Dienstag, April 30, 2024
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Kein Frieden für Libyen – Erneut furchtbarer Anschlag

Symbolbild - Foto: Explosion / Bryan Burke / flickr / CC BY-NC-ND 2.0

Libyen kommt nicht zur Ruhe. Vor wenigen Tagen versuchten Kampfverbände des „Islamischen Staates“ den wichtigen Ölhafen „Es Sider“ einzunehmen.

Der Hafen wird von Regierungseinheiten der

„Petroleum Defense Guards“ bewacht und steht somit unter Kontrolle der offiziell anerkannten

libyschen Regierung, auch wenn es in einem Staat, dessen Strukturen völlig zerfallen sind, schwierig erscheint, überhaupt von einer legitimierten Regierung zu sprechen. Den Regierungstruppen gelang es in schweren Gefechten, die Kämpfer des IS zurückzuschlagen. Als Folge der Auseinandersetzungen musste der Ölhafen in der Vergangenheit aber immer wieder geschlossen werden.

Der „Islamische Staat“ hat Gebiete rund um die libysche Küstenstadt Sirte unter seiner Gewalt. Um weiter finanzielle Einnahmequellen zu generieren, muss die Kontrolle von Ölförderungsanlagen oder Häfen eine Hauptzielsetzung der Terrormiliz sein. Es wird geschätzt, dass sich etwa 3000 „IS-Kämpfer“ in Libyen befinden, die von Sirte aus mehr in den Westen des Landes drängen. Hierbei kämpft der IS sowohl gegen die international anerkannte, als auch gegen die Truppen der konkurrierenden Regierung.

 

Am Donnerstagmorgen kam es zu einem der blutigsten Anschläge in der jüngeren Vergangenheit Libyens. Die staatliche Nachrichtenagentur Lana gab an, dass bei einem Selbstmordattentat, auf ein Trainingscamp der Polizei in Westlibyen, mindestens 70 Menschen starben und 127 verletzt wurden. Nach den Berichten, brachte der Attentäter einen LKW, voll beladen mit Sprengstoff, genau vor der den Toren der Polizei-Akademie, im westlichen Sliten, zur Explosion. Laut Augenzeugen hielten sich zu diesem Zeitpunkt etwa 300 Menschen in dem Komplex auf, die meisten Beamte und Auszubildende der Küstenwache. Der Ort liegt etwa 170 Kilometer östlich von Tripolis.

Unter dem Druck der Vereinten Nationen, hatten die beiden rivalisierenden Hauptparteien in Libyen, im Dezember letzten Jahres ein Abkommen zur Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung unterzeichnet. Außerdem soll ein neues Parlament gewählt und eine gemeinsame Verfassung verabschiedet werden. Diese Pläne sind aber bei beiden Parteien mittlerweile so umstritten, dass ihre Umsetzung weiter als äußerst fragwürdig gilt.

Sliten wird von der Miliz „Fadschr Lybia“ kontrolliert, die Verbündeter der Parallelregierung ist. Noch bekannte sich keiner zu dem jüngsten, furchtbaren Anschlag, da der „Islamische Staat“ in der Vergangenheit aber immer wieder ähnliche Anschläge ausgeführt hat, trägt er deutlich dessen Handschrift. Nach Angaben libyscher Sicherheitskräfte gegenüber der DPA, wurde zwei Tage zuvor, an einem Küstenabschnitt der Region, ein unbekanntes Boot gesichtet, auf dem sich zahlreiche „Fremde“ befunden haben sollen. Am Mittwoch wurde daraufhin die Region nach allen Personen durchsucht, die sich illegal in dem Bereich aufhielten; ergebnislos. Da die Konflikt-und Interessengruppen, auch ausländische, in Libyen so zahlreich sind, ist demnach also nicht zwingend plausibel, dass der „Islamische Staat“ für das Attentat verantwortlich zeichnet.

Passend zu diesem völlig aus den Bahnen geratenen Konflikt sind vor wenigen Tagen Geheimdokumente und Aufzeichnungen des früheren Machthabers Muammar Gaddafi an die Öffentlichkeit gelangt. Hierbei sind besonders zwei Telefonate Gaddafis vom Februar 2011 interessant, die dieser mit dem britischen Premierminister Tony Blair führte. Gaddafis düstere, prophetische Warnung an Blair, wirkt heute betrachtet, wie aus einer anderen Zeit und fast schon überholt.

 

Beim ersten Telefonat, um 11.15 Uhr sagte Gaddafi zu Blair: „Die Dschihadisten werden das Land und das Mittelmeer kontrollieren und dann werden sie Europa angreifen!“ Gaddafi sprach von vielen fremden, stark bewaffneten Truppen, die die Bevölkerung terrorisieren würden. Es wäre unmöglich, sich ein klares Bild über die Situation zu machen. Kein ausländischer Korrespondent befinde sich noch im Land. Immer mehr Banden würden bewaffnet werden und sie schreien Mohammad ist der wahre Reichtum, genau wie Bin Laden und sie bereiten den Weg für ihn in Nordafrika. Man müsse die Geschehnisse der internationalen Gemeinschaft erklären. Die internationale Presse müsse nach Libyen kommen, um die Wahrheit zu sehen.

In dem Anruf, der etwa eine halbe Stunde andauerte, versuchte der nach Hilfe suchende Diktator, Tony Blair mitzuteilen, dass er die einzige Alternative im Kampf gegen „Al Qaida“ darstelle. Die Präsenz von „Al-Qaida“, sollte später durch den Aufstieg des „Islamischen Staates“ abgelöst werden. Gaddafi weiter:

„Wenn wir sie nicht bekämpfen, werden sie uns angreifen. Ich will Ihnen die Wahrheit sagen. Die Situation ist nicht schwierig. Die Geschichte ist einfach, denn „Al-Qaida“ hat in Nordafrika und in Libyen so viele „Schläferzellen“, ähnlich der ruhenden Zellen in den USA zu Zeiten vor dem 11.September! Sie haben es geschafft viele Menschen zu bewaffnen und viele andere Menschen können ihre Häuser nicht mehr verlassen!“

In einem zweiten Telefonat, etwa vier Stunden später sagte Gaddafi zu Blair: „Ich muss meine Leute bewaffnen und für einen Kampf bereit sein. Viele Libyer werden sterben. Das wird Auswirkungen und Schäden für ganz Europa und die Welt bedeuten. Diese bewaffneten Gruppierungen nutzen die Situation in Libyen als Rechtfertigung. Wir sollten sie bekämpfen!“

Blair verwies in dem Telefonat auf ein Ende der Gewalt und eine friedliche, einvernehmliche Lösung. Blair, der zu dem Diktator eine Art Freundschaft aufgebaut hatte, dieses belegen zahlreiche Besuche und auch persönliche Schreiben des ehemaligen Premierministers, die er stets mit „lieber Muammar“ begann, versuchte noch den Diktator zum Gang ins Exil zu überreden, auch wenn es wenige Wochen später, eine unter Nato-Kommando stehende Allianz, unter Mitwirkung Großbritanniens war, die mit ihren Bombenangriffen das Regime des Oberst Gaddafi, endgültig zu Fall brachte.

Verteiler: Neopresse

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