikt bei dem Thema zu unterstellen war.

Quelle!:

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »