Sonntag, Mai 5, 2024
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Vernunft über Herz oder doch besser andersherum? Netz diskutiert über Habecks Vorstoß

Pünktlich zu Weihnachten hat der Grünen-Vorsitzende, Robert Habeck, Deutschland eine lebhafte Debatte beschert. Sein Vorstoß, Tausende Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland zu holen, scheint einigen Menschen das Herz zu rühren, andere lässt es kalt – denn wer soll das alles bezahlen? Das ist nur eine von den Reaktionen im Netz.

„Holt als erstes die Kinder raus“, hat der Parteivorsitzende vor Kurzem in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gesagt. Auf den Inseln drängten sich etwa 4000 Kinder, darunter „viele Mädchen, viele zerbrechliche kleine Menschen“, so Habeck weiter. Schnelle Hilfe sei ein „Gebot der Humanität“.

Seine Aufforderung galt der Bundesregierung und war eine Reaktion auf die alarmierenden Zustände in den Flüchtlingscamps auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos. Nach Angaben aus Athen sind in den dortigen Flüchtlingslagern um die 40.000 Menschen untergebracht, obwohl nur Platz für rund 7500 Menschen ist. Die Lage gerate zunehmend außer Kontrolle.

Laut Habeck haben Länder wie Berlin und Thüringen bereits erklärt, dass sie dazu bereit sind, Kinder aus den Flüchtlingslagern aufzunehmen.

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht – an dem Vorschlag des Grünen-Vorsitzenden gab es auch reichlich Kritik vonseiten deutscher Politiker.

Stimmen dagegen

Nun scheiden sich an Habecks „Gebot der Humanität“ nicht nur in der Politik die Geister. Auch die Nutzer der sozialen Plattformen Twitter und Facebook haben ihre Meinungen geäußert. Unter den Beiträgen zu Habecks Idee fanden sich zahlreiche Kommentare.

„Wen interessiert was Habeck will? Oder gab es zwischendurch Neuwahlen und ich hab davon nichts mitbekommen?“, meinte jemand kurz.

Einigen war der Vorstoß offenbar zu viel der Nächstenliebe. Sie schlugen Robert Habeck vor, selbst anzupacken: „Soll er doch seine Sachen packen und ‚Vorort‘ Hilfe leisten“, hieß es empört in einem Kommentar.

Mit gutem Beispiel voranzugehen, forderte von dem Grünen-Politiker auch ein anderer Twitter-Nutzer.

„Hoffentlich lese ich heute noch die Schlagzeile, dass Herr Habeck 10 Kinder aufgenommen hat. Ebenso wie die restliche Grünenspitze. Dann denke ich mal, dass ich diesem Herren Respekt zolle. So aber !!! Nur blubbern und nix zustande bringen. Anpacken! Nicht fordern, liebe Grüne.“

Anderen bereitet die mögliche Steuerlast, die mit einer solchen Hilfemaßnahme zur Rettung von Flüchtlingskindern einhergehen könnte, sichtlich Sorgen. „Dann soll er aber diese alle selber bezahlen, die Grünen spinnen schon wieder“, kritisierte jemand.

„Wir schaffen das schon. Dann noch schnell Mieten deckeln, Häuser enteignen, Verbrenner, Kohlekraftwerke und Atomkraft verbieten und Besserverdienende ab 20t€ mit Vermögenssteuer belegen. Bei der anschließenden Suche nach denen, die das bezahlen sollen wird es dann schwierig!“, brachte ein anderer Twitter-Nutzer seinen Unmut auf den Punkt.

Einige zeigten sich gegenüber der Flüchtlingspolitik ablehnend, wie in dem nächsten Kommentar zu sehen ist: „Und tausende Familienangehörige dazu. Nichts gelernt aus 2015 und all den Problemen danach.“

„Trotz Weihnachtszeit hat die Vernunft zu siegen – und die sagt Nein“, schrieb jemand anders. In einem weiteren Kommentar überwog ebenfalls der Zweifel, der mit einem bekannten Zitat untermauert wurde: „Da sollte sich Herr Habeck mal an die Worte unseres Altbundespräsidenten Gauck erinnern , der mal sagte : Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“

Stimmen dafür

Bei all dem Unmut gab es aber auch Zuspruch für Robert Habecks Idee. „Ich bin dabei“, kommentierte jemand lakonisch. Dafür war auch ein anderer Twitter-Nutzer, aber er stellte eine Bedingung, an deren Ende er ein Weihnachtsmann-Emoji setzte: „Privat und ohne den Steuerzahler zu plündern, kann er von mir aus loslegen.“

Andere wiederum stellten die Not der Kinder in den Vordergrund: „Wir müssen den Menschen helfen – das ist unsere verdammte Pflicht.“ Eine Frau schrieb, es sei eine Schande, dass es Menschen gebe, die die Rettung von Kindern ablehnten. Darauf wünschte sie allen Fröhliche Weihnachten.

Ein moralischer Standpunkt wurde auch im nächsten Kommentar eingenommen: „Das ‚Innminesterium‘ soll sich schämen und darauf hoffen, das selbst dort niemand in eine solche Situation gerät!“

„Dieselben ‚christlichen bürgerlichen‘ Mitbürger, die diese Kinder im konkreten Fall lieber verrecken lassen als zu helfen, gehen morgen in die Christmette und hören ganz gerührt den Predigten über Nächstenliebe und Barmherzigkeit zu. Scheinheilig und erbärmlich ist das!“, hielt sich jemand anders mit seiner Kritik an seinen Mitbürgern nicht zurück.

Jemand fand den Vorschlag zu helfen nicht schlecht, hatte aber für dessen Umsetzung eine bessere Idee.

„Eine humanitäre Geste. Effektiver wäre eine Unterstützung in den Ankunftsländern, z.B. durch bauen vernünftiger Unterkünfte. Die Kinder sollten nicht von ihren Familien getrennt werden. Nebenbei sollten auch hierzulande vernünftige Unterkünfte entstehen, für nachkommende Leute.“

Was sagen Politiker

Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg zum Beispiel bezeichnete seinen Vorstoß als eine „PR-Aktion kurz vor Weihnachten“, die nicht helfe, das Fluchtproblem verantwortungsvoll zu lösen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries mahnte derweil, unter keinen Umständen dürfe zugelassen werden,  „dass erneut Fehlanreize geschaffen werden, die neue Migrationswellen nach Deutschland auslösen“. Auch der  CDU-Innenpolitiker Armin Schuster warnte vor „unkalkulierbaren Folgen“ einer massenhaften Aufnahme.

Das Bundesinnenministerium wiederum lehnte einen Alleingang Deutschlands ab und bezog sich damit auf Habecks Aussage, Deutschland müsse auch handeln, wenn andere in der EU nicht mitmachten. „Wir setzen nicht auf eine nationale Lösung, sondern wir setzen auf eine europäische Lösung“, sagte Innenstaatssekretär Helmut Teichmann am Montag im ARD-„Morgenmagazin“.

Einen ähnlichen Tenor hatte die Reaktion der Bundesregierung: „Wir suchen für die Zukunft nach einer europäischen Lösung“, erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. „Deutschland kann das nicht im Alleingang.“

Deutlich mehr Zuspruch erhielt Habeck aus den Reihen der SPD. „Zumindest die alleingebliebenen Kinder und Jugendlichen aus den katastrophalen Zuständen in den Flüchtlingslagern zu befreien, wäre jedenfalls eher mit der Weihnachtsgeschichte vereinbar als der Kommerz“, schrieb der SPD-Politiker Stegner in seinem Beitrag auf Twitter.

mka/gs

Quelle!:

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