Donnerstag, Mai 2, 2024
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Warum sich niemand zum Anschlag in St. Petersburg bekennt

Drei Tage nach dem blutigen Anschlag auf einen U-Bahn-Zug in St. Petersburg hat sich noch keine Terrorgruppierung zu der Tat bekannt. Russische Experten bieten Erklärungen dafür an und erläutern, was die Ermittlungen verkompliziert.

Wie die Tageszeitung „Iswestija“ am Donnerstag berichtet, finden in St. Petersburg derzeit Anti-Terror-Razzien statt: „Wer auf diese oder jene Weise mit dem Anschlag (oder überhaupt mit terroristischen Organisationen) zu tun haben kann, rückt ins Visier der Geheimdienste. Sieben Terroristen-Rekrutierer wurden bereits festgenommen – der Inlandgeheimdienst FSB und das Ermittlungskomitee Russlands teilten allerdings sofort mit, dass diese Personen in keiner direkten Verbindung mit dem Selbstmordattentäter Akbarschon Dschalilow gestanden hatten. Die meisten Fragen wirft jedoch die Tatsache auf, dass Terror-Organisationen schweigen, obwohl sie sich üblicherweise sofort zum jeweiligen Anschlag bekennen.“

Nach Ansicht eines namentlich nicht genannten Geheimdienstlers, den die Zeitung zitiert, könnte man vermuten, dass die Drahtzieher jetzt weitere Anschläge planen: Hätten sie sich zum jüngsten U-Bahn-Anschlag bekannt, so hätten sich die Ermittler auf eine konkrete Terrorgruppe konzentriert und dadurch die Chancen auf neue Attacken praktisch auf null reduziert. Jetzt seien die Ermittler dagegen gezwungen, alle dubiosen Gruppierungen unter die Lupe zu nehmen – selbst diejenigen, die mit dem Terrorismus nicht direkt zu tun haben, hieß es.Der russische Religionsexperte Roman Silantjew sagte dem Blatt: „Üblicherweise bekennen sich Kämpfer zu Anschlägen, doch gegenüber Russland geschieht das nicht immer. Dies hängt mit der wesentlichen Autonomie russischer Terror-Organisationen zusammen. Gut beschlagene Anführer gestalten alles so, dass Terroristen ihre Arbeit zugunsten des IS („Islamischer Staat“, auch Daesh) selbst erledigen, ohne ihr einen Eid zu leisten. Das erhöht die Qualität der Konspiration.“

Laut Silantjew steckt eben der IS „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ hinter dem Anschlag in St. Petersburg, denn „die aggressivsten und kampffähigsten Terroristen“ haben sich in letzter Zeit dieser Terrormiliz angeschlossen.

Experte Wassili Pawlow, einst Oberstleutnant der russischen Streitkräfte, betonte: „Wir alle sollten uns im Klaren sein: Der Gegner bereitet sich ständig und systematisch auf einen Terrorangriff gegen unser Land vor (…) Terroristen in Russland und in Nachbarländern werden offensichtlich aktiver und werben intensiv Neulinge an. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass der Gegner es ernst meint. Der Kampf gegen den Terrorismus gestaltet sich eben deswegen schwierig, weil es nicht möglich ist, genau zu klären, wie viele Schläferzellen es im Land gibt.“

Die Zeitung kommentiert: „Kämpfer werden sowohl on- als auch offline angeworben. Webseiten versorgen Kämpfer mit Anleitungen zur Untergrundarbeit. Die Art und Weise, wie der Terror organisiert wird, hat derzeit im Allgemeinen das Modell des Netzwerk-Marketings übernommen. Das Erweiterungskonzept des IS basiert auf der Gründung eines Netzwerks unabhängiger Zellen – jede davon beschäftigt sich neben der Vorbereitung von Terroristen auch mit Werbung und Propaganda für das Kalifat. Die IS-Newcomer leiten die Ideologie selbständig weiter – vor allem aufgrund ihrer persönlichen Beziehungen und direkten Kontakte mit potenziellen Anhängern. Dabei hat jeder Adept seine Pflichten – jemand liefert dem Kalifat seine Kenntnisse, jemand anderer wird Selbstmordattentäter.“„Der Netzwerk-Terror greift zu anderen Konspirations-Mustern im Vergleich zu den Methoden des 20. Jahrhunderts. Terroristen leben wie gewöhnliche Menschen: Sie arbeiten, zahlen Steuern und bereiten sich parallel darauf vor, einen Befehl aus einer ferngelegenen Zentrale zu erfüllen. Sie brauchen keine konspirativen Wohnungen, keine Versammlungen und geheimen Druckereien“, heißt es im Zeitungskommentar.

Beitragsbild: © REUTERS/ Anton Vaganov

Quelle: Sputnik Deutschland

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