Samstag, April 20, 2024
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„Wer glaubt denn, dass die Bundesrepublik wirklich verteidigt wurde?“ – Gysi in Wehrpflicht-Debatte

Die Wehrbeauftragte der Bundesrepublik Eva Högl hat die Wiedereinführung der Wehrpflicht ins Gespräch gebracht. Der außenpolitische Sprecher der „Linken“, Gregor Gysi, widerspricht ihr und moniert ein Versagen von Bundeswehrführung wie Verteidigungsministerium.

Gysi plädiert für eine gesellschaftliche Diskussion zur künftigen Rolle der Bundeswehr und ist gegen deren Milliarden-Aufrüstung.

In einem Gastbeitrag für die Zeitschrift „Super-Illu“ hat sich Gregor Gysi zur Idee, die Wehrpflicht in Deutschland wieder einzuführen, geäußert.

Gewissermaßen die erste Amtshandlung der neuen Wehrbeauftragten Eva Högl (SPD) sei es gewesen, sich für eine Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht auszusprechen, bemerkt er. Dieses Mal sollen auch Frauen dienen müssen. Högl habe „die Maßnahme“ gleichsam zu einem Bollwerk gegen den Rechtsextremismus in der Truppe erhoben, so Gysi.

Tatsächlich aber, so der „Linken“-Politiker, zögen nicht nur diejenigen zur Bundeswehr, die dort unbedingt hin wollten, sondern eher der Durchschnitt der jungen Bevölkerung, allerdings mit der Einschränkung, dass die Zivildienst-Leistenden ausfielen, also  Pazifisten dort nicht zu finden sein würden.

Die Wehrbeauftragte würde dennoch irren, heißt es weiter, weil sie die Tiefe und den Umfang des Rechtsextremismus-Problems unterschätze.

Denn „in der Bundeswehr und besonders in deren so genannter Eliteeinheit KSK ist zuerst ein Versagen der inneren Führung der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums festzustellen“, meint der außenpolitische Sprecher der Linkspartei im Bundestag.

Wer glaubt denn, dass die Bundesrepublik wirklich verteidigt wurde?

Die Pflicht zum Wehrdienst ist ein mit Zwang verbundenes Unterfangen. „Zwang darf es (…) nur dann geben, wenn er dringend notwendig ist“, so Gysi.

„Was wir brauchen, ist eine gesellschaftliche Diskussion über die Rolle der Bundeswehr in unserer Gesellschaft und ihre Einsätze überall in der Welt.“

Nach dem deutschen Grundgesetz habe die Bundeswehr einen „reinen Verteidigungsauftrag, den man angesichts dessen, dass kein Staat auf dieser Welt Deutschland angreifen will, gut mit einer zahlenmäßig reduzierten und nicht für einen Angriffskrieg ausgerüsteten Armee bewältigen kann“ – In Mali, Afghanistan, Sudan, Kosovo und anderswo habe die Bundeswehr hingegen nichts zu suchen. 

„Wer glaubt denn, dass die Bundesrepublik wirklich verteidigt wurde, als sie sich amAngriffskrieg gegen Jugoslawien und am Afghanistankrieg beteiligte? Es ist daher nichts Falsches daran, wenn man nicht in den Krieg ziehen will, im Gegenteil.“

Das Problem sei, so Gysi, dass überall in der herrschenden Politik, auch in Deutschland, viel zu sehr nur militärisch gedacht würde. Die Erfahrung lehre aber, dass Konflikte militärisch nicht gelöst, sondern meist verlängert und sogar verschärft werden. 

„Eine Politik, die zuerst auf militärische Stärke setzt statt auf politische Lösungen, Diplomatie, Verhandlungen und Interessenausgleich, untergräbt das internationale Völkerrecht und macht das Zusammenleben der Völker unfriedlicher.“ Daher sei die geplante Milliarden-Aufrüstung der Bundeswehrein genauso falscher Weg wie es die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre.

Deutsche laut Umfragen unentschieden bei Rückkehr zur Wehrpflicht

Die Rufe nach einer Rückkehr zur Wehrpflicht finden laut Umfragen in der Bevölkerung selbst keine eindeutige Zustimmung.  

Nach dem am vergangenen Freitag veröffentlichen ZDF-„Politikbarometer“ sind 50 Prozent der Befragten der Meinung, dass die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder eingeführt werden soll – 47 Prozent sind dagegen. Für eine allgemeine einjährige Dienstpflicht für junge Männer und Frauen sprachen sich demnach aber 77 Prozent aus, dagegen 22 Prozent.

Einer neueren Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „YouGov“ zufolge befürworten 48 Prozent eine Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht, wie es von der Wehrbeauftragten Högl ins Spiel gebracht worden war. Dagegen seien 38 Prozent. 52 Prozent stimmen der Aussage zu, dass mit Abschaffung der Wehrpflicht die demokratische Einbettung der Bundeswehr schwierigergeworden ist. Etwas mehr als die Hälfte der Deutschen (52 Prozent) befürwortet die Einführung eines neuen Freiwilligendienstes bei der Bundeswehr, wie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ihn unter dem Titel „Dein Jahr für Deutschland“ vorgestellt hat.

Eine „Kantar“-Umfrage hatte ergeben, dass sich 57 Prozent für die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht aussprechen und 42 Prozent dagegen sind. Ein Prozent der Befragten wollte sich nicht festlegen.  

Im Osten Deutschlands sind die Befürworter der Wehrpflicht demnach mit 69 Prozent stärker vertreten als im Westen (55 Prozent), unter Frauen (60 Prozent) stärker als unter Männern (55 Prozent). Die Zustimmung wachse dabei mit dem Lebensalter. In der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen wollen lediglich 31 Prozent die Wehrpflicht zurück, bei den über 60-Jährigen sind es 72 Prozent.

ba

Quelle!:

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