Mittwoch, Mai 1, 2024
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Belästigung, sexuelle Avancen an Minderjährige, Drohbriefe – Wenn Polizisten Daten missbrauchen

Nicht nur bei Routinekontrollen im Straßenverkehr fragen Polizisten personenbezogene Informationen über die Polizeidatenbank ab. Immer mehr Fälle werden bekannt, in denen Beamte aus privaten Gründen unerlaubt Daten abgefragt und diese in einigen Fällen dazu verwendet haben, um Privatpersonen zu belästigen oder einzuschüchtern.

Wenn nach einem Konzert über das Polizei-Auskunfts-System innerhalb von nur einer Nacht 83 Mal die persönlichen Daten von Schlagerstar Helene Fischer abgefragt werden, dann kann da etwas nicht stimmen. Oder wie es der hessische Landespolizeipräsident Udo Münch kürzlich im Innenausschuss des Landtages formulierte: „Es ist wohl relativ unwahrscheinlich, dass Frau Fischer dort 83 Mal kontrolliert worden ist.“

Doch dass Polizisten ihre Befugnisse überschreiten und aus privatem Interesse und somit ungesetzlich personenbezogene Daten abfragen, trifft nicht nur Prominente. Ein Jahr nach Inkrafttreten der Datenschutzverordnung werden immer wieder Fälle von Datenmissbrauch gemeldet. Laut einem aktuellen Bericht des SWR gab es allein in Baden-Württemberg in diesem Zeitraum 260 Verfahren wegen Datenmissbrauchs. In rund jedem zehnten Fall waren es Polizisten, die unerlaubt Daten abfragten und sie in einigen Fällen etwa dazu verwendeten, um Privatpersonen zu belästigen.  Wie der SWR berichtet, wurde in einem Fall ein Polizist zur Zahlung eines Bußgeldes von 1400 Euro verurteilt,  weil er die Halterdaten des Autos sowie die Telefonnummer einer Frau abfragte, die er kürzlich kennengelernt hatte. Diese habe er dann ohne dienstlichen Grund angerufen, woraufhin die Frau Anzeige erstattete.

Auch vor Minderjährigen haben Polizisten offenbar nicht haltgemacht. In seinem Tätigkeitsbericht zieht der Landesdatenschutzbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern, Heinz Müller, Bilanz nach einem Jahr DSGVO:

„Der Landesbeauftragte hatte es dabei mit unerfreulichen Fällen zu tun. Unter anderem haben Polizeibeamte in zwei Fällen ihre Dienststellung ausgenutzt, um an die Kontaktdaten minderjähriger Mädchen zu gelangen. In beiden Fällen hat der Landesbeauftragte ein Bußgeld verhängt.”

In einem der erwähnten Fälle hatte ein Polizist aus dem Raum Schwerin einem 13-jährigen Mädchen, das als Zeugin in einem Missbrauchsfall geführt wurde, per WhatsApp „sexuelle Avancen“ gemacht, wie Datenschutzbeauftragter Müller es ausdrückte. Der Polizist wurde zur Zahlung von 1500 Euro Bußgeld verurteilt, wegen eines Formfehlers musste das Amtsgericht Schwerin den Bescheid jedoch annullieren und der Beamte kam ungeschoren davon.

Der andere Fall ereignete sich in Rostock, wo sich ein Polizist widerrechtlich die Telefonnummer einer offenbar psychisch instabilen 15-Jährigen aus der polizeilichen Datenbank besorgte und diese dann zu einem Fotoshooting einlud. Der Beamte kam mit einem Bußgeld von gerade einmal 800 Euro davon.

Auch im Zusammenhang mit Rechtsextremismus sind Fälle bekannt geworden, in denen über Polizeicomputer unerlaubt Daten abgefragt wurden. Die Frankfurter Rundschau berichtete über den Fall der Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz. Für rechtsextreme Drohschreiben seien demnach Informationen über Basay-Yildiz von einem Polizeicomputer im 1. Revier in Frankfurt abgerufen worden. Bis heute sei ungeklärt geblieben, wer dahinter gesteckt habe.

Bundesweit werden täglich zwischen 40.000 und 45.000 polizeiliche Personenabfragen vorgenommen, etwa um bei Kontrollen zu prüfen, ob ein Haftbefehl gegen die Person vorliegt. Um Missbrauch vorzubeugen, werden stichprobenartige Kontrollen der Abfragen durchgeführt. So wird bei jeder 200. Abfrage kontrolliert, mit welcher Begründung die personenbezogenen Daten angefordert wurden. Liegt keine ausreichende Begründung vor, prüfen Datenschutzbeauftragte den Fall. Laut Innenministerium sind seit Februar dieses Jahres 9000 Verdachtsfälle an die Datenschutzbeauftragten übergeben worden.

Quelle!:

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