Samstag, April 27, 2024
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Medien feiern Außenministerin Baerbock – Experte redet Klartext: „Das Grundproblem ist…“

Kaum ist Grünen-Chefin Annalena Baerbock Außenministerin der neuen Ampel-Regierung geworden, brechen viele Medien in Jubel aus. Doch viele Menschen sehen diese Wahl kritisch. Der Außenpolitik-Experte Dr. Siegfried Fischer bringt diese Unzufriedenheit auf den Punkt.„Baerbock wird unser Bild in der Welt verändern“, sagte die neue Leiterin der DGAP, Cathryn Clüver-Ashbrook, neulich im „Tagesspiegel“ voraus. Clüver-Ashbrook sieht nach eigenen Angaben in der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright (1997-2001) ein Vorbild für eine Außenpolitikerin. Auch Baerbock, so Clüver-Ashbrook, werde mit ihrer Persönlichkeit nach außen ein sehr modernes Deutschland repräsentieren. Dann feierte noch „Die Zeit“ die erste weibliche Außenministerin in Deutschland, die etwas „Historisches leisten“ könnte weil sie für eine „feministische“ Außenpolitik stehe. Interessanterweise findet eine klare Mehrheit der „Tagesspiegel“-Leser von 77 Prozent in einer Umfrage, dass Baerbock „eher nicht“ oder „auf keinen Fall“ Außenministerin werden sollte.Warum so eine Diskrepanz? „Ja, Baerbock will aller Welt zeigen, wie Deutschland außenpolitik tickt“, kommentiert der Außenpolitik-Experte am „Welttrends“-Institut in Potsdam, Dr. Siegfried Fischer, gegenüber SNA.

„Ob sie sich irgendwann in einer Reihe mit Madeleine Albright, Hillary Clinton, Margaret Thatcher oder Angela Merkel finden wird, sei dahingestellt. Ehrgeizig genug, um sich zumindest dort zu sehen, ist sie ja.“

„Eine weitere traurige Lachnummer“

Fischer ist den SNA-Leserinnen und Lesern schon für seine harte Kritik an „durchschnittlichen“ Politikern der Großen Koalition bekannt, die „kaum noch gebildete Weltbürger, sondern transatlantisch indoktrinierte Kleingeister“ seien, die „nicht auf Augenhöhe mit den globalen politischen Playern handeln können“. Gesagt wurde das mit Blick auf die damalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die erst Verteidigungsministerin werden sollte. Heute steht der Grünen-Chefin Baerbock eine wohl noch wichtigere Rolle bevor.

„Ich bin sehr dafür, wenn intelligente und mutige Frauen die Männerdomänen in der Politik aufmischen und Politik menschlicher gestalten“, sagt Fischer weiter aus aktuellem Anlass. „Schlechter als Heiko Maas kann es ja kaum noch werden.“ Jedoch, wenn Baerbock Außenministerin werde, findet Fischer, dann wird ein weiteres Mal offenbar, dass „man in Deutschland auch ohne berufliche Qualifikation Minister oder Ministerin werden kann.“ Für Fachleute und ausgebildete Diplomaten wäre das „eine weitere traurige Lachnummer“.

Bisher aber steht in den deutschen Koalitionspapieren: Deutschlands Außenpolitik soll „wertebasiert“, „europäisch“, „multilateral“, sogar „feministisch“ sein. „Von feministischer deutscher Außenpolitik in einem Atemzug mit einer noch-Azubi zu sprechen, halte ich für falsch“, kommentiert Fischer weiter – und bringt das „Grundproblem deutscher Außenpolitik“ auf den Punkt:

„Es ist die Frage, ob die deutsche Außenpolitik die Interessen des deutschen Volkes in Europa und der Welt selbstbewusst und kooperativ vertritt oder aber letztlich ideologisch motivierte Werte wie eine Fahne gegen die ‘Bösen’ dieser Welt schwenkt oder als des Kaisers neue Kleider den staunenden Bündnispartnern präsentiert.“Zwar meint Clüver-Ashbrook im „Tagesspiegel“, dass die Ampelkoalition zurück zu einer normativen, wertegeleiteten deutschen Außenpolitik kehre und „globaler“ denke, als ihre Vorgängerin. Das beinhaltet allerdings auch den Einsatz von Kampfdrohnen, ein „mögliches stärkeres Engagement der Bundeswehr“, eine Überzeugung der skeptischen Bürgerinnen und Bürger davon. Fischer sieht das anders – „Viele Völker haben nicht vergessen, dass die heute demonstrierte moralische Überlegenheit der westlichen Werte auf Blut und Tränen eines kolossalen Raubbaus gegründet ist“, sagt er.„Political Correctness der inzwischen ‚Geläuterten‘ im Umgang mit der Geschichte, insbesondere der Kolonialgeschichte, und deren gleichzeitiger politischer Hochmut gegenüber allen nichtwestlichen Staaten – das ist der bekannte und oft kritisierte Doppelstandard transatlantischer Barden und Claqueure.“ Das wird aus Fischers Sicht auch Baerbock zu hören bekommen.

„Ob sie Ohren hat, um zu hören, und Augen, um zu sehen, und Mut, um vom grünen moralingetränkten Thron in die Mühen der realpolitischen Ebenen zu steigen, wird man sehen.“

„Vor Ampelpolitikern steht die Frage…“

Im Grunde genommen bleibt Fischer bei seiner älteren Einschätzung: „Der Führungswechsel in Deutschland zeigt der Welt noch etwas. Es ist nicht neu, wurde aber von der sechzehnjährigen Kanzlerschaft Angela Merkels verdeckt. Die Deutschen haben kaum noch Führungspersönlichkeiten und auch, wenn sie mehr davon hätten, würden sie diese mit unnachahmlicher deutscher Bequemlichkeit in den freiheitlich-föderalistischen Alltagsmühlen zum Wahnsinn oder zum Aufgeben treiben.“Während rund um Deutschland in den Eliten politisches Selbstbewusstsein gewachsen und zuweilen auch überbordet sei, findet der Experte, hätten sich deutsche Eliten mit „transatlantischen Burgern“ gemästet und den „russophoben und antichinesischen US-Ketchup“ gleich mit aufgeschleckt.„Während die derangierte CDU nun Machtentzugserscheinungen hat, steht vor den Ampelpolitikern die Frage, ob sie aus Angst vor transatlantischen Entzugserscheinungen den proklamierten neuen Anfang gar nicht erst wagen wollen“, sagt Fischer zum Schluss.

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