Donnerstag, April 25, 2024
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Annäherung an AfD und Linke: Darum tritt AKK zurück

Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer hat ihre Konsequenzen aus dem Thüringen-Debakel gezogen. Am Montag erklärte sie offiziell ihren baldigen Rückzug von der Parteispitze und ihren Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur – ebenso bekräftigte sie ihre Haltung zu AfD und Linke. Die Reaktionen der übrigen Parteien fielen sehr unterschiedlich aus.

Von Anfang an saß Annegret Kramp-Karrenbauer seit ihrer Wahl an die Parteispitze Ende vergangenen Jahres nicht fest im Sattel. Immer wieder wurde der Saarländerin auch aus den eigenen Reihen Führungsschwäche vorgeworfen. Die politischen Machtspiele in Thüringen haben AKK nun endgültig zu Fall gebracht. Offensichtlich konnte sie die verschiedenen Strömungen in ihrer Partei nicht mehr zusammenhalten, Anweisungen aus dem Berliner Konrad-Adenauer-Haus wurden im Rest der Republik zuletzt von einigen CDU-Politikern nur widerwillig oder gar nicht mehr befolgt.

Ein Befreiungsschlag?

Am Montagnachmittag erklärte Kramp-Karrenbauer vor versammelter Presse, warum genau sie sich jetzt für den Schritt entschieden habe. Bei der Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft habe die CDU die geübte Praxis aufgegeben. Die Frage der Kanzlerkandidatur sei trotz zwei Parteitagen nicht zur Ruhe gekommen. Das schwäche die CDU in einer Phase, in der Deutschland auf eine starke CDU angewiesen sei:

„Mit der Intention, diese CDU zu stärken, habe ich dem Präsidium meine folgende Entscheidung angekündigt: Ich werde mich nicht um eine Kanzlerkandidatur bewerben.“

Auf einem Parteitag Ende des Jahres soll dann alles Weitere geklärt werden, um aus einer „guten Position“ in das Wahljahr 2021 zu starten. Für sie sei klar, dass sie mit dem Verzicht auf die Kandidatur diesen Prozess viel freier angehen könne. Zum Thema Thüringenwahl bekräftigte Kramp-Karrenbauer erneut ihre Haltung:

„Keine Annäherung und Zusammenarbeit mit AfD und Linken. Jede Annäherung an die AfD schwächt die CDU. Geschichte und Programmatik der Partei die Linke sind mit den Kernpunkten der CDU Deutschlands unvereinbar.“

Bis zum Dezember und bis ein Unions-Kanzlerkandidat gefunden sei, wolle AKK Parteichefin bleiben. Den Posten der Verteidigungsministerin will Kramp-Karrenbauer vorerst auf Wunsch der Kanzlerin ebenfalls fortführen.

Hinter den Kulissen…

Der angekündigte Rücktritt heißt konkret: Kramp-Karrenbauer gelang es nicht mehr, ihre Partei geschlossen hinter sich zu vereinen. Immer wieder hatte sich die Parteichefin dafür ausgesprochen, ihre Partei lehne strikt eine Zusammenarbeit mit AfD oder Linke ab. Zumindest in Thüringen war das vielen Landespolitikern aber egal. In mehreren Bundesländern wird schon lange hinter den Kulissen der CDU über eine engere Abstimmung mit der Alternative für Deutschland diskutiert. Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringischen Ministerpräsidenten mit den Stimmen von CDU und AfD war hier nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Entsprechend unterschiedlich waren die Reaktionen der übrigen Bundesparteien auf den Rückzug Kramp-Karrenbauers. AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland begrüßte die Entscheidung. Er sehe nun Chancen für eine Annäherung der beiden Parteien:

„Es ist völlig unsinnig und realitätsfern, auf Dauer nicht mit der AfD zusammen arbeiten zu wollen.“

Gauland fügte hinzu, Kramp-Karrenbauer habe „die CDU mit ihrem Ausgrenzungskurs ins Chaos gestürzt. Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat den Rückzug AKKs als „richtige Entscheidung“ bezeichnet. Maaßen ist Mitglied der Werteunion, einer Gruppe rechtskonservativer CDU-Mitglieder. Für die Regelung der Nachfolge schlägt der Verein eine Mitgliederbefragung vor.

