Montag, April 29, 2024
StartPolitikEuropa„Merkel hat Realpolitik zu betreiben“: CSU-Urgestein Stoiber zu Putin und Libyen-Konferenz Exklusiv

„Merkel hat Realpolitik zu betreiben“: CSU-Urgestein Stoiber zu Putin und Libyen-Konferenz Exklusiv

Laut Bayerns Ministerpräsident a.D. Dr. Edmund Stoiber muss Angela Merkel als demokratisch gewählte Kanzlerin für den Frieden im Nahen Osten viele Wege gehen. Der Weg zum Frieden gehe dabei nicht ohne Putin. So kommentierte der namhafte CSU-Politiker gegenüber Sputnik das kürzliche Treffen in Moskau sowie die bevorstehende Libyen-Konferenz.

Die Bundeskanzlerin stand in vielen Medien nach ihrem ersten Besuch in Moskau seit 2015 im Kreuzfeuer der Kritik. Sie habe eine „Schaukelpolitik“ zwischen Ost und West begonnen, schrieb der Publizist Gabor Steingart, „Die Zeit“ bemängelte, Berlin lasse Putin das von der US-Regierung hinterlassene „Vakuum“ ausfüllen. Dabei hat Merkel keine Zugeständnisse an Russland bezüglich der Sanktionen gemacht. Stoiber teilt die Meinung, Merkel habe gegenüber Putin irgendwie nachgegeben, „in keiner Weise“. Im Sputnik-Gespräch verweist er darauf, dass Merkel führende Politikerin Europas bleibe und in den letzten Jahren trotz des schwierigen Verhältnisses zu Russland die intensivsten Gespräche mit Putin zu unterschiedlichen Themen geführt habe. Im Ukraine-Konflikt sei das Abkommen von Minsk dabei „eine große diplomatische Leistung auch der Bundeskanzlerin“ gewesen. 

„Der Weg zum Frieden geht nicht ohne Putin“

„In Moskau hat sie die Initiative ergriffen, gemeinsam die Situation in Libyen zu verbessern und den Boden für einen Erfolg der Friedenskonferenz in Berlin zu bereiten“, sagt Stoiber.

„Und Putin ist natürlich – ob man das will oder nicht – ein Teil der Lösung. Ohne Putin und ohne Erdogan ist dieses Bürgerkriegsland nicht zu befrieden.“ 

Was der amtierende Außenminister Russlands, Sergej Lawrow, als „Pragmatismus“ bezeichnet, ist laut Stoiber „Realpolitik“, die Merkel zu betreiben hat. Natürlich gebe es tiefe Unterschiede zwischen Merkel und Putin wie etwa im Bekenntnis zum „demokratischen Wertekanon“. Auch Libyen sei zwischen General Chalifa Haftar und Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch und damit zwischen unterschiedlichen Interessen in einem Stellvertreterkrieg zerrissen. Merkel habe aber ihren Moskau-Besuch nicht nur wegen der Ukraine geplant, sondern auch mit Blick auf Libyen genutzt und als Ergebnis erzielt, dass Putin die Konferenz am Sonntag positiv begleite. „Wer sich hier als demokratisch gewählte Kanzlerin für den Frieden im Nahen Osten einsetzt, der muss viele Wege gehen. Der Weg zum Frieden geht nicht ohne Putin“, resümiert Stoiber.  

In einem Sputnik-Interview sagte der ehemalige SPD-Politiker und Berater der Bundeskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt, Albrecht Müller, mit Blick auf den Nahen Osten und vor allem auf den Iran, er sei sich „nicht ganz sicher, in wessen Interesse Merkel handelt“. Welche Interessen hätte Merkel im Libyen-Konflikt zu verfolgen? 

Stoiber ist sich sicher: Wenn in Libyen als ein EU-Nachbar diese militärische Auseinandersetzung zwischen as-Sarradsch und Haftar mit einem Waffenstillstand ende, also mit einer Lösung in Richtung Interessenausgleich und jedenfalls Frieden, dann vertrete Berlin „natürlich deutsche Interessen und europäische Interessen“, denn ansonsten würde die gesamte Nahost-Region durch die enormen sich abzeichnenden Flüchtlingsströme zu einer „außerordentlichen Herausforderung auch innenpolitischer Art in Europa“.

Wo Deutschland und Europa, Russland und China sich einig sein sollten 

Welche Rolle traut Stoiber Berlin in der Iran-Frage zu? Einige Linke-Politiker warfen der Bundesregierung „blinde Gefolgschaft“ der USA vor, als sie den US-Mord am iranischen General Qassem Soleimani kaum kritisierte, den folgenden iranischen Angriff auf die US-Basen im Irak aber schon. Das Entscheidende ist laut Stoiber in der gesamten Problematik, Iran von der Atomwaffe fernzuhalten. Berlin habe sich trotz „schwieriger Meinungsverschiedenheiten“ mit der US-Regierung und Präsident Donald Trump an das Atomabkommen gehalten. Dass es noch eine Chance habe, würden im Gegensatz zu den USA auch Russland und China glauben, so Stoiber. Er setzt, wenn auch skeptisch, auf das Schlichtungsverfahren als die letzte Möglichkeit. „

Man wird sehen, ob Deutschland und Europa, Russland und China es schaffen werden, die iranische Regierung zum Einhalten ihrer Verpflichtungen zu bringen.“ Die Position Trumps sowie Israels habe man ja zur Kenntnis genommen, so Stoiber. 

„Als hätten nicht die USA mit ihrem Ausscheiden den Atomvertrag gefährdet“, kommentierte zuvor Albrecht Müller.

An diesem Sonntag findet in Berlin die internationale Libyen-Konferenz statt. Vertreter Russlands, der Türkei, Ägyptens, der USA, der EU und der Vereinten Nationen werden daran teilnehmen. Auch die beiden Konfliktseiten, Ministerpräsident as-Sarradsch und der Oberbefehlshaber der libyschen Nationalarmee Khalifa Haftar, haben ihre Teilnahme bestätigt. Am Donnerstag bekräftigten auch Präsident Putin sowie der amtierende Außenminister Lawrow ihre Teilnahme.

* Die in diesem Artikel vorgebrachten Ansichten müssen nicht denen der Sputnik-Redaktion entsprechen.

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