Samstag, April 27, 2024
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Wenn Schikane als humanitärer Schutz verkauft wird

Fotograf: Uschi Jonas

Man könnte fast meinen, der Europäischen Union spiele es perfekt in die Hände, dass immer wieder Flüchtlingsboote auf dem Weg nach Lampedusa oder zu anderen Küstenabschnitten im Süden des Kontinents verunglücken. Vergangen Woche sind 400 Bootsflüchtlinge vor der Küste Libyens tödlich verunglückt und seit einigen Tagen spielen sich neue Dramen im Mittelmeer ab. Auf diese Weise lässt sich eine Politik der Abschreckung doch wunderbar als humanitäre

Rettungsmaßnahme anpreisen.

Der neueste Plan der EU, um die Flüchtlingsproblematik aus der Union fernzuhalten, sieht vor, Nationen wie Tunesien oder Ägypten damit zu beauftragen, Boote mit Flüchtlingen

abzufangen und in ihre Häfen zurückzuführen. Menschenleben rette man damit, so die EU. Schulterklopfer! Aber was passiert dann? Die nordafrikanischen Staaten werden dafür bezahlt, sich um die Sache zu kümmern. Das wird wohl implizieren, dass sie in die dortigen Flüchtlingslager verfrachtet werden. Rechtssicherheit oder Menschenrechtsschutz durch europäisches Recht? Fehlanzeige. Die Flüchtlinge bleiben den nordafrikanischen Staaten ausgeliefert. Da die ja nur so von politischer und rechtlicher Stabilität strotzen und nicht schon aus allen Nähten platzen, winkt den traumatisierten, ausgebeuteten Flüchtlingen sicherlich eine rosige Zukunft. Wir prangern Krieg, Leid und Terror in anderen Ländern an, währenddessen wir gleichzeitig den Opfern Hilfe und Rettung verweigern. Herzlichen Glückwunsch Friedensnobelpreisträgerin EU.Prinzipiell ist es ja lobenswert, dass es die EU geschafft hat, eine gemeinsame Migrations- und Flüchtlingspolitik zu entwickeln. Dennoch ziehen die Mitgliedsstaaten häufig nicht an einem gemeinsamen Strang und tragen Hahnenkämpfe zu Lasten des Wohls von Menschen aus Drittstaaten aus. Oftmals fehlt zudem der Weitblick, an die langfristigen Konsequenzen mancher Entscheidungen zu denken, die am Ende vielleicht mehr Schaden als Nutzen bringen. So weist das System große Lücken auf. Nach dem Dublin-II-Abkommen dürfen Flüchtige nur in dem europäischen Land Asyl beantragen, dessen Boden sie als erstes berühren. Zwar gibt es auch Flüchtige die über den Luftweg in die Binnenländer gelangen, dennoch ist die Verteilung auf die Küstennationen unregelmäßig hoch und diese Länder können den Flüchtlingszustrom nicht alleine stemmen. Es gilt eine angemessene Verteilungsquote durchzusetzen, die Wirtschaftskraft, Bevölkerungsanzahl und ähnliche Faktoren berücksichtigt. Über den Nutzen einer solchen Quote berät die Europäische Kommission dieser Tage.

Solche Maßnahmen sind dringend notwendig. Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg gab es so viele Flüchtlinge auf der Welt. Derzeit nimmt Deutschland zwar die meisten Flüchtlinge auf – 2014 wurden 202 800 Asylanträge gestellt – doch relativ auf die Einwohnerzahl gesehen, belegen wir lediglich den achten Platz in der EU, Vorreiter sind Schweden, Ungarn und Österreich. Außerdem, gestellter Antrag bedeutet noch lange nicht, dass er bewilligt wird. Laut Pro Asyl sind das maximal 25 Prozent.

Infografik Katapult

Ein Ende des Flüchtlingsstroms ist derweil keinesfalls in Sicht. Die bewaffneten Konflikte und Missstände in vielen Ländern Afrikas und im Nahen Osten verschärfen sich. Und was macht die EU? Sie verkauft Abschreckung, Überwachung und Verantwortungsauslagerung in Drittstaaten als Hilfsstrategie. Und ein Land wie Deutschland schafft es dabei nicht einmal in ausreichendem Maße adäquate Unterbringungen für die eintreffenden Asylsuchenden zu schaffen. Stattdessen müssen viele in Fabrikhallen ohne ordentliche sanitäre Anlagen quartieren – das Engagement einzelner Dorfgemeinschaften ausgeblendet. Versuche, die Asylsuchenden bereits in den Herkunftsländern oder auf ihrem Weg ins „europäische Paradies“ über ihre Rechte und legalen Möglichkeiten auf Asyl aufzuklären, scheitern bisher an Umsetzungskonsequenz, gesetzlichen Bestimmungen und gut ausgebildetem Personal.

Doch die Probleme liegen nicht nur auf der politischen Ebene, sondern auch in den Köpfen der Bürger. Immer weniger Europäer zeigen sich einverstanden, dass ihr Land Flüchtlinge aufnimmt. Umfragen der Europäischen Kommission aus dem vergangenen Jahr haben gezeigt, dass gerade einmal die Hälfte der EU-Bürger der Einwanderung anderer Europäer in ihr Land positiv gegenüber steht. Handelt es sich um außereuropäische Migranten geben im EU-Durchschnitt gar nur 35 Prozent der Befragten an, dies positiv zu sehen. In Deutschland sind es nur mickrige 29 Prozent. Was passiert in unserem Land?Die Deutschen sind Reiseweltmeister, wollen die Welt sehen, im Ausland arbeiten oder studieren, und legen dann solch eine Engstirnigkeit und Ablehnung gegenüber Menschen an den Tag, die per Definition der Genfer Konvention aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, Staatsangehörigkeit, politischen Einstellung oder Zugehörigkeit zu einer religiösen oder sonstigen gesellschaftlichen Gruppierung in ihrem Land physische oder psychische Gewaltanwendung und grundlegende Menschenrechtsverletzung erleiden und vor all diesem von ihrem Land nicht geschützt werden oder geschützt werden können. Was würden wir tun, herrschte in unserem Land Bürgerkrieg und hätten keine Chance dem zu entkommen, weil uns niemand in sein Land aufnimmt? Zudem beklagen wir seit Jahren einen ansteigenden Arbeitskräftemangel. Ohne Unterstützung aus dem Ausland, wäre dies längst nicht mehr zu stemmen.Und überhaupt, weshalb wurde Deutschland wohl zum Wohlstands- und Wohlfahrtsstaat? Richtig, weil uns zahllose Gastarbeiter beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg geholfen haben. Es geht bei der Flüchtlingsfrage also nicht nur um menschliches Mitgefühl und Solidarität, sondern auch um ein Geben und Nehmen. Aber die Realität sieht anders aus. Flüchtlingsheime werden abgebrannt und die breite Masse schaut schweigend zu. Die EU muss dringend und wirksam handeln, und jeder Einzelne von uns sollte sein Verhalten überdenken!

https://youtu.be/YQi1PZ1fnnw

Verteiler: Neopresse

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