Donnerstag, Mai 2, 2024
StartPolitikEUSeehofers „Signal“ an Schlepper? Was 25 Prozent-Prinzip für Flüchtlingspolitik bedeutet – Experte

Seehofers „Signal“ an Schlepper? Was 25 Prozent-Prinzip für Flüchtlingspolitik bedeutet – Experte

Laut dem Migrationsexperten Kunibert Raffer wird Bundesinnenminister Horst Seehofer die rechtspopulistischen Stimmen in Deutschland begünstigen, wenn er künftig ein Viertel aller im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge unbeschränkt aufnimmt. Die Maßnahme erwog Seehofer zuvor in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Dabei sagte Seehofer (CSU), der noch vor einem Jahr der Kanzlerin Angela Merkel mit seinen Forderungen nach Grenzkontrollen das Leben sauer machte, Deutschland könne „25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen.“ Das werde „unsere Migrationspolitik nicht überfordern“. Zugleich warnte FDP-Chef Christian Lindner Merkel davor, der 25 Prozent-Quote zuzustimmen. Deutschland müsse Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, wenn sie aus EU-Ländern einreisen. Ohne eine andere Politik in Deutschland werde es keine europäische Lösung geben. 

„Allerdings müssen die Leute aus der Lebensgefahr gerettet werden“…

Bisher sind es nur wenige Hundert im Mittelmeer gerettete Migranten, die Deutschland ausnahmsweise aufnimmt. Sollte diese Zahl eines Tages massiv anwachsen? „Ganz klar mag ein dauerhaftes Prinzip die Schlepper in Afrika ankurbeln“, kommentiert der Migrationsexperte aus Wien, Dr. Kunibert Raffer, gegenüber Sputnik. Auch er sieht in Seehofers Vorschlag Parallelen zur Flüchtlingskrise 2015, als aus einer Ausnahmeentscheidung für syrische Flüchtlinge eine übermächtige Herausforderung für die Gesellschaft wurde. „Wobei Frau Merkel damals nur Syrer gemeint hat, aber de facto liess sich sogar ein Deutscher als Asylant anerkennen. Aufnahme ohne Einschränkung und Prüfung führt zum Missbrauch“, verweist Raffer auf den Fall mit einem Bundeswehrsoldaten, der sich Ende 2015 in Hessen als Syrer registrieren lassen hatte und anschließend illegal eine Schusswaffe besorgte. Weder seine deutsche Herkunft noch fehlende Arabischkenntnisse fielen bei der Registrierung offenbar auf. 

„Allerdings müssen die Leute aus der Lebensgefahr gerettet werden“, meint Raffer weiter. Den Begriff „Seenot“ möchte er dabei aber nicht anwenden. Wenn jemand sich zu Hunderten in eine „Luftmatratze“ packe und dann ins freie Meer fahre, dann habe er die Seenot vorprogrammiert und hoffe im Voraus, dass jemand ihn rette.

„Die Einreisebestimmungen in die Länder der EU müssen gelten. Nach der Genfer Konvention können die Menschen, die illegal die Grenze überschreiten, auch verhaftet werden“, sagt der Experte weiter. So sollten die potenziellen Asylbewerber nach der Rettung entweder sorgfältig überprüft oder zurückgebracht werden, glaubt er. 

„Nach Tschechien oder Rumänien will ja fast niemand“

Es lässt sich die Frage stellen, ob Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika ebenso vollberechtigt wären wie die von der Genfer Konvention Anerkannten. Der Ex-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke (die Linke) meinte kürzlich in einem Sputnik-Gespräch, dass Hunger auch ein Fluchtgrund sei. 

„Es gibt viele unangenehme Dinge in Afrika, die auch mich bewegen würden zu emigrieren“, gibt Raffer zu. „Aber die Frage ist, ob deswegen andere Länder mich aufnehmen müssen. Nach Tschechien oder Rumänien will ja fast niemand. Sie wollen aber nach Österreich, Deutschland und Schweden, wo sie voll versorgt werden.“ Es wäre für diese Länder viel besser, sich gegen die Fluchtursachen zu engagieren. Aber für ökonomische Veränderungen in Afrika brauche man Jahrzehnte. „Bis dahin müssten die eigenen Grenzen aus meiner Sicht geschützt werden.“

Bis August 2019 haben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zufolge insgesamt 114.165 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Im Jahr 2018 wurden im Lande 41.368 von den insgesamt 158.853 Asylanträgen anerkannt. Geduldet wurden zugleich 25.055 Personen. Im Vergleich dazu hatte Tschechien 2018 nur 47 von insgesamt 1701 Anträgen anerkannt. In Rumänien hatten 2018 nur 2069 Flüchtlinge um Asyl gebeten.

Man könnte glauben, die neue Maßnahme der deutschen Flüchtlingspolitik könnte die Positionen der Rechten in Italien schwächen. Jedoch schließt Raffer nicht aus, dass dies zugleich die AfD-Positionen stärken könnte. „Wenn man ohne Überprüfung die Leute einfach als Flüchtlinge ins Land herein lässt, dann kriegt man auch die, die man aufgrund ihrer kriminellen Vergangenheit nicht hereinlassen sollte“, mahnt der Migrationsexperte. Wenn diese Leute dann im Inland kriminelle Energien entwickeln würden, dann gebe es ein negatives Feedback. „Und dieses Feedback begünstigt rechte Parteien, weil die Leute dann das Gefühl haben, dass ihre Sorgen nicht ernst genommen werden.“ In der Genfer Konvention gebe es genaue Beschreibungen, wer Flüchtling sei. Viele Leute, auch die im Mittelmeer, würden im Großen und Ganzen der Konvention nicht entsprechen, sagte der Experte abschließend.

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