Donnerstag, Mai 2, 2024
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Ein Jahr Unterrichtsausfall: Werden Schulen erst 2021 wieder komplett öffnen?

Nach mehrwöchiger Corona-Zwangspause hat in mehreren Bundesländern wieder der Schulunterricht begonnen. Von einem normalen Schulalltag kann noch keine Rede sein: Weiter bleiben viele Schüler zuhause, volle Klassenzimmer sind verboten. Geht es nach SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach, muss regulärer Unterricht mindestens ein weiteres Jahr ausfallen.

Der Deutsche Lehrerverband ist zufrieden: Nach mehrwöchiger Corona-Pause waren am Montag mehrere Hunderttausende Kinder und Jugendliche in die Schulen zurückgekehrt. In den meisten Bundesländern waren nach den Abschlussklassen nun auch die letzten Klassen der Grundschulen an der Reihe, sowie Schüler mit Abschlussprüfungen im kommenden Jahr. Die Corona-Regeln seien dabei weitgehend eingehalten worden, sagte der Präsident des Lehrerverbandes Hans-Peter Meidinger der „Passauer Neuen Presse“:

„Das hat gestern an den meisten Grundschulen sehr gut geklappt, was zeigt, dass auch Zehnjährige sehr wohl in der Lage sind, solche Regeln einzuhalten, wenn sie von der Notwendigkeit überzeugt sind.“

Dem gegenüber stehen allerdings zahlreiche Kommentar von Eltern auf Facebook und Twitter. Dort ist von Grüppchenbildung auf dem Schulhof ohne Mundschutz zu lesen, von Umarmungen, dem Teilen von Trinkflaschen, oder auch von Lehrern, die selbst nicht den Mindestabstand zu den Schülern jederzeit einhalten.

Verbreitung im Klassenzimmer

Unterstützt wird diese Sichtweise durch den SPD-Gesundheitsexperten und Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach. Er verweist auf eine aktuelle Studie der renommierten Harvard-Universität. Epidemiologen haben dort errechnet, dass in Deutschland vor allem die Gruppen der 20- bis 24-Jährigen sowie die 15- bis 19-Jährigen eine Ansteckung durch Covid-19 vorangetrieben hätten. Zwar ist der Krankheitsverlauf bei Kindern und Jugendlichen in der Regel harmlos, jedoch tragen sie das Virus überdurchschnittlich häufig an ältere, also gefährdetere, Familienmitglieder und Freunde weiter.

Lauterbach schlägt deshalb vor, dass regulärer Unterricht noch für mindestens ein Jahr ausfallen müsse. An der epidemiologischen Gegebenheit würden weder Masken noch Apps etwas ändern, so der SPD-Politiker. Die persönlichen Kontakte, aber auch die dort entstehenden Aerolsole würden weiter für eine Übertragung des Corona-Virus sorgen. Aerosole sind kleinste in der Luft schwebende Partikel, die auch an Gegenständen hängen bleiben und laut einiger Studien für eine Verbreitung von Covid-19 sorgen könnten. Lauterbach setzt sich deshalb für eine andere Strategie ein, wie er auf Twitter erklärte:

„Daher muss die Diskussion sich verschieben, weg davon, wer zuerst öffnet, hin dazu, welches Bundesland es schafft, mit Homeschooling und besonderer Unterstützung der bedürftigen Kinder das nächste Schuljahr zu organisieren.“

Noch immer gebe es nach den Aussagen Lauterbachs zahlreiche Schulen, die abwarten, ob ab Herbst wieder regulärer und normaler Unterricht stattfinden könnte. Stattdessen aber müsse die Zeit genutzt werden, modernes Unterrichtsmaterial und die dazu passende Technik vorzubereiten. Die jetzige Versorgung der Schüler sei in dieser Hinsicht „katastrophal“.

Der studierte Mediziner Lauterbach ist selbst Epidemiologe mit Doktortitel. In den sozialen Medien erntete er für seine Vorschläge aber viel Kritik. Auch einige SPD-Parteikollegen sehen darin eine drohende Bildungskatastrophe und eine enorme Herausforderung im Ausbau von IT- und Netzkapazitäten. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken unterstützt zumindest indirekt die Ansichten Lauterbachs. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte die Parteichefin, es werde eine sehr lange Phase ohne regulären Schulbetrieb geben. Dieser sei derzeit „undenkbar“. Auch im neuen Schuljahr werde es keinen „normalen“ Unterricht geben:

„Wie lange das so bleibt, hängt womöglich davon ab, wann ein Impfstoff kommt.“

Wegen des Abstandsgebotes werde auch nach den Sommerferien lediglich ein Schichtunterricht in kontrollierbaren kleinen Gruppen angeboten werden können, begleitet von digital gestützten Lernangeboten für zu Hause. Mit einem flächendeckenden Impfstoff kann dagegen kaum mehr in diesem Jahr gerechnet werden.

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