Freitag, April 26, 2024
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„Treffen von Extremisten“ – Bundestagsabgeordnete kritisiert Sicherheitskonferenz

Rund 6.000 Menschen haben am Samstag in München mit einer Protestdemonstration deutlich gemacht, was sie von der 56. Münchner Sicherheitskonferenz (MSK) halten. Unter dem Motto „Gegen Krieg und Umweltzerstörung“ wandten sie sich gegen das Treffen im „Bayerischen Hof“ als eines von Kriegstreibern und Rüstungsgewinnlern.

„Im ‚Bayerischen Hof‘ reden sie von Frieden, gar von Frieden durch Dialog. Aber in Wirklichkeit stehen sie für Krieg, für Völkerrechtsbruch und für eine Politik der Stärkeren.“ So deutlich kritisierte Sevim Dagdelem, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, am Samstag die noch bis Sonntag andauernde 56. Münchner Sicherheitskonferenz (MSK). Sie sagte das bei der Abschlusskundgebung des traditionellen Protestes der Friedensbewegung mit rund 6.000 Menschen  gegen die Konferenz.

Zu dieser kamen drei Tage lang mehr als 500 Staatschefs, Minister, Politiker, Vertreter aus Rüstungskonzernen und anderen Unternehmen sowie von internationalen Organisationen zusammen – gesponsert von einer Reihe von Rüstungskonzernen. Dagdelem äußerte neben dem Friedensaktivisten Reiner Braun deutliche Kritik an einer ganzen Reihe von auf der MSK gehaltenen Reden sowie an der westlichen Politik.

Die deutsche Bevölkerungsmehrheit sei gegen den weiteren Aufrüstungskurs und gegen noch mehr Bundeswehreinsätze im Ausland sowie Rüstungsexporte, so die linke Politikerin.

„Im ‚Bayerischen Hof‘ versammeln sich die Extremisten. Sie stehen für extreme Minderheitenpositionen in unserem Land und schotten sich ab vor der Bevölkerung. Sie verschanzen sich hinter Absperrgittern und einem riesigen Polizeiaufgebot. Man möchte Ihnen zurufen: Wovor habt Ihr eigentlich Angst?“

„Nicht in unserem Namen!“

Dagdelem kritisierte scharf Aussagen von Bundesaußenminister Heiko Maas auf der MSK für mehr deutsche militärische Einsätze in der Welt. „Nicht in unserem Namen!“, kommentierte sie das. Einsätze der Bundeswehr wie im Irak, in Syrien oder Mali sorgen aus ihrer Sicht mit dafür, dass in diesen Ländern nur der Nährboden für neuen Terrorismus geschaffen wird. Die Unterstützung der französischen Truppen in Mali durch deutsche Soldaten nannte sie „abenteuerlich und größenwahnsinnig.“

Zur Warnung des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier auf der MSK vor dem „Egoismus von Großmächten“ meinte sie, dass auch seine Rede „so viel Heuchelei“ enthalten habe.

„Wer sich wie Steinmeier hinter ein Aufrüstungsziel der Nato stellt und dazu aufruft, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Ausgaben für Militär und Rüstung auf zwei Prozent des BIP vergrößert – was denn sonst als G

Die anvisierten zwei Prozent würden rund 85 Milliarden Euro ausmachen, erinnerte Dagdelem. Damit wäre die Bundesrepublik die größte Militärmacht in Europa, warnte sie. Zugleich sagte sie, an den verhafteten WikiLeaks-Gründer Julian Assange erinnernd: „Nicht diejenigen, die Kriegsverbrechen veröffentlicht haben, gehören hinter Gitter, sondern die, die sie begangen oder zu verantworten haben!“

„Lügenhafte Politik“

Die Linkspartei-Abgeordnete warf den auf der MSK Versammelten, allen voran den US-Politikern, „lügenhafte und menschenverachtende Politik“ vor. Zu jenen, die mit Dagdelem gegen die Sicherheitskonferenz demonstrierten, gehörten die beiden 16-jährigen Zwillinge Vera und Romy aus München.

„Weil wir uns ganz klar gegen Krieg und Aufrüstung positionieren wollen und weil die Bundesregierung Krieg unterstützt“, begründete Vera das gegenüber Sputnik.

Über das Thema Krieg seien nicht so viele informiert wie über Umwelt, erklärte sie die Tatsache, dass auch am Samstag nur wenige jüngere Menschen mit protestierten. Die Medien würden mehr über die Umweltprobleme berichten. „Viele können sich gar nicht vorstellen, was Krieg bedeutet“, ergänzte Romy.

Proteste gegen die MSK gebe es eigentlich von Anfang an, sagte Thomas Rödl von der mitorganisierenden Münchner Gruppe der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK). Die Demonstrationen durch das Zentrum der bayrischen Hauptstadt haben nach seinen Worten Anfang der 2000er Jahre begonnen, aus Anlass der US-Kriege gegen Afghanistan und den Irak.

Motorradclub „Kuhle Wampe“ an der Spitze

Rödl gestand ein, dass die Zahlen von 30.000 Teilnehmenden in den letzten Jahren nicht mehr erreicht worden sind. Sie würden sich inzwischen immer um die 5.000 bewegen. Und so schien es auch an diesem sonnigen Samstag, als würden deutlich mehr Menschen durch die Einkaufsstraßen schlendern als sich an der Demo beteiligen. Viele lehnten es ab, die Zettel mit dem Aufruf gegen die MSK auch nur anzugucken.

