Dienstag, Mai 7, 2024
StartPolitikDemütigungWestliche Demokratie nur noch für Besserverdiener? – Warnung aus Österreich

Westliche Demokratie nur noch für Besserverdiener? – Warnung aus Österreich

Die liberale Demokratie westlichen Musters wird zunehmend in Frage gestellt. Das steht im Zusammenhang mit der sozialen Entwicklung in den westlichen Ländern. Das zeigt unter anderem eine aktuelle Diskussion in Österreich, über die die „Wiener Zeitung“ am Mittwoch berichtet hat. Ähnliche Diskussionen gibt es auch in der Bundesrepublik.

Die wachsende soziale Ungleichheit in westlichen Staaten gefährdet die Demokratie. Davor wurde laut einem Bericht der „Wiener Zeitung“ (WZ) am Dienstag in der österreichischen Hauptstadt gewarnt. Bei einer Diskussionsrunde, zu der die Zeitung eingeladen hatte, hieß es unter anderem: „Wir werden immer mehr zu einer Demokratie der Besserverdiener.“ Das sagte dem Blatt zufolge die frühere Chefin der ehemaligen Partei Liberales Forum, Heide Schmidt.

Die Ex-Politikerin erklärte das damit,  dass sich sozial schwächere Bevölkerungsgruppen ungleich wahrgenommen fühlten. In der Folge würden sie die Möglichkeiten des demokratischen Wahlrechts nicht mehr nutzen. Laut der Zeitung hat eine Umfrage in Österreich ergeben, dass 15 Prozent der Bürger die Demokratie in Österreich als „tot“ ansehen. „Ein Viertel der Österreicher kann sich eine autoritäre Führung vorstellen.“

Dem Bericht nach diskutierte Schmidt mit dem Salzburger Politikwissenschaftler Reinhard Heinisch über die Frage „Demokratie. Das Ende der Geschichte?“ Aus Sicht des Politologen gibt es „vier Bedrohungen der Demokratie“: den klassischen Gegensatz von Diktatur und Demokratie, den „Parteienstaat“ in den 1970er/80er Jahren, die „Post-Demokratie“, dominiert vom Politik-Marketing, sowie als „Gefahr für die liberale, repräsentative Demokratie“ inzwischen die „populistische Demokratie“. Die heutige Politik habe eine Legitimitätsproblem, weil immer weniger Menschen sich vertreten fühlten, so Heinisch laut WZ.

Direkte Demokratie kein Allheilmittel

Die Ex-Liberale Schmidt sprach sich dem Bericht zu Folge dagegen aus, Politik und Regierung den Experten zu überlassen. Dagegen müssten die Bürger Bereitschaft zum Mitmachen und Mitdenken zeigen. Sie beklagte dem Zeitungsbericht nach als einen aktuellen Trend der Politik: „Es ist viel leichter, zu schauen, was an Stimmung am Markt ist.“

Es reiche nicht aus, die Formen direkter Demokratie auszubauen, um die Bürger stärker einzubinden, gibt die Zeitung die Meinung der beiden wieder. Politologe Heinisch habe betont: „Die direkte Demokratie verstärkt soziale Ungleichheiten.“ Sie bedeute Vorteile für Leute mit mehr Ressourcen, auch materiellen.

Laut WZ sprachen sich Schmidt und Heinisch für ein Ausländerwahlrecht aus, um alle Bevölkerungsgruppen besser in demokratische Entscheidungen einzubinden. In Österreich leben den Angaben nach mehr als 1,1 Millionen Menschen, etwa Türken, ohne österreichischen Pass, die nicht wahlberechtigt sind.

Soziale Ungleichheit als Gefahr

Die Debatte um die Folgen der sozialen Ungleichheit für die Demokratie wird auch in der Bundesrepublik geführt. So belegten bereits die Untersuchungen zum 5. Reichtums- und Armuts-Bericht der Bundesregierung 2017, dass sich die Politik überwiegend an den Interessen vermögender Menschen ausrichtet. Allerdings fehlten dann in der öffentlichen Endfassung des Berichts die Hinweise auf den Zusammenhang von sozialer Lage und dem Zustand der Demokratie. Danach nehmen sozial Benachteiligte immer weniger ihre formalen demokratischen Rechte wahr.

Das politische System in allen etablierten Demokratien von den USA über Europa bis hin nach Japan sei „gekippt“ – und mit ihm die Stimmung der Menschen, stellte der Publizist Wolfgang Koschnick 2018 fest.  Aus seiner Sicht ist aus der „Herrschaft des Volkes“ ein elitäres Herrschaftssystem geworden. Die Demokratie nach westlichem Muster ist dem Untergang geweiht, ist sich der Journalist und ehemalige Unternehmensberater sicher. Sie wieder zu beleben, werde nicht gelingen, sagte er 2018 im Sputnik-Interview.

Das wird durch Analysen bestätigt, wie die „Wiener Zeitung“ 2018 in ihrer Onlineausgabe berichtete. Aus den Daten des aktuellen World Values Survey geht laut dem Blatt hervor, dass in den vergangenen zehn Jahren der Ruf nach starken Führern, „die keine Rücksicht auf Wahlen oder das Parlament zu nehmen brauchen“, weltweit lauter geworden ist.

Die beiden Politikwissenschaftler Christopher Achen von der Princeton-Universität und Larry M. Bartels von der Vanderbilt Universität appellieren der WZ zufolge in ihrem Buch „Democracy for Realists“, etwas gegen die ökonomische und soziale Ungleichheit in der Gesellschaft zu unternehmen, um die Demokratie wieder zu beleben.

tg

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