Samstag, Mai 4, 2024
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„Opfer von Merkels Politik und Erfurter Explosion“ – Politologe Patzelt zum Rücktritt von AKK

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer verzichtet auf den Parteivorsitz. Politikwissenschaftler Professor Werner J. Patzelt sieht die scheidende CDU-Vorsitzende als Opfer „eigener Überforderung“ und der Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die CDU brauche dringend eine Richtungsdebatte, warnt Patzelt im Sputnik-Interview.

Durch die politische „Erfurter Explosion“ sei die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem Amt gefegt worden, erklärt Politologe Prof. Dr. Werner J. Patzelt. „Wenn eine Parteivorsitzende merkt, dass sie in der Öffentlichkeit noch so laut etwas vertreten kann und noch so mehrheitsstarke Beschlüsse in Parteigremien erwirken kann, dass aber andere Parteimitglieder, Landtagsabgeordnete mit einem freien Mandat, nicht auf sie hören, dann bleibt im Grunde nichts Anderes übrig, als zu sagen, ich sehe ein, dass ich keine Autorität mehr habe“, folgert Patzelt.

Opfer der Politik Merkels

Aber die CDU-Chefin sei nicht nur ein Opfer ihrer eigenen Führungsschwäche, sondern auch ein Opfer der Politik ihrer Vorgängerin, der Bundeskanzlerin und langjährigen CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel geworden, erklärt Patzelt im Sputnik-Interview. AKK sei daran gescheitert, den notwendigen richtungspolitischen Streit in der CDU einer Entscheidung näherzubringen. So legt er der CDU nahe, möglichst bald zu entscheiden, den Merkel-Kurs entweder fortzusetzen, der gekennzeichnet sei durch das „Gleichsetzen von Euro-Interessen mit deutschen Interessen, Energiewende, Hinnahme selbstermächtigter Einwanderung, Trennstrich zu allen Nicht-Linken und Nicht-Mittigen“, oder zu verändern. „Sich nicht ausdrücklich zu entscheiden, heißt nur: die Dinge treiben zu lassen. Das aber ist die schlechteste Amtsführung, die sich vorstellen lässt“, erklärt Patzelt auf seiner Internet-Seite.

Zwar hätte Kramp-Karrenbauer zunächst mit ihrer „Migrationskonferenz“ Hoffnungen geweckt, eine Kurskorrektur vollziehen zu wollen, doch diese sei „im Schatten Merkels verkümmert“. Danach habe sie sich auf ein „Himmelfahrtskommando im Verteidigungsministerium“ eingelassen. „Am Ende ist sie an den sackgassenartigen Folgen der Absicht gescheitert, gerade als schrumpfende Partei nur noch mit Grünen, SPD und FDP zusammenwirken zu wollen, niemals aber mit der Linken oder mit der AfD – und obendrein auch nicht auf solche Minderheitsregierungen der CDU auszugehen, in denen die Union ihre eigenen Positionen zumindest hätte klar markieren können“, analysiert der Forscher. Auf diese Weise habe AKK ihrer Partei jede eigenständige Machtperspektive entzogen.
„Rücktritt der CDU-Chefin notwendig und hilfreich“
Derweil verliere die CDU immer größere Stimmenanteile. Nur schwerlich sei es zu übersehen, „dass die CDU an Wählern verliert und an Wählern weiter verliert und zwar zum allergrößten Teil in Richtung AfD – nur zum kleineren Teil in Richtung der Grünen, als den liebgewonnenen Koalitionspartner der Union“, bemerkt Professor Patzelt.

Den Rücktritt der CDU-Vorsitzenden bezeichnet der Politologe als notwendigen und für die CDU vielleicht sogar hilfreichen Schritt: „Der neue Kanzlerkandidat werde gut beraten sein, anders als AKK, die ein Geschöpf von Frau Merkel war, auf den rechtszeitigen Abtritt von Frau Merkel zu drängen, damit der Kanzlerkandidat als Kanzler in den Wahlkampf ziehen kann. Ob die innerparteilichen Stärkeverhältnisse so sein werden oder nicht, bleibt abzuwarten.“
Patzelt warnt: „Wenn sich diese politische Operation nicht vor der Jahreshälfte vollzieht, dann wird man in der zweiten Jahreshälfte diesbezüglich nichts tun können. Doch so töricht wird man in Deutschland hoffentlich nicht sein, die deutsche Position genau während der deutschen Ratspräsidentschaft in der EU zu unterminieren.“

„Mit Schmuddelkindern spielt man nicht“
Auch der Ehrenvorsitzende der Alternative für Deutschland, Dr. Alexander Gauland, begrüßt die Entscheidung von Kramp-Karrenbauer. „Ihre parteiinterne Politik der Ausgrenzung gegenüber unserer demokratischen Bürgerpartei hat sie nicht durchsetzen können und das ist auch gut so. Es ist völlig unsinnig und realitätsfern, auf Dauer nicht mit der AfD zusammen arbeiten zu wollen. Ihre Parteibasis hat das längst erkannt“, teilte Gauland am Montag mit.

Doch eine Zusammenarbeit der beiden Parteien sieht Professor Patzelt mit viel Skepsis. „Es ist die Hoffnung eines Großteils der AfD, dass die CDU allmählich bereit ist, mit den Schmuddelkindern zu spielen. Übersehen wird aber seitens der AfD, dass sie selbst erst ihre Hausaufgaben erledigen muss: Politisches Vertrauen, welches die Grundlage jedweder Kooperation ist, kann nicht verlangt werden. Man muss es sich verdienen“, betont der Politikwissenschaftler. Die AfD habe selbst dazu beigetragen, dass sie sich den Ruf nicht nur einer radikalen, sondern demagogischen – „in den Augen mancher sogar klar rechtsextremistischen Partei zugezogen hat“. Solange die AfD nicht Gewähr dafür biete, dass sie tatsächlich eine Partei ist, die in den Verfassungsbogen gehöre, solange sei es für die CDU unmöglich, mit der AfD zusammenzuarbeiten, „ob es AKK im Vorsitz gibt oder nicht“.

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