Montag, April 29, 2024
StartPolitikEuropa„Wie ist Putin zu stoppen?“: Harte Töne gegen Russland bei „Anne Will“

„Wie ist Putin zu stoppen?“: Harte Töne gegen Russland bei „Anne Will“

Der „Anne Will“-Talk am Sonntag im Ersten war erwartungsgemäß der Ukraine-Krise gewidmet. Während die deutschen Teilnehmer die von Olaf Scholz verkündeten Maßnahmen begrüßten, fand die ukrainische Expertin diese nicht ausreichend und verspätet. Eines steht fest: Mit „Russen-Kitsch“ bei den Talks ist nun Schluss.Corona, das Hauptthema der deutschen TV-Talks seit zwei Jahren, ist „out“. Jetzt ist die Ukraine-Krise „in“. So ist nun Außenpolitiker Norbert Röttgen anstelle von Virus-Guru Karl Lauterbach als Talkshow-Stammgast stets dabei. Der CDU-Außenpolitiker war sowohl am Sonntagabend als auch eine Woche zuvor beim „Anne Will“-Talk präsent. Bemerkenswert dabei ist, dass er innerhalb einer Woche seinen Standpunkt radikal geändert hat.So hatte sich Röttgen vor einer Woche entschieden gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Letzten Sonntag plädierte er genauso vehement dafür. Seinen Sinneswandel erklärte er damit, dass Berlin noch bis vor kurzem „besondere Gesprächsmöglichkeiten gegenüber dem Kreml gehabt“ hätte. Es gäbe nun „keine Gespräche mehr“, insofern sei es richtig, dass „Deutschland Waffen liefert“.

Tonangebend für die Talk-Runde zum Leitthema „Wie ist Putin zu stoppen?“ war der Russland-Experte Karl Schlögel, der als Erster zu Wort kam. Der betagte Professor sprach äußerst emotional und resolut, wobei seine Kritik nicht zuletzt gerade den bisherigen Talkshows zum Thema Russland galt.

„Es gibt einen unglaublichen Russen-Kitsch“

„Es ist die Zeit vorbei, wo man uns Märchen erzählen konnte, und in vielen Talkshows sind Märchen erzählt worden“, empörte sich der Experte. Als „Märchenerzähler“ brandmarkte er die Linken-Politiker Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi, die sich als „Russland-Versteher“ profiliert haben, in Wirklichkeit aber von Russland und auch der Ukraine „keine Ahnung haben“.

„Es gibt einen unglaublichen Putin-Kitsch und Russen-Kitsch, und ich bin froh, dass endlich dieser Nebel weg ist und wir über die Dinge sprechen können. Auch darüber, dass wir eine Bundeswehr haben, die in Wahrheit offensichtlich gar nicht handlungsfähig ist“, erklärte Schlögel.Als ein weiterer „Russland-Kenner“ war von der Redaktion Lettlands Präsident Egils Levits gedacht, der aus Riga zugeschaltet werden sollte. Da blamierte sich aber der Sender äußerst peinlich: Die Schalte wollte nicht klappen, der ranghohe europäische Politiker war im Studio zwar gut zu sehen, aber gar nicht zu hören. Es gelang erst im dritten Anlauf gegen Ende der Sendung. So bekam Levits doch die Gelegenheit, Deutschlands Kehrtwende in der Außen- und Sicherheitspolitik zu loben. „Ich bewundere, wie schnell Deutschland sich an die Wirklichkeit angepasst hat“, erklärte er. Was sein angebliches „Russland-Kennen“ anbelangt, so bestand es darin, dass dieses Land „noch in den Kategorien des 19. Jahrhunderts“ denke und immer noch „sein Imperium wiederherstellen“ wolle.

Die von der EU beschlossenen harten Russland-Sanktionen, vor allem das Einfrieren des Guthabens der russischen Zentralbank, lobte er ausdrücklich für ihre Härte: „Das ist die Sprache, die Russland versteht.“

„Wir werden nicht Krieg führen“

Die aus der Ukraine stammende Expertin des Instituts für Europäische Politik, Ljudmyla Melnyk, war allerdings von den neuen Sanktionen weniger erbaut. Diese seien zwar ein „starkes Signal“, auf das aktuelle Geschehen würden sie sich aber kaum auswirken.

„Was werden wir machen, wenn morgen die Ukraine von allen Seiten mit Raketen beschossen wird?“, fragte sie. „Werden wir zuschauen?“Ihr Vorschlag wäre, die Nato könnte eine Flugverbotszone über der Ukraine einrichten. Röttgen gefiel aber diese Idee gar nicht. „Wir haben immer erklärt, wir werden nicht Krieg führen“, betonte er.Aber wer weiß? Vielleicht wird der Außenpolitiker seine Meinung dazu einmal ändern – genauso wie er seinen Standpunkt zu den Waffenlieferungen im Schnellverfahren geändert hat.

Die Journalistin Kristina Dunz sieht es jedenfalls so, dass Wladimir Putin die Bundesrepublik nach den beschlossenen Waffenlieferungen sehr wohl als Kriegsgegner betrachten dürfte. In diesem Zusammenhang erinnerte sie an die Warnung des Präsidenten: „Die Staaten, die sich uns in den Weg stellen, werden etwas erleben, was sie in ihrer Geschichte noch nicht erlebt haben.“ Im Hinblick auf den jüngsten Befehl Putins, Russlands Atomwaffen in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen, würden Deutschlands Aussichten insofern nicht unbedingt heiter erscheinen. „Wir sind schon jetzt jemand, der sich ihm in den Weg stellt“, meinte sie.Auch Dunz übte sich in der Rolle einer „Putin-Versteherin“ und meinte, in der entstandenen Situation würde er sich nicht mit „nichts“ wieder zurückziehen, sondern müsse unbedingt irgendeinen Erfolg aufweisen. Deshalb müsse man nicht die Wirkung der Sanktionen abwarten, sondern bereits jetzt etwas anbieten, „wie man jetzt etwas befrieden kann“. Eine eventuelle Option wäre vielleicht nach ihrer Meinung Chinas Teilnahme an Friedensverhandlungen.Diese kühne Idee wurde allerdings von niemandem in der Talkrunde aufgegriffen.

Quelle!:

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »