Donnerstag, April 25, 2024
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Russischer Impfstoff darf dran, so Kommission von der Leyens – aber „nirgendwo in EU außer Ungarn“

Seitdem die nationale Impfstoffbeschaffung in den EU-Ländern in der Corona-Pandemie so gut wie abgeschafft wurde, schließt Brüssel Vorverträge nur mit westlichen Produzenten. Der Wunsch Ungarns, auch den russischen Corona-Impfstoff „Sputnik V“ einzusetzen, hat für Spannungen mit Brüssel gesorgt. Nun lenkt die EU ein.

Dass es Ungarn nun freigestellt wird, auch den russischen Impfstoff zu nutzen, bestätigte der EU-Kommissionssprecher Eric Mamor in einer Pressekonferenz am Montag. Zwar sei die Europäische Arzneimittelagentur EMA für die Zulassung von Impfstoffen zuständig, aber „ein Mitgliedstaat kann sich dazu entschließen, ein Notfallverfahren einzuleiten“. Der Impfstoff dürfe dann außer in Ungarn sonst nirgendwo in der Europäischen Union in Umlauf gebracht werden, sagte Mamor während der Vorstellung der Arbeitsergebnisse im ersten Jahr „von der Leyen Kommission“ (so werden die Ergebnisse ebenfalls auf der Webseite präsentiert – Anm. d. Red.). In der Vergangenheit hatte die EU-Kommission gewarnt, dass das Verteilen von Impfmitteln ohne EU-Zulassung der gemeinsamen Impfstrategie zuwiderlaufen würde.

In „Ausnahmesituationen“ könne ein Mitgliedstaat jedoch eigene Bewertungen vornehmen und auf dieser Basis „zeitweise“ Zulassungen aussprechen, so der Kommissions­sprecher nun. Der Mitgliedstaat sei dann für diese Entscheidung verantwortlich.

Brüssel warnt vor Misstrauen in Impfstoffe – Budapest trotzig

Bisher ist das osteuropäische Land das einzige EU-Mitglied, das Interesse an Impfungen auch mit dem russischen Impfstoff zeigt. Mehr noch: laut einer gemeinsamen Erklärung des russischen Ministers für Industrie und Handel, Denis Manturow, und des ungarischen Außenministers, Péter Szijjártó, von Mitte November wird eine gemeinsame Herstellung von „Sputnik V“ in Ungarn erörtert. Die erste Lieferung von einigen Testdosen ist bereits in Budapest eingetroffen. Noch Mitte November kritisierte ein Vertreter Brüssels die Pläne von Budapest bezüglich des gezeigtrussischen Impfstoffes, dieser würde Sicherheitsbedenken aufwerfen und das Vertrauen in andere potenzielle Impfstoffe schädigen. Der Vertreter des ungarischen Außenministeriums  Tamás Menczer konterte, Ungarn sollte auch nach Osten schauen und mit Russland und China zusammenarbeiten. Kritiker der ungarischen Impfpläne würden lediglich den multinationalen Pharmakonzernen und den „Brüsseler Lobbyisten“ folgen, so Menczer.

An diesem Montag haben die beiden Impfstofferfolgskandidaten Biontech/Pfizer bei der EMA eine Zulassung für den europäischen Markt beantragt. Bis zu 300 Millionen Impfdosen könnten nach der Zulassung innerhalb der EU-Staaten verteilt werden – vor allem in Deutschland. Am selben Tag hat auch der US-Konzern Moderna angeblich als erster die Zulassung seines Corona-Impfstoffes in der EU beantragt. Das Tübinger Unternehmen CureVac lässt noch auf sich warten – in allen drei Fällen handelt es sich um einen mRNA-Impfstoff.

Europäisch vs. nichteuropäisch

„Sputnik V“ wurde dagegen nach der sogenannten Vektor-Methode entwickelt – unter Verwendung von harmlosen Adenoviren. Nach der Erstregistrierung am 11. August durchläuft das Mittel gerade bis Ende des Jahres seine dritte Testphase mit rund 40.000 Probanden. Die zweite Zwischendatenanalyse hat eine Wirksamkeit von über 95 Prozent gezeigt. Die Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichte Daten aus den ersten klinischen Studien zu dem Impfstoff – und dennoch führt die EMA an, für seine Zulassung in Europa nicht über die nötigen Testdaten zu verfügen. Auf einer Pressekonferenz Mitte November legte der Kommissionssprecher Mamor nach, dass es Brüssel ausschließlich um die EU-Produzenten gehe. Was bedeutet das aber für den US-Konzern Moderna? „Europäisch“ wird dieser offenbar durch die Zusammenarbeit mit den Pharma-Herstellern Lonza aus der Schweiz und Rovi aus Spanien.

Auslieferung in Deutschland „innerhalb von wenigen Stunden“

So bleibt der deutsche Impfstoff-Markt in erster Linie auf die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und CureVac angewiesen. Die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat in einer Pressekonferenz am Dienstag erneut um Vertrauen im Zusammenhang mit der schnellen Entwicklung von Corona-Impfstoffen geworben. Bei aller Geschwindigkeit blieben die Prüfungsmaßstäbe auf dem hohen Niveau, das auch sonst bei der Zulassung von Impfstoffen angelegt werde, sagte sie in Berlin. Der Biontech-Finanzvorstand Sierk Poetting bekräftigte dabei, die Mainzer Firma könnte ihren Corona-Impfstoff nach einer Zulassung durch die Behörden „innerhalb von wenigen Stunden“ ausliefern. „Unser Ziel ist es, dass bereits im Januar die ersten Risikogruppen und Pflegebeschäftigen geimpft sind“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Dienstag im Deutschlandfunk. Mit den Ländern sei vereinbart, dass die Impfzentren ab Mitte Dezember einsatzbereit seien.

Und in Russland?

In Russland wird trotz der verbreiteten Behauptungen noch nicht massenhaft geimpft. Laut dem Direktor des Gamaleya-Instituts, also des Entwicklers von „Sputnik V“, Alexander Ginzburg, soll damit im Januar-Februar auf freiwilliger Basis begonnen werden, wobei rund 45.000 Ärzte und Mediziner in den sogenannten „roten Zonen“ bereits geimpft worden sein sollen. Der Kreml erwartet die ersten Impfungen für breitere Massen schon Ende Dezember. Neben „Sputnik V“ sollen in Russland künftig auch „EpiVacCorona“ vom Forschungszentrum „Vektor“ der Verbraucherschutzbehörde Rospotrebnadzor, ein Impfstoff des russischen Tschumakow-Zentrums bzw. ein Impfstoff der chinesischen Firma CanSino Biologics zugänglich sein. Keiner davon gehört zu den teureren mRNA-Impfstoffen, wodurch auch klar wird, warum die westlichen Firmen den russischen Markt wohl nicht attraktiv finden. Zwar standen in Russland jedoch Verträge mit dem britisch-schwedischen Hersteller von Vektor-Impfstoff, AstraZeneca, auf der Agenda. Doch nachdem AstraZeneca nur 62 Prozent Wirksamkeit für seinen Impfstoff gemeldet hat, könnten die Geschäfte ausfallen.

Quelle!:

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