Mittwoch, April 24, 2024
StartPolitikEUCSU-Veteran Stoiber wegen Russlandfreude vom Publikum beklatscht – Grünen-Chefin Baerbock opponiert

CSU-Veteran Stoiber wegen Russlandfreude vom Publikum beklatscht – Grünen-Chefin Baerbock opponiert

Außenminister Heiko Maas hat in einer ZDF-Sendung Russlands Präsidenten Wladimir Putin indirekt der Unwahrheit im Georgier-Fall beschuldigt, will aber in der Ukraine-Krise im Gespräch bleiben. Der CSU-Veteran Edmund Stoiber warb generell für gute Beziehungen zu Moskau und widersprach damit der Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

„Geliebter Feind – braucht Europa Putin?“ – in der Sendung der ZDF-Moderatorin Maybrit Illner waren am Donnerstagabend die Positionen des Außenministers Heiko Maas (SPD), der Vorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock, und des CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber zum Fall des ermordeten Georgiers Zelimkhan Khangoshvili und vielen anderen Russland-bezogenen Fragen zu hören.

„Es gab keine Ermittlungen, es gab auch keine Informationen, wir sind auch nicht angefragt worden, jemanden auszuliefern, uns ist auch nicht gesagt worden, was ihm vorgeworfen wird“, sagte Maas unter anderem in der Sendung zu den Behauptungen Putins, Moskau habe an Berlin Gesuche um dessen Auslieferung gerichtet, aber die deutsche Seite sei der Bitte Russlands jedoch nicht nachgekommen. Generell sei der Fall mit dem Ermordeten für Heiko Maas relativ klar. Der Generalbundesanwalt habe die Ermittlungen in diesem Fall übernommen, das sei sehr „ungewöhnlich“, denn der Generalbundesanwalt ermittele in Terrorismus-Fällen oder wenn Auftragsmorde von einem Staat ausgehen würden. 

Wie man sich gegenüber jemandem verhält, der am Verhandlungstisch provozieren will und die Unwahrheit sagt, wollte Maybrit Illner von Maas wissen und meinte damit offenbar Putin. „Sie können mir glauben, dass da, wo ich so unterwegs bin, man des Öfteren Leute trifft, bei denen man fürchten muss, dass sie auch die Unwahrheit sagen“, antwortete Maas. Aber wenn man jemanden brauche, um Frieden zu schaffen, müsse man auch in der Lage sein, trotz aller Bedenken und „trotz der Möglichkeit, dass auch dort die Unwahrheit gesagt wird“ – weiterhin Gespräche führen, denn am Schluss gehe es um die Ukraine-Krise. Maas wolle alles daransetzen, dass dieser Winter für die ukrainische Bevölkerung „der letzte Kriegswinter“ wird. 

Stoiber stiehlt Baerbock die Show

Der Khangoshvili-Fall muss laut dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU, 78) erst aufgeklärt werden. Man erinnere sich aber an Skripal 2018 in London oder die ermordete Journalistin Anna Politkowskaja 2006 in Moskau sowie an den 2015 ermordeten Politiker Boris Nemzow, es sei immer ein Hauch von Problemen, inwieweit solche Fälle staatlich unterstützt werden. 

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat kürzlich gesagt, Russland sei nicht mehr länger Feind der EU. Ob es zur Wahrheit gehört zu sagen, dass man gegenüber den Russen nicht immer fair war, wollte die Moderatorin von Stoiber wissen. Stoiber wusste auf Putins Bekenntnisse im Bundestag zum gemeinsamen europäischen Haus zu verweisen und meinte, Russland sei ja der Verlierer des Kalten Krieges. Dass der ehemalige US-Präsident Barack Obama dann Russland im Blick auf dessen Gefahr für die USA und die Nato als eine „regionale Macht“ bezeichnete, war ein „verhängnisvoller Satz“. Dass Russland trotz der deutschen Verbrechen und etwa 27 Millionen Opfer im Zweiten Weltkrieg trotzdem ein so gutes Verhältnis zu Deutschland und der deutschen Bevölkerung habe, sei jedoch „ein kostbares Gut“. Auch verwies Stoiber darauf, dass die große Gefahr laut mehreren Umfragen in Deutschland nicht Putin, sondern Trump sei. Vor den Russen hätten die Menschen in Deutschland keine Angst.

Begeistert und aufgeregt ergriff er weiter das Wort und wurde vom Publikum energisch beklatscht:

„Und jetzt will ich die Chance nutzen. Wenn Macron jetzt eine europäische Karte zieht und sagt, hier habe ich Amerika, auf der ich nicht mehr so bauen kann, dort habe ich die Auseinandersetzung mit China. Wollen wir die Russen wirklich weiterhin in die chinesische Partnerschaft treiben, oder ist es nicht ein langfristiger strategischer Partner auch für Europa, für ein starkes Europa mit einer gemeinsamen Außenpolitik? Das ist doch eine interessante Idee, eine europäische Ideen, Europa nicht nur als Markt zu begreifen, der funktioniert ja einigermaßen, aber in der Außenpolitik und in der Verteidigungspolitik sind wir weit hinter den Ansprüchen zurück, was wir eigentlich wollten, und genau in diesen Fragen muss Europa eine Mehrheitsentscheidung bekommen.“

Die Moderatorin wollte Stoiber zwar unterbrechen, konnte aber nicht. Stoiber fuhr fort: „Und so ist Macron jetzt ein Echter, der bringt einen neuen Schwung in diese Debatte hinein.“ Was die Amerikaner nun der Nord Stream 2 antun würden, zeige, wie man im Prinzip nicht mit den Partnern umgehen dürfe.

„Man haut einfach die Sanktionen hin, obwohl wir Partner sind, man redet mit uns überhaupt nicht, und was will denn Trump? Er will sein Flüssiggas verkaufen, das ist typisch amerikanische Haltung, nur seine eigenen Interessen zu vertreten“, sagte Stoiber zu den kommenden Sanktionen gegen die russisch-deutsche Gaspipeline. 

Die Grünen-Chefin Baerbock war an dem Abend diejenige, die die bestehenden Russland-Sanktionen in Schutz nahm und viel über die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als Werte Europas sprach. Europa sei auch ein großes Friedensprojekt, so die Politikerin. Die ganze Osterweiterung habe es auch deshalb gegeben, weil man den osteuropäischen Nachbarstaaten garantieren wollte, man könne gemeinsam in der EU im Frieden leben. „Gerade in Russland werden die Menschenrechte mit Füßen getreten. Und als Europa müssen wir da eine klare Sprache sprechen“, so die Grünen-Chefin. Auch Deutschland sollte daher mit Russland eine deutliche Sprache sprechen. Man habe im Khangoshvili-Fall zwar russische Diplomaten ausgewiesen, aber zugleich habe das Auswärtige Amt am selben Tag ein neues Dialogformat mit höchster russischen Ebene eingeläutet fürs nächste Jahr. „Es stellt sich die Frage, wieviel ist da Alibi-Funktion? Das sei keine klare Ansage, es kann nicht sein, dass wie hier auf einem europäischen Boden einen Verdacht haben, einen Auftragsmord nach dem Skripal-Fall“, so Baerbock.

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