Was haben Bill Clinton, Uwe Barschel und Martin Schulz gemeinsam? Sie waren Politiker, und sie haben öffentlich gelogen – um ihre eigene Macht zu erhalten. Im Fall des Noch-SPD-Chefs Schulz hatte das nun Konsequenzen, auch weil es so offensichtlich und durchschaubar war. Gut so. Und nun?
Autor: Marcel Joppa
Ein Politiker will seine Macht erhalten – das ist keine große Überraschung. Wird er dabei ertappt, hat das früher oder später meist Konsequenzen. Die Konsequenz im aktuellen Fall ist, dass besagter Politiker den Hut nimmt.
Gabriel erst weinender, nun lachender Dritter?
Sauer war übrigens auch Ex-Parteichef Sigmar Gabriel. Er sprach öffentlich von „gebrochenen Versprechen“, lässt aber offen, wen er genau meinte. Es liegt aber auf der Hand, dass sich Gabriel von seinem Nachfolger Schulz hinters Licht geführt fühlte. Laut Medienberichten hatte Gabriel Anfang 2017 nur deshalb auf SPD-Vorsitz und Kanzlerkandidatur verzichtet, weil Schulz ihm dafür das Außenministerium in Aussicht stellte – auch über das Jahr 2017 hinaus.
Bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union saß Gabriel als SPD-Experte für Außenpolitik mit am Tisch. Auf dem abschließenden Selfie der SPD-Spitze sah man ihn dagegen nicht mehr. Nun dürfte er sich ins Fäustchen lachen.
Immerhin, Vizekanzler sollte Martin Schulz nicht werden. Das wird – vorausgesetzt, die SPD-Basis stimmt dem Koalitionsvertrag zu – Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. In Sachen Machterhalt ist auch er erprobt.
Da muss man es der SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles fast schon hoch anrechnen, dass sie bei ihrer Aussage bleibt und kein Ministeramt übernimmt. Nun gut, dafür wird sie von Martin Schulz den Posten als SPD-Vorsitzende bekommen. Aber hatte Nahles nicht nach der Bundestagswahl gegenüber der Union getönt, als Oppositionsführerin die Bundesregierung „zu bearbeiten“?
Friedrich Merz, einst Fraktionsvorsitzender der Union, verschwand nach einem Machtkampf mit Angela Merkel in der politischen Bedeutungslosigkeit. Ebenso die CDU-Generalsekretäre Laurenz Meyer und Ronald Pofalla. Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber wurde von Merkel nach Brüssel verfrachtet, ebenso Günther Oettinger, ehemals CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch legte sich einmal zu viel mit der Kanzlerin an und verschwand.
Der Abstieg in die politische Bedeutungslosigkeit?
Nun verschwindet auch Schulz. In der Bevölkerung kamen sein Schlingerkurs und der angestrebte Wechsel ins Bundeskabinett gar nicht gut an. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage wollen 61 Prozent der Befragten, dass Sigmar Gabriel Außenminister bleibt. Elf Prozent sähen gern Ursula von der Leyen an der Spitze dieses Ministeriums – erst danach folgt mit zehn Prozent Martin Schulz als Wunschkandidat.
Laut Medienberichten gab es deshalb von der SPD-Spitze ein Ultimatum an Schulz, bis Freitagnachmittag auf das Außenamt zu verzichten. Die Unzufriedenheit an der SPD-Basis war den führenden Genossen zu heikel, vor allem mit Blick auf den kommenden Mitgliederentscheid. Die Zustimmung der Genossen zum Koalitionsvertrag sei ihm wichtiger als seine persönlichen Ambitionen, so Schulz als Reaktion.
Dann doch eher ein Wechsel in die Wirtschaft. Wenn es Ronald Pofalla zum Aufsichtsratsmitglied bei der Deutschen Bahn gebracht hat, dann wäre für Schulz doch mindestens die Deutsche Bank drin. Die hatte zwar jüngst Verlust gemacht, ihren Top-Managern aber trotzdem dicke Boni ausgezahlt. Oder Schulz wechselt zu Airbus, vielleicht kann Emmanuel Macron ein gutes Wort für ihn einlegen.
Vielen Dank, mach’s gut, auf Wiedersehen.
Die SPD-Mitglieder dürfen jetzt jedenfalls über einen Koalitionsvertrag abstimmen, den jemand ausgehandelt hat, der ihn zunächst gar nicht wollte, dann gegen Widerstände verteidigt hat und nun geht. Glück auf, Genossen. In eurer Haut möchte ich nicht stecken. Immerhin wart ihr es, die Martin Schulz vor einem Jahr mit 100 Prozent zum Chef gewählt habt. Jetzt müsst ihr da durch.