Bedauern aus Bayern…

CSU-Chef Markus Söder hat den Verzicht von AKK auf die Unions-Kanzlerkandidatur und den CDU-Vorsitz bedauert. Er habe großen Respekt für die Entscheidung von AKK, auch wenn es ihm leid tue. Er fügte hinzu:

„Aber es ist jetzt notwendig, die inhaltliche und personelle Aufstellung der CDU grundsätzlich zu klären.“

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn hat Kramp-Karrenbauer Respekt für ihren Rückzug gezollt. Die Trennung von Parteiführung und Kanzleramt sei eine schwierige Situation gewesen. Es sei Kramp-Karrenbauers Verdienst, CDU und CSU wieder zusammengeführt zu haben, so Spahn. Friedrich Merz, der zusammen mit Spahn gegen AKK um den Parteivorsitz kandidiert hatte, reagierte am Montag zurückhaltend. Sein Sprecher erklärte, in der aktuellen Situation sei „kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden“. Merz gilt weiterhin als möglicher CDU-Kanzlerkandidat.

Seitens einiger ehemaliger CDU-Größen hagelt es dagegen Kritik. Ex-Bundesverteidigungsminister Volker Rühe erhob dabei Vorwürfe gegen Kanzlerin Merkel. Der „Bild“ sagte er:

„Respekt für die Entscheidung. Wir dürfen aber nicht vergessen, wer Annegret Kramp-Karrenbauer in das Amt der Parteichefin gebracht hat, sie dafür vorschlagen hat.“

Auch der ehemalige CDU-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Willy Wimmer, erklärte gegenüber Sputnik, Angela Merkel habe den Hauptanteil an der Misere der CDU. Angefangen habe dies laut Wimmer mit der Grenzöffnung 2015. Er schlägt eine „Insolvenzverwaltung“ für Parteivorsitz und Kanzlerschaft vor, bis eine passende Nachfolge gefunden sei. Wimmer präferiert als Nachfolger und Kanzlerkandidat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Rechtsruck der Union?

In den Reihen des GroKo-Partners SPD befürchtet man nach AKKs Rückzug einen Rechtsruck der Union. Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil gibt sich besorgt hinsichtlich der Stabilität der Bundesregierung. Sozialdemokraten und Union seien in besonderem Maß gefordert, dem Land „Stabilität und Perspektiven“ zu geben:

„Das grundlegende Problem bei der CDU liegt derzeit darin, dass es dort Kräfte gibt, die eine eindeutige Abgrenzung zur AfD nicht wollen“,

kritisierte der Ministerpräsident. Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat angesichts des angekündigten Rückzugs von Kramp-Karrenbauer von einer „dramatischen Situation“ für das Land gesprochen. Baerbock sagte, dadurch sei nichts gelöst, es gebe nun die Gefahr, dass ein noch größeres Machtvakuum entstehe. Die Union müsse klären, wie sie unter diesen Bedingungen eine stabile Regierung tragen könne. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch forderte sogleich das Ende der Großen Koalition aus Union und SPD. Die GroKo sei am Ende, das Land könne sich keine anderthalbjährige Hängepartie leisten.

Eine Zeit des Übergangs…

Annegret Kramp-Karrenbauer wird das Amt der Parteivorsitzenden so lange führen, bis ein Kanzlerkandidat der Union gefunden ist. Sie selbst wolle ab Sommer 2020 einen Prozess in Gang setzen, an dessen Ende ein gemeinsamer Kandidat stehe. Allerdings gibt es auch Stimmen innerhalb der Partei, die eine dauerhafte Trennung von Parteiführung und Kanzlerschaft fordern. Denkbar wäre demnach auch eine Doppelspitze – sollte die Union bei den nächsten Bundestagswahlen 2021 die größte Fraktion stellen. Doch dann wird sich die Frage stellen: Mit wem regieren? Die SPD hatte einer weiteren GroKo-Zusammenarbeit jedenfalls schon eine Absage erteilt.

Quelle!:

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