Seit Tagen wird in Deutschland die umstrittene Broschüre für Kita-Erzieher diskutiert: Diese bietet Tipps für den Umgang mit rechtsradikalen Eltern. Mit der Broschüre hat sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) viel Kritik eingehandelt. Auch im Netz findet die Initiative eher wenig Unterstützung.
Die kritisierte Broschüre trägt den Titel „Ene, mene, muh – und raus bist du!“ Sie stammt von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus engagiert.
In einem fiktiven Fallbeispiel aus dem Leitfaden lädt ein Kind, dessen Eltern einer „rechtsextremen Kameradschaft“ angehören, andere Kinder zu einer Geburtstagsparty ein. Die besorgten Eltern der eingeladenen Kita-Freunde bitten die Erzieher um Rat.
„Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe, es wird zu Hause zu Haus- und Handarbeiten angeleitet, der Junge wird stark körperlich gefordert und gedrillt. Beide kommen häufig am Morgen in die Einrichtung, nachdem sie bereits einen 1,5-Kilometer-Lauf absolviert haben“, heißt es in der Broschüre laut dem Portal „Bento“.
Dieser Satz sorgte jedoch für viel Empörung: Er weckt bei manchen nämlich den Eindruck, dass rechtsextreme Eltern sich anhand des Aussehens ihrer Kinder erkennen ließen.Von einer „Gesinnungsschnüffelei“ sprach der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Hier wird zu einer Gesinnungsschnüffelei aufgerufen, wie sie zuvor der AfD wegen ihres „Lehrer-Prangers“ vorgeworfen worden war.“
Die CDU-Politikerin Nadine Schön, Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, ist über die Broschüre ebenfalls entsetzt:
ErzieherInnen sollen unsere Kinder betreuen, bilden und Werte vermitteln, nicht aber die politische Gesinnung der Eltern überprüfen und korrigieren. Die Broschüre enthält absurde Vorschläge. Bitte sofort einstampfen, @BMFSFJ ! https://t.co/4yePdqKw0f
— Nadine Schön (@NadineSchoen) November 28, 2018
Traditionelle Geschlechterrollen könnten ein Hinweis auf eine „völkische Familie“ sein, soll es in der Broschüre weiter heißen.
Erzieher sollten laut dem Leitfaden die Eltern gegebenenfalls zum Gespräch bitten und ihnen erklären, dass „autoritäre und geschlechterstereotype Erziehungsstile die vielfältigen Möglichkeiten von Kindern einschränken und Entwicklungen erschweren“.
Bundesfamilienministerin Giffey verteidigte dagegen in ihrem Vorwort diese „Handlungshinweise“. Anlass für die Broschüre sei der „deutliche Anstieg rechtspopulistischer Bewegungen“, die auch vor Kitas nicht Halt machten, schreibt sie.
„Solche Erziehungsmethoden gab es zuletzt in der DDR. Und die Dame will unsere Kinder wieder im Sinn des Sozialismus erziehen lassen? Sind wir in Deutschland an einem Punkt angekommen, wo alles, was nicht weit links ist, automatisch zu rechts wird?“, lautet einer der zahlreichen Kommentare unter einem Focus-Artikel.
„Wir „Ossis“ hatten im Oktober 1989 die Hoffnung, einen Freien Demokratischen Staat zu kommen! Diese Hoffnungen sind alle den Bach runtergegangen! Die Stasi hat uns voll im Griff! Wir sind alle auf Geheiß der Politik „Rechte Nazis“! Was ist in diesem Land eigentlich FAUL?“, schrieb ein weiterer Nutzer.
„Das, was nun vom Staat, der Bundesregierung befohlen wird, die Erzieher sollen die Kinder und Eltern auf ihre Gesinnung kontrollieren!? So etwas gab es nur bei der STASI in der DDR!“
Auch auf Twitter hagelte es Kritik:
Ihre blonde Tochter trägt Zöpfe? Ihr Sohn treibt Sport? Dann sind Sie Nazi und müssen verpfiffen werden – von der Kindergärtnerin. Fordert eine neue Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung und des Bundesfamilienministeriums (SPD). https://t.co/einjenu0XY
— Roland Tichy (@RolandTichy) November 28, 2018
fett werden gegen rechts https://t.co/Q8N9trueA8
— Roman Möseneder (@dieserRoman) December 1, 2018
Das ist stimmig: blonde Zöpfe und Sportlichkeit sind laut Broschüre von SPD-Ministerin #Giffey total nazi, da bleibt für aufrechte Linke nur die Fettleibigkeit
Bisschen beunruhigend, wie viele Menschen den Unterschied nicht verstehen zwischen:
Das Mädchen trägt Kleid und Zöpfe, weil seine Eltern Nazis sind ✅
Weil das Mädchen Kleid und Zöpfe trägt, sind seine Eltern Nazis ❌#KitaBroschüre
— Stefan Niggemeier (@niggi) December 1, 2018
Nein sorry diese Broschüre ist wirklich gequirlter bullshit. Da wurde absichtlich oder unabsichtlich provoziert und wird nun seine Wirkung komplett verfehlen. Weil es kein normaler Mensch ernst nimmt.
Es gäbe soviele Ansatzpunkte. Aber Zöpfe und Sport… sind keine. Niemals.
Jetzt wirds absurd.
Dann sind bei uns in der Kita die Erzieherinnen Nazis weil sie meiner Tochter immer Zöpfe geflochten haben?
Bei den Kindern muss schluß sein.Diskriminierung in jeder Form is Scheiße.Egal ob von Links oder Rechts…https://t.co/uqKkrNK55W— Uriel29?? (@Uriel2911) December 1, 2018
Jetzt verteidigt Giffey die umstrittene Kita-Broschüre https://t.co/OeuYf3bu1S pic.twitter.com/risHjNHzaT
— WELT (@welt) November 30, 2018
Ich, als Mutter von zwei blonden Mädchen, die gern mal Zöpfe tragen und mit Puppen spielen, fühle mich angesichts dieser Broschüre sehr unwohl! Verfolgung aufgrund des Aussehens? Das sollte gerade diese Stiftung aber besser wissen.
Der Jugendstadtrat in Berlin-Neukölln hat von der Nutzung der Broschüre abgeraten. Falko Liecke (CDU) bemängelte der „Berliner Zeitung“ zufolge: „In Neukölln sehen wir eher ein Problem mit religiösem Extremismus, wenn Kinder beispielsweise zum Tragen des Kopftuches genötigt oder Zwangsehen schon im Kindesalter arrangiert werden. Auch die Indoktrination durch Linksextremisten ist eine Gefahr.“
Quelle!: #zaronews