Karin und Klaus von Motorradclub „Kuhle Wampe“ aus Nürnberg waren dagegen 150 Kilometer gefahren, um in München mit zu protestieren. Ihr Club fuhr mit zehn Motorrädern an der Spitze des Demozuges. „Die Aufrüstung muss endlich ein Ende haben“, erklärte Klaus, warum er seit Jahren dabei ist.

„Abrüstung muss das Thema und der einzige Tagesordnungspunkt auf der Sicherheitskonferenz sein. Abrüsten, und zwar alle!“

Solange Unternehmen und Regierungen an den Waffen verdienen, werde sich das nicht ändern, befürchtet der Motorradfan. „Da muss man auch ansetzen, dass das endlich mal aufhört, dass nur nach dem Profit getrachtet wird“, sagte er, bevor er sich mit Karin auf seine Maschine schwang.

„Irrationale Politik des Westens“

Zur Demo hatte in diesem Jahr wieder das „Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ um den Friedensaktivisten Claus Schreer gemeinsam mit anderen Gruppen und Organisationen aufgerufen. Das Spektrum der Teilnehmenden reichte von der Linkspartei und der DKP über Flüchtlings- und kirchliche Gruppen sowie Kurdistan-Unterstützende bis zu Friedens- und linken Splittergruppen.

Der Anti-MSK-Protest habe sich auch in diesem Jahr gegen die dominierende westliche Politik, Macht, Einfluss und Ressourcen mit Militär zu sichern, gerichtet, sagte Mitorganisator Rödl von der DFG-VK gegenüber Sputniknews.

„Wir bestreiten die Rationalität dieser Politik. Wir meinen, dass wir die Ressourcen und Steuergelder für vernünftige Politik ausgeben sollten.“

Das betreffe auch die Umweltpolitik, anstatt neue Ölquellen zu erobern.

Die neuen Krisen und Konflikte würden zeigen: „Diese herrschende Sicherheitspolitik hat keinen Plan und kein Konzept, wie man wirklich zu Frieden kommt.“ Rödl meinte, wenn auf der MSK zum einen mehr Frieden und Sicherheit gefordert werde, sei das angesichts des außerdem angegebenen Zwei-Prozent-Rüstungsziels der Nato unlogisch. Das Konzept für Friedenssicherung könne nur heißen:

„Verhandlungen statt Interventionen, keine Drohnen-Morde, keine Waffenexporte und kein Geld für Söldnertruppen, um Regime zu stürzen.“

Gegen Konfrontation mit Russland

„Schluss mit dem brandgefährlichen Konfrontationskurs und dem Truppenaufmarsch gegen Russland“ – das gehörte auch in diesem Jahr zu den zentralen Forderungen der Demo. Nicht nur Linkspartei-Politikerin Dagdelem erklärte dabei, „Frieden in Europa kann es nur mit und nicht ohne Russland geben“. Das drückte eine Reihe von Menschen mit zum Teil selbstgemalten und -geschriebenen Transparenten aus.

Für Jevgenija Belenko war das ebenfalls erneut Grund, bei der Demo dabei zu sein. Die junge Ukrainerin lebt mit ihren Eltern seit sechs Jahren in Deutschland und arbeitet inzwischen im Regionalbüro Süd der Linkspartei. „Ich bin Ukrainerin und fühle mich aber wie eine Russin“, erklärte sie. Ihre Familie habe im Grenzgebiet zwischen der Ukraine und Russland gelebt.

„Ich mag Russland und auch die Ukraine. Ich bin gegen die Sanktionen gegen Russland.“ Auf der Demo sagte sie:

„Wir brauchen Frieden und keinen Krieg, egal wo. Die Ukraine und Russland sind ein gemeinsames Volk. In der Welt muss Frieden sein!“

Sie nehme jedes Jahr an der Protestdemonstration gegen die MSK teil.

Linke Bundestagsabgeordnete aktiv dabei

„Ich will keinen Krieg gegen Russland, keinen Krieg gegen den Iran und auch nicht gegen die Ukraine“, begründete Jevgenija ihr Engagement. Das würden auch viele ihrer Freunde aus Russland und aus der Ukraine so sehen.

Unter den Demonstranten waren gleich vier Bundestagsabgeordnete der Linkspartei: neben Dagdelem Heike Hänsel, Alexander Neu und Andreas Wagner. Sie gingen an der Spitze der Demo – und wurden nicht von anderen bundesdeutschen Parlamentariern begleitet. Die waren zwar auf der MSK anzutreffen, wie Neu gegenüber Sputniknews berichtete, hatten aber anscheinend keinen Grund, zu protestieren, auch nicht die im „Bayerischen Hof“ anwesenden Vertreter der AfD.

Am Rand der insgesamt friedlichen Demo hat Agenturberichten zufolge ein aus dem Irak stammender Münchner versucht, sich selbst zu verbrennen. Den Angaben zufolge konnten Polizeibeamte das aber sehr schnell verhindern und den Mann in ein Krankenhaus bringen.

st denn das, wenn man so massiv aufrüstet.“

Quelle!:

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