Dienstag, Mai 7, 2024
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Polen gibt Russland Schuld für mangelnde deutsche Reparationszahlungen

Seit einiger Zeit pocht Polen auf Reparationszahlungen seitens Deutschlands. Die Summe soll sich auf etwa 800 Milliarden Euro belaufen. Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak hat nun Russland dafür verantwortlich gemacht, dass Polen von Deutschland angeblich nicht ausreichend entschädigt wurde.

„Diese Entschädigung hat es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben, weil Polen unter Russlands Herrschaft stand, und Russland daher diese Entscheidung getroffen hatte“, sagte Błaszczak in einem Fernseh-Interview. Polen habe bei dieser Entscheidung nicht „souverän“ gehandelt.

Als „infantil“ bewertet Wladimir Schapowalow, stellvertretender Direktor des Instituts für Geschichte und Politik der Pädagogischen Staatlichen Universität Moskau, die Vorwürfe der polnischen Regierung.

Denn Polen sei in der Nachkriegszeit ein souveräner Staat gewesen, so der Historiker. „Die Politik des polnischen Staates damit zu erklären, dass es Polen damals als Staat gar nicht gegeben hatte, ist ein Ausdruck von Infantilismus.“ Die entsprechenden Entscheidungen seien damals von polnischen Politikern getroffen worden, und Polen sollte laut Schapowalow die Verantwortung dafür übernehmen.

Zuvor hatte der polnische Präsident Andrzej Duda in einem Interview für die Bild-Zeitung versprochen, Deutschland bald eine Rechnung vorzulegen. Eine solche Entschädigung sei „eine Frage von Verantwortung und Moral“. Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz hatte zuvor beklagt, Polen sei beim Thema deutsche Reparationszahlungen benachteiligt worden. Als „minimal“ bezeichnete er den Anteil an den Entschädigungszahlungen, obwohl sein Land besonders stark unter dem Nazi-Regime gelitten habe.

Historischer Kontext

Auf der Potsdamer Konferenz 1945 wurde vereinbart, dass Polen einen Teil der Reparationszahlungen an die Sowjetunion erhalten sollte. Im Jahr 1954 beschloss die UdSSR im Einverständnis mit der Regierung der Volksrepublik Polen, die Reparationszahlungen aus der DDR vollständig zu beenden.

Zudem hatten die Regierungen der DDR und Polens im Görlitzer Vertrag 1950 vereinbart, dass keine Reparationen mehr zu zahlen seien. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag zur Einheit Deutschlands 1990 heißt es, alle Reparationsfragen seien erledigt. Bei den Gesprächen über den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 erklärten beide Regierungen die Entschädigungsfragen für abschließend geregelt.

Berlin will nichts mehr zahlen

Die polnische rechtskonservative PiS-Partei hatte das Thema Entschädigung nach der Regierungsübernahme 2015 wieder auf die Tagesordnung gestellt. Nach polnischen Berechnungen belaufen sich die von Deutschland verursachten Kriegsschäden auf etwa 800 Milliarden Euro.

Deutschland hält das Thema mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit für abgeschlossen. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass Polen keine Entschädigungen mehr zustehen. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas betonte Anfang August gegenüber einem polnischen Nachrichtenportal, das Thema sei für Deutschland juristisch abgeschlossen.

Die Bundesregierung hatte ihrerseits die Reparationsforderungen Polens schon zuvor mit Verweis auf den mehrfach bestätigten polnischen Verzicht auf Zahlungen solcher Art zurückgewiesen. Polnische Regierungsmitglieder argumentieren jedoch, die entsprechende Erklärung aus dem Jahr 1953 sei verfassungswidrig gewesen und nur auf Druck der Sowjetunion erfolgt. Außerdem habe sie nur die DDR betroffen.

ta/gs

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