Freitag, April 26, 2024
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Kern: „Integration vor Zuwanderung“

Heute Abend stellt sich Kanzler Christian Kern (SPÖ) Susanne Schnabls Fragen in den Sommergesprächen auf ORF2. Schon am Samstag lud er Chefredakteure zu einem Hintergrundgespräch ins Kanzleramt – eines der neuen Informationsformate, die das Pressefoyer nach dem Ministerrat ablösen, das Kern vorige Woche trotz Protesten der Medien abgeschafft hat.

Bei Avocadomousse und Schwammerlrisotto zog der Kanzler Bilanz über die ersten 100 Tage (größte Erfolge: Bildungsmilliarde, Start-ups). Das Gespräch wurde nur einmal kurz unterbrochen, als Kerns Handy läutete: „Servus Jean-Claude, ich bin gerade in einer Besprechung“, versprach er dem EU-Kommissionspräsidenten einen raschen Rückruf und umriss sein Arbeitsprogramm für Herbst:

  • Wirtschaft. Die Konjunktur soll durch weitere Investitionsanreize für Unternehmen befeuert werden.
  • Steuererleichterung. Die kalte Progression soll durch Steuererleichterungen aufgefangen werden. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hatte im großen Sonntagsinterview mit ÖSTERREICH angekündigt, die automatische Steuererhöhung bei Gehaltszuwächsen noch heuer abschaffen zu wollen: Steuergrenzen sollen mit der Inflationsrate steigen.
  • Asylkrise. Die Flüchtlingsproblematik will Kern nicht auf die Diskussion über die Notverordnung reduzieren. Wichtig sei: Integration vor Zuwanderung. Dazu gehören noch mehr österreichisches Engagement beim Schutz der EU-Außengrenze und Beteiligung am Wiederaufbau Nordafrikas. Kern: „Das wird Geld kosten, und das muss man den Österreichern erklären.“

Der Kanzler fordert eine ­einheitliche Sozialhilfe

Bei der Mindestsicherung (Sozialhilfe) kündigte Kern, wie schon im ÖSTERREICH-­Interview in der Vorwoche, einen Kompromiss an: „Jene, die in der Früh aufstehen und arbeiten gehen, dürfen gegenüber den Beziehern der Mindestsicherung nicht die Dummen sein.“

Eckpunkte: einheitliche Sozialhilfe bundesweit, Ergänzung der Finanzhilfe durch Sachleistungen, rigidere Kontrollen. Wichtig: Die Änderungen müssten für alle gelten, also nicht nur für Ausländer. Alles andere würde nach EU-Recht nicht halten. Das gelte auch für die oberösterreichische Regelung, die Asylwerber schlechterstellt.

Kern: „Damit sind wir im Herbst mit Arbeit eingedeckt.“ Der Kanzler sieht eine „intakte Chance“, dass die Regierung bis Herbst 2018 weiterarbeiten wird. Mit dem „willigen“ Teil der ÖVP sei die Zusammenarbeit gut: „Was wir mit Mitterlehner ausmachen, hält.“ Sollte das künftige Gegenüber Sebastian Kurz sein, würde er das akzeptieren, aber: „Ich halte diese Debatte im Moment für beendet.“

Die SPÖ-Mitgliederbefragung über den CETA-Vertrag – das Handelsabkommen zwischen EU und Kanada – habe er deshalb angeregt, weil er eine breite Diskussion wolle. Aus seiner ablehnenden Haltung macht Kern keinen Hehl. Bei einer entsprechenden Beteiligung werde das Ergebnis der Befragung bindend sein.

Werner Schima

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