Freitag, April 26, 2024
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Totgesagte leben länger – Matteo Salvini demütigt Italiens Linke bei Regionalwahl in Umbrien

Während in Deutschland die Analysen und Auswertungen nach der Landtagswahl in Thüringen auf Hochtouren laufen, um das erhebliche Erstarken der AfD zu erklären, hat in Italien ein ähnlich Verfemter die politische Klasse gedemütigt. Die Lega unter Matteo Salvini fegte das bislang regierende Mitte-Links-Bündnis in der Region Umbrien regelrecht hinweg.

Als Matteo Salvini im August das Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung aufkündigte, spekulierte er auf Neuwahlen, nicht nur wegen der seinerzeit beeindruckend guten Umfragewerte für die Lega, sondern vor allem, weil das Oppositionslager zu tief zerstritten schien, um gemeinsam gegen Salvini und die Lega aufzutreten. Doch überraschend einigten sich die Sterne und die sozialdemokratische PD (Partito Democratico) auf eine neue Regierung. Mit mehr oder weniger triumphierendem Unterton berichteten auch deutsche Medien über „Salvinis Dummheit des Jahres“ (Süddeutsche Zeitung), „Was von Salvini bleibt“ (Zeit), „Der Verlierer heißt Matteo Salvini“ (Tagesspiegel), „Salvini hat sich verzockt“ (Bild), „Salvini ist raus“ (Neues Deutschland), „Wenn es still wird um la bestia“ (Cicero).

Das Phänomen und Faktum von Matteo Salvini und der Lega wurde primär versucht zu erklären mit einer ausländerfeindlichen, rechtsgerichteten und natürlich europafeindlichen Grundhaltung aller Wählerinnen und Wähler dieser Partei und ihres Vorsitzenden. Andere Erklärungsversuche, die daran erinnerten, dass die Erfolge der Lega eventuell auch mit der Unzufriedenheit und Ablehnung der Politik der anderen und ihrem Umgang mit Kritik an dieser Politik zu tun haben könnten, wurden entweder ignoriert oder lächerlich gemacht oder ebenfalls diffamiert.

Beobachter dieser Vorgänge fühlten sich an die AfD und Deutschland erinnert, wo ebenfalls die Mehrheit der Analysten und Kommentatoren die Ansicht vertreten, die Erfolge der Alternative für Deutschland (AfD), wie zuletzt in Thüringen, würden ihre Hauptursache im xenophoben und rechtradikalen Denken der Wählerinnen und Wähler haben. Denn, so die gängige Argumentation, wer eine Partei wähle, die mit einem Spitzenkandidaten wie Björn Höcke antrete, der laut Urteil des Verwaltungsgerichtes Meiningen ganz legal als „Faschist“ bezeichnet werden darf, weil die durchaus ehrverletzende Bezeichnung zwar geeignet sei, einen politische Kontrahenten in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, aber Zitate aus einem Höcke-Buch und Medienveröffentlichungen eine nachvollziehbare Tatsachengrundlage bilden würden, solche Wählerinnen und Wähler seien eben auch rechtsradikal.

Dass es eventuell auch andere Gründe für die Wahlentscheidung geben könnte, dass eventuell die Politikangebote der anderen Parteien nicht überzeugen, wird mit dieser Argumentation weggeblendet. Das gleiche Szenario spielt sich auch immer wieder im Zusammenhang mit der Lega und Matteo Salvini ab. Vor allem wurde er angegriffen, als der mit Sicherheit wütende und enttäuschte Salvini die neue Sterne-PD-Regierung umgehend attackierte und ihr mit Referenden, aber vor allem mit für sie schrecklichen Wahlergebnissen bei anstehenden Regionalwahlen drohte. Diese Drohungen wurden erst einmal belächelt beziehungsweise die Lega und Salvini schon mal für abgeschrieben erklärt.

Die Tageszeitung „Welt“ aus dem Hause Springer etwa frohlockte in einem Artikel „Salvinis letzte Chance“ (20.10.2019) über die Aussichten für die Lega und ihren Vorsitzenden bei den Regionalwahlen in Umbrien: „Seit seinem Abgang poltert Salvini gegen die gelb-rote Regierung und fordert täglich, ‚den Italienern das Wort zurückzugeben‘. Doch da muss er wohl auf die nächsten Wahlen 2022 warten. Ein Problem, da seine Popularität sinkt, seit er die Regierung verlassen hat.“

Nun zeigt sich, die Lega ist weder tot noch ihr Vorsitzender. Auch wenn er gar nicht zur Wahl stand. Aber spätestens seit der Großkundgebung in Rom, etwa eine Woche vor der Wahl in Umbrien, hätten alle gewarnt sein können, dass mit Salvini nach wie vor zu rechnen ist. Denn nicht nur die riesige Teilnehmerzahl der Demonstration in Rom sprach Bände (Schätzungen kursierten um die Marke 100.000), die Umfragewerte für die Lega-Kandidatin in Umbrien, Donatella Tesei lagen konstant deutlich über der Marke von 50 Prozent. Letztlich hat sie mit 57 Prozent die Wahl zur Regionalpräsidentin überdeutlich für sich entschieden. Die Lega siegte darüber hinaus im Regionalparlament mit 37 Prozent. Und das bei einer Rekordwahlbeteiligung, die mit mehr als 64 Prozent fast neun Prozentpunkte höher lag als bei der vorangegangenen Abstimmung 2015.

Der Wahlsieg in Umbrien ist nicht nur deshalb so verheerend, weil diese Region seit den 70er Jahren praktisch ununterbrochen politisch links regiert wurde. Der Sieg von Lega und Salvini ist auch ein so eindeutig offensichtliches Warn-Signal nach Rom an die dortige Sterne-PD-Koalition, dass niemand dort die Niederlage auch nur im Ansatz klein zu reden versuchte, sondern kleinlaut eingestehen musste. Entsprechend entsetzt und besorgt kommentieren die italienischen Medien die Wahlnacht von Umbrien. Ein Comeback Salvinis auf der nationalen Politikbühne Italiens wird jedenfalls deutlich weniger höhnisch oder spöttisch gesehen, als noch vor einer Woche.